Field of Focus III Forschungsschwerpunkte

Der Research Council hat fünf thematische Schwerpunkte der geisteswissenschaftlichen Forschung an der Universität Heidelberg identifiziert, die er durch gezielt eingesetzte Maßnahmen weiterentwickelt:

  • Transformationsprozesse (Ordnung/Unordnung/Neuordnung)
  • Sprachliche Interaktion und Körperlichkeit von Kognition
  • Freundschaft und Feindschaft
  • Wissensforschung mit Fokus auf Geltungsfragen
  • Materielles und immaterielles kulturelles Erbe

Der Research Council koordiniert und unterstützt die Schwerpunktbildung mit Mitteln der Exzellenzuniversität, um bestehende interdisziplinäre Forschungsaktivitäten zu den Schwerpunkthemen zu vernetzen und zu stärken sowie strukturbildend in Forschung und Lehre sowie in den Bereichen Nachwuchsförderung, Internationalisierung und Transfer zu wirken. Themenübergreifend werden darüber hinaus die Digital Humanities, die Sammlungsforschung sowie der für den Standort Heidelberg lange schon prägende regionalwissenschaftliche Ansatz. Zu großen Teilen werden die Schwerpunkte auch gemeinsam mit den Research Councils der anderen Fields of Focus gestärkt; das gilt insbesondere für die Stärkung der Forschung mit Bezug zu den universitären Sammlungen.

 

Transformationsprozesse (Ordnung/Unordnung/Neuordnung)

Angesichts großer gesellschaftlicher Umwälzungen kommt der Erforschung von Transformationsprozessen große Relevanz zu. Ausgehend von den Forschungen am Center for Apocalyptic and Postapocalyptic Studies (CAPAS), dem Worldmaking Kolleg und dem Thematic Research Network „Umwelten – Umbrüche – Umdenken“ in Kooperation mit dem HCE, aber auch des neueingerichteten GRK „Ambivalent Enmity“ werden am FoF 3 Momente der Transformation sowie der Entstehung von Unordnung mit jeder Festlegung von Ordnung erforscht. Als ungeordnet sind dabei alle Abweichungen innerhalb der Ordnung bzw. die Ränder und das Außen der Ordnung aufzufassen. Es kann in möglichen weiteren Projekten einerseits um Abweichungen/Auflösungen bestehender Ordnungen und (kultureller) Räume sowie um Prozesse des Übergangs und der Neufindung gehen. Forschungen zu Nachhaltigkeit im Sinne neuer Ordnung des vormals Ungeordneten haben ebenfalls in diesem Schwerpunkt Relevanz. Auch in diesem Schwerpunkt kann es um Imaginarien kultureller Zukünfte gehen.

Sprachliche Interaktion und Körperlichkeit von Kognition

Mehrere Gruppen unter Beteiligung von Wissenschaftler:innen des Field of Focus 3 erforschen sprachliche Interaktionen sowie den Aspekt ihrer Körperlichkeit (TRN „Sprache – Leib – Interaktion“ und ihre kognitiven Grundlagen (MRA „Cognitive Science“). Linguistik, Psychologie, Kognitionswissenschaften arbeiten darüber hinaus mit zusammen mit Ethiker:innen, die fragen, wie sich menschliche Interaktionen verändert, wenn KI-gestützte Maschinen wie Subjekte auftreten (TRN „Digitaler Animismus“). Zwischen dem Schwerpunkt sprachliche Interaktion und dem zu Wissensforschung ist die Field of Focus-übergreifende Gruppe „Wissen im Kontext“ aufgespannt, die den sprachlichen Wissenstransfer von und zwischen Fachcommunities (insbesondere der Lebens- und Naturwissenschaften) erforscht. In dem Schwerpunkt können weitere interdisziplinäre Maßnahmen gefördert werden, bei denen es um die Körperlichkeit von Kognition, Ausdruck und Interaktion geht, insbesondere Forschungen zur Veränderung durch KI-gestützte Systeme und die damit einhergehenden ethischen, aber auch praktischen Herausforderungen können dabei Gegenstand sein.

