ProfilIP-Policy
Wissensaustausch und Umgang mit geistigem Eigentum als Kernaufgabe der Universität Heidelberg
Ein Ziel von Forschung ist es, gewonnene Erkenntnisse aus der Wissenschaft zum Wohle aller für die gesamte Gesellschaft nutzbar zu machen. Dementsprechend zählt neben Forschung und Lehre der Austausch von Wissen zu den gesetzlich verankerten Kernaufgaben der Universität (§ 2 Abs. 4 LHG).
Unter den Begriff des Wissensaustauschs wird zum einen die Weitergabe und Erörterung von Wissen und Erkenntnissen unter Wissenschaftlern gefasst, zum anderen aber auch der Austausch und die Eröffnung von Wissen gegenüber anderen Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Mitglieder der Universität Heidelberg generieren Wissen in einem besonders breiten Spektrum verschiedenster Disziplinen. Dieses Wissen wird nachstehend als geistiges Eigentum („Intellectual Property - IP“) bezeichnet. Unter diesen Begriff fallen alle im Bereich der Universität entstandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ergebnisse – soweit rechtlich möglich auch einschließlich urheberrechtlich geschützter Werke –, Software, Erfindungen, technisches Know-how sowie die hierauf jeweils bezogenen Schutzrechte (Urheberrechte, Patente, Gebrauchsmuster).
Durch den Austausch von Wissen erfüllt die Universität ihren gesetzlichen Auftrag zur Weiterreichung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Nutzen der Allgemeinheit. Die Universität strebt in der Zusammenarbeit mit Dritten auch einen eigenen Wissenszuwachs an, da hierbei auch Wissen von außen in ihre Einrichtungen hineingetragen wird. Zugleich erschließt sie eine Möglichkeit zur Generierung von Einnahmen, die in den Wissensaustauschprozess der Universität reinvestiert werden.
Der Wissensaustausch unterliegt bestimmten Regeln, die nachstehend niedergelegt sind. Durch diese soll auch sichergestellt werden, dass die Universität das Wissen ihrer Mitglieder zu angemessenen Bedingungen entsprechend seinem Wert weitergibt und die Wahrnehmung der Universität als Ort des Erkenntnisgewinns im öffentlichen Bewusstsein gestärkt wird. Zugleich gewährleistet die Universität, dass das Wissen ihrer Mitarbeiter, auch wenn es an Dritte weitergegeben wird, für diese im Rahmen von Forschung und Lehre nutzbar bleibt. Darüber hinaus schützt sie das geistige Eigentum, indem sie insbesondere nach außen und nach innen Sorge für die Einhaltung der Regeln zur guten wissenschaftlichen Praxis trägt.
Wege und Mindeststandards des Wissensaustauschs
Die Universität unterhält zahlreiche Kooperationen mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. (z.B. Forschungs- und Lehrkooperationen, Verwertung von Erfindungen, Know-how–Transfers, Beratung, Ausgründungen, usw.). Dabei gelten ungeachtet unterschiedlicher Gestaltungsformen die nachstehend genannten Mindeststandards:
- Bei allen Kooperationen mit Dritten stehen die wechselseitigen Leistungen und Gegenleistungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander.
- Die Kalkulation der Leistungen der Universität erfolgt in der Regel nach Vollkosten unter Berücksichtigung eines Gewinnaufschlages oder nach einem Marktpreis; bei einem besonderen öffentlichen Interesse kann in Ausnahmefällen eine abweichende Regelung getroffen werden.
- Die Universität behält sich stets ein Nutzungsrecht an den Ergebnissen für Forschung und Lehre vor, um die Verwendbarkeit der gewonnenen Ergebnisse für künftige Arbeiten und Projekte sicherzustellen.
- Die Publikationsfreiheit darf fachlich und wissenschaftlich nicht beschränkt werden. Bei Publikation von Forschungsergebnissen, die gemeinsam von Wissenschaftlern mehrerer Partner erarbeitet wurden, sind die beteiligten Einrichtungen und deren Zusammenarbeit im Rahmen des betreffenden Projekts ausdrücklich zu benennen, um die Beiträge auch nach außen hin zu dokumentieren.
- Bei Erfindungen orientiert sich die Verteilung der Anteile an diesen am Umfang der Beiträge, die die Arbeitnehmer der beteiligten Kooperationspartner jeweils geleistet haben. Über ein Engagement im Einzelfall entscheidet die Universität anhand der folgenden Kriterien:
- Patentierbarkeit
- Sicherung der Forschungsfreiheit
- Marktchancen
- Gesellschaftlicher Nutzen
- Soziale Auswirkungen
- Entwicklungsstand (Idee, Proof of Concept, Prototyp)
- Engagement und Risikobereitschaft der Erfinder
- Erfindungen, Verwertungskosten und - erlöse werden gerecht verteilt. Bei Kooperationen mit Dritten orientiert sich die Verteilung neben oder ergänzend zu den gesetzlichen Bestimmungen an den Beiträgen, die von den einzelnen Partnerinstitutionen zum Entstehen der Erfindung geleistet wurden.
