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Auslandserfahrung „Man wächst über sich hinaus“ – Forschungspraktikum in Japan

Heidelberger Biotechnologiestudentin berichtet von ihrem Aufenthalt an der Universität Tokio

Drei Monate Forschung mitten in Tokio – im Sommer tauschte Maria Chifor den Hörsaal in Heidelberg gegen ein Labor in Japan. Die 20-Jährige, die im fünften Semester Molekulare Biotechnologie an der Universität Heidelberg studiert, absolvierte ein Forschungspraktikum im renommierten Iwama Lab der Universität Tokio und erlebte hautnah, wie internationale Spitzenforschung funktioniert. Im Interview berichtet sie, wie sie selbst den Kontakt nach Japan knüpfte, was sie im Labor und darüber hinaus gelernt hat – und warum sich ein Forschungspraktikum im Ausland in jeder Hinsicht lohnt.

Porträt Maria Chifor

Was hat Sie motiviert, Ihr Forschungspraktikum in Tokio zu absolvieren, und wie haben Sie den Kontakt dorthin hergestellt?

Seit ich mich mit Biotechnologie beschäftige, fasziniert mich die Stammzellforschung. Japan spielt in diesem Bereich eine führende Rolle, und ich wollte erleben, wie Forschung dort betrieben wird. Ich wollte außerdem bewusst etwas tun, das mich fordert und wachsen lässt – fachlich wie persönlich. Als ich dann auf ein besonders spannendes Paper des Iwama Lab in der Zeitschrift Nature gestoßen bin, habe ich den Professor direkt angeschrieben und gefragt, ob ich bei ihm ein Forschungspraktikum machen könnte. Und so hat alles begonnen.

Welche besonderen Erfahrungen bringen Sie mit zurück nach Heidelberg?

Fachlich habe ich unglaublich viel gelernt. Die Forscherinnen und Forscher am Iwama Lab beschäftigen sich mit Stammzellen, genauer gesagt mit den molekularen und epigenetischen Mechanismen, die bei der Selbsterneuerung und Differenzierung von Blutstammzellen eine Rolle spielen. Sie untersuchen, wie diese Prozesse mit Alterung und Krankheiten zusammenhängen. Von anspruchsvollen Zellkulturtechniken über genetische Knockouts bis hin zur Analyse epigenetischer Mechanismen habe ich hier viele für mich neue Methoden kennengelernt. Besonders spannend war für mich, in einem internationalen Forschungsteam zu arbeiten und unterschiedliche wissenschaftliche Arbeitsstile zu erleben. Ich habe gelernt, Dinge pragmatisch anzugehen, flexibel zu bleiben und auch in unerwarteten Situationen Lösungen zu finden.

Persönlich nehme ich vor allem Dankbarkeit und Offenheit mit. Die Zeit in Japan hat mir gezeigt, wie bereichernd es ist, sich auf eine neue Kultur, neue Menschen und neue Denkweisen einzulassen. Ich habe gelernt, mit Geduld und Respekt auf Herausforderungen zu reagieren.

Welches Erlebnis war besonders bereichernd? 

Ein Highlight war meine Teilnahme an der ISEH-Konferenz in Kumamoto, einem der weltweit wichtigsten Treffen für Stammzell- und Hämatologieforschung. Ich durfte dort teilnehmen, weil mein Professor, der im Chair Board der Konferenz sitzt, mich freundlicherweise eingeladen hat. Es war unglaublich inspirierend, führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt zu treffen und ihre neuesten Forschungsergebnisse aus erster Hand zu hören. Besonders beeindruckt hat mich die Offenheit, mit der dort Ideen geteilt und diskutiert wurden. Man spürte deutlich, wie lebendig und dynamisch die internationale Forschungscommunity ist.

Warum sollte jeder Studierende eine solche Erfahrung machen?

Weil man daran in jeder Hinsicht wächst. Ein Auslandsaufenthalt verändert die eigene Perspektive: Man sieht plötzlich, wie unterschiedlich (Forschungs-)Kulturen sein können, und lernt, eigene Wege zu finden, statt sich nur an Gewohntem zu orientieren. Gleichzeitig bietet er die einmalige Chance, ein Land wirklich kennenzulernen: durchs Reisen, durch Begegnungen und durch Freundschaften, die oft weit über den Aufenthalt hinaus bestehen bleiben. Man wird selbstständiger, mutiger, offener und wächst über sich hinaus. Am Ende lernt man dabei nicht nur etwas über Wissenschaft, sondern auch sehr viel über sich selbst.

Was würden Sie anderen Studierenden raten, die ebenfalls einen Forschungsaufenthalt im Ausland erwägen?

Mutig sein und sich trauen, Kontakte zu knüpfen, auch wenn es am Anfang einschüchternd wirkt. Die meisten Türen öffnen sich, sobald man einfach fragt. Es lohnt sich, offen und neugierig auf Menschen zuzugehen; viele Forschende reagieren sehr positiv auf ehrliches Interesse und Begeisterung. Wenn man Dinge mit Leidenschaft tut, findet sich fast alles andere von selbst.

Maria Chifor