Freundschaft und Feindschaft

Die Erforschung von freundschaftlichen und feindschaftlichen Verhältnissen, Vertrauen als ihrer Grundlage sowie ihren Ambivalenzen haben mehrere Projekte und Initiativen am Field of Focus 3 zum Gegenstand. Die Gruppen sind interdisziplinär zusammengesetzt und arbeiten in der Regel mit Wissenschaftler:innen aus den Fields of Focus 2 und 4 zusammen. Die regionalwissenschaftlichen Zentren der Universität prägen die Herangehensweise dabei besonders. Das GRK „Ambivalent Enmity“ untersucht die Dynamiken von Antagonismen in historischer Perspektive und bis zur Gegenwart. Das von der Daimler Benz Stiftung geförderte historische Projekt „Der Aggressor“ befasst sich mit Funktionsweise und Veränderung von Feindbildern. Das GRK „Authority and Trust“ untersucht die Bedingungen der Entstehung und Zerstörung von Vertrauen, die Gruppe „Enacting Trust“ mit denen der Neuentstehung zerstörten Vertrauens. Auch der 2024 bewilligte SFB „Heimat(en)“ stärkt diesen Schwerpunkt in Überschneidung zu Immaterielles und materielles kulturelles Erbe. Im Schwerpunkt können neue Maßnahmen angesiedelt werden, die die weitere Vernetzung der bestehenden Gruppen oder ihre Erweiterung ermöglichen.

Wissensforschung

Die Geisteswissenschaften an der Universität Heidelberg prägen die Wissensforschung mit einem besonderen Fokus auf historisch global-transkulturelle Dimensionen sowie auf narrative Aspekte. Gegenüber erstarkender Desinformationskampagnen/Fake Facts sind Institutionen tradierter Wissensproduktion besonders herausgefordert. Im Field of Focus 3 bündelt sich die Wissensforschung im TRN „Wissensgeltung“ (2020-2023), das den Fokus auf Geltungsressourcen und Wissensphilologien legt, dem BMBF-geförderten Pojekt „Moralisierungen in der Wissenschaftskommunikation“, das mit Methoden der Korpuslinguistik untersucht, wie wissenschaftsbezogene Diskurse moralisch aufgeladen werden sowie am TRN „Wissen im Kontext“ (2024-2026), das sich in der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Natur-/Lebenwissenschaften mit den Bedingungen von Wissenstransfer befasst. Die Forschung am GRK „Authority and Trust“ gehört dabei ebenso in den Schwerpunkt wie das an der Forschungsstelle Antiziganismus angesiedelte Projekt „Artistic Alternatives to the Antigypsy Gaze“ (2020-2022) mit Fokus auf die Analyse toxischen Wissens und medienhistorischer Aspekte. Der Forschungsschwerpunkt soll durch weitere historisch, aber auch systematisch angelegte Projekte ergänzt werden, insbesondere kann die Krise herkömmlicher Wissensproduktion durch Fake News etc. thematisiert werden.

Materielles und immaterielles kulturelles Erbe

Die Erforschung des Kulturellen Erbes ist seit Einrichtung des SFB 933 „Materiale Textkulturen“ und seiner Nachfolgeeinrichtung, dem 2012 gegründeten Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH, ein international anerkannter Forschungsschwerpunkt der Universitär Heidelberg. In Kooperation mit der Flagship Initiative „Transforming Cultural Heritage“ sowie aufbauend auf die Aktivitäten der Gruppen „Stiftungen in der Longue Durée“, „Heimat(en)“ sowie den universitären Sammlungen sollen Konzept und Diskurse des Kulturellen Erbes auch weiterhin als Forschungsprofil ausgebaut werden. Künftige Projekte sollen sich insbesondere mit dem Begriff des Kulturellen Erbes, seiner Kritik und Weiterentwicklung, aber auch mit der Bedeutung der digitalen Wende für den Erhalt kulturellen Erbes oder auch mit immateriellem Kulturerbe sowie ‚dark heritage‘ befassen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Reflexion sowie der methodischen Weiterentwicklung von Digital Heritage in Kooperation mit dem Heidelberg Center for Digital Humanities sowie auf dem Anschluss an editionstheoretische und -praktische Expertise an der Universität Heidelberg und der UB sowie der Forschungsstelle HEDIT. Prägend für den Schwerpunkt sind weiterhin die verschiedenen an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften angesiedelten Projekte von Wissenschaftler:innen der Universität Heidelberg.