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LesungBuchvorstellung: Das Leid der Verschickungskinder

29. November 2022

Autorin Anja Röhl liest auf Einladung von Wissenschaftlerinnen der Universität Heidelberg aus ihrem Buch „Heimweh“

Das Schicksal sogenannter Verschickungskinder, die im Nachkriegsdeutschland vielfach in Kinderheilstätten und Erholungsheime gebracht wurden, ist Thema einer Lesung mit der Autorin Anja Röhl. Zu der Veranstaltung laden die Sozial- und Wirtschaftshistorikerin Prof. Dr. Katja Patzel-Mattern und die Medizinhistorikerin Prof. Dr. Karen Nolte von der Universität Heidelberg ein. Anja Röhl – selbst von dieser Maßnahme einer vermeintlichen Gesundheitshilfe betroffen – thematisiert in ihrem Buch „Heimweh – Verschickungskinder erzählen“ die gewaltvollen Erfahrungen Betroffener, die diese während der Verschickung gemacht haben. Die Lesung findet am 30. November 2022 im Atrium der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Pfaffengasse 18, statt und beginnt um 18 Uhr.

Plakat: Heimweh – Verschicklungskinder erzählen

Bis in die 1990er Jahre wurden nach Angaben von Anja Röhl zwischen acht und zwölf Millionen Kinder in der Bundesrepublik Deutschland in Kinderheilstätten und Erholungsheime verschickt. Dazu gehörten Kinder mit chronischen Erkrankungen wie Tuberkulose, Asthma, Diabetes oder Rheuma, aber auch solche mit Über- oder Untergewicht, Haltungsschwächen, Bronchitis oder „Mangelerscheinungen“. Über Jahrzehnte wurde nicht darüber gesprochen, was sich hinter den verschlossenen Türen der Heime abspielte. Erst in jüngerer Zeit veröffentlichte Zeitzeugenberichte schildern traumatisierende Erlebnisse wie Bestrafungen, Demütigungen und Essenszwang sowie körperliche und sexuelle Gewalt oder Medikamentenmissbrauch. Anja Röhl hat mit 23 ehemaligen Verschickungskindern gesprochen und ihre Erzählungen aufgeschrieben.

Mit „Das Elend der Verschickungskinder“ legte Anja Röhl 2021 eine erste Publikation zur Aufarbeitung eines bisher unerforschten Aspekts westdeutscher Nachkriegsgeschichte vor. Als Betroffene gründete sie bereits 2019 mit anderen ehemaligen Verschickungskindern eine gleichnamige Initiative, die über das Thema informiert sowie Recherche und Forschung durchführt. Die Arbeitsschwerpunkte von Anja Röhl – Sonderpädagogin und Publizistin – liegen in den Bereichen Frühpädagogik, institutionelle Gewalt und transgenerationale Weitergabe von NS-Erziehung. Prof. Patzel-Mattern leitet am Historischen Seminar der Universität Heidelberg den Forschungsschwerpunkt „Frühe Kindheit im 20. Jahrhundert“. Prof. Nolte ist Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Ruperto Carola.

Im Anschluss an die Lesung besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit der Autorin in Austausch zu treten.