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Field of Focus III - Geförderte ProjekteLebenswissenschaften und Literatur in der Frühneuzeit

Projektleiter:

Prof. Dr. Robert Folger

 

Der Aufbruch in die Moderne vollzog sich parallel im Bereich der Wissenschaften und der Literatur: Erst seit dem 16. Jahrhundert können beide Begriffe in dem heute gültigen Verständnis sinnvoll verwendet werden; sie sind Signaturen der Neuzeit.

Lebenswissenschaften werden hier als Dispositive verstanden, die