Bei der Zusammenarbeit mit Dritten wird die Einhaltung der vorstehend genannten Standards in entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen sichergestellt. Über den Weg, der bei der Verwertung im Einzelfall eingeschlagen wird – Lizenz, Verkauf oder Beteiligung an einer Unternehmung – entscheidet die Universität unter Einbeziehung der Erfinder und gegebenenfalls weiterer Sachverständiger. Die Universität kooperiert bei ihren Verwertungsmaßnahmen mit verschiedenen Verwertungsagenturen als Vermittler, ohne sich insgesamt auf einen Anbieter festzulegen („Best-Partner-Prinzip“).
Besondere Formen des Wissensaustauschs
1. Kooperationen
Kooperationen können in allen Stadien des Wissensaustauschs von der Erforschung der Grundlagen über die Weiterentwicklung bereits gewonnener Erkenntnisse oder Erfindungen bis hin zur Herstellung eines Prototypen erfolgen. Als Kooperationspartner kommen beispielsweise andere Forschungseinrichtungen oder auch Industrieunternehmen in Betracht. Kooperationen laufen im Wesentlichen wie folgt ab:
- Abschluss eines Kooperationsvertrages mit Industriepartnern und/oder anderen Forschungseinrichtungen – entweder im Bereich der Grundlagenforschung oder zur Weiterentwicklung aussichtsreicher Erkenntnisse oder Erfindungen bis hin zum Prototypen
- Geheimhaltungsvereinbarung / Material Transfer Agreements zur Evaluation der Erfindung durch den Industriepartner
- Gemeinsame Patentierung und Verwertung durch den Industriepartner, z.B. im Rahmen einer Lizenz. Dabei gelten obige Vertrags- und Verwertungsstandards.
2. Privilegierte Partnerschaften
Die Universität hat in der Vergangenheit eine Anzahl besonderer Zusammenarbeitsformen begründet, sogenannte „privilegierte Partnerschaften“. Hier baut die Universität gemeinsam mit ausgewählten Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft einen über die Durchführung einzelner Projekte hinausgehenden themenübergreifenden Wissensaustausch auf. Privilegierte Partnerschaften sind daher jeweils auf längere Zeit angelegt. Sie weisen folgende zusätzliche Charakteristika auf:
- Organisatorische Zusammenführung von Arbeitsgruppen durch die Bildung gemeinsamer Steuerungsgremien oder Gesellschaften im rechtlichen Sinne.
- Räumliche Zusammenführung der Arbeitsgruppen beispielsweise durch Aufbau gemeinsamer Forschungsflächen.
Privilegierte Partnerschaften mit Unternehmen aus der Wirtschaft werden im Rahmen des von der Universität entwickelten „Industry-on-Campus“-Konzepts eingerichtet, wenn sie in räumlicher Anbindung an die Universität bzw. auf dem Campus stattfinden. Diese Partnerschaften dienen in besonderer Weise der Vernetzung von Grundlagenforschung der Universität und anwendungsbezogener Forschung auf Seiten der Industriepartner. Eine Erweiterung dieses erfolgreichen Konzepts auch auf andere Partner ist geplant.
3. Ausgründungen
Als weitere Form des Wissensaustauschs sind Unternehmensgründungen zu nennen. Die Universität fördert die Gründung von Unternehmen, deren Geschäftskonzept auf wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Know-how basiert, die an der Universität entstanden sind.
Anreize – Beteiligungsmöglichkeiten
Die Universität entwickelt Konzepte, um ihre Wissenschaftler aller Fachrichtungen bei der Bearbeitung und Umsetzung aufwändiger Projekte im Rahmen des Wissensaustauschs zu entlasten. Um die hierfür benötigten zeitlichen Ressourcen zu schaffen, stellt die Universität mit einem solchen Projekt befasste Wissenschaftler für einen bestimmten Zeitraum von Verpflichtungen in der Lehre zu angemessenen Bedingungen frei (sog. „Transferzeiten“).
Durch Information und Anreize sollen alle Wissenschaftler und Studierenden der Universität Heidelberg für die Notwendigkeit und die Chancen des Wissensaustausches sensibilisiert werden. Es sollen ein Bewusstsein und eine Motivation gefördert werden, der Gesellschaft durch Innovation neue Wege für die Zukunft zu erschließen.
Die finanzielle Beteiligung von Erfindern erfolgt nach gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Regelungen. Zum einen erhält der Erfinder gemäß § 42 Abs. 4 ArbEG eine Vergütung in Höhe von 30% der durch die Verwertung erzielten Bruttoeinnahmen der Universität, soweit diese eine Verwertung durch Lizenzierung oder Verkauf durchführt.
Zudem können Wissenschaftler der Universität unter bestimmten Voraussetzungen für die Einwerbung privater Drittmittel nach den gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen Sonderzahlungen erhalten.
Die Universität stellt sich auch künftig den Herausforderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen und wird dabei weiterhin in enger Zusammenarbeit mit ihren Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft neue Formen des Wissensaustauschs entwickeln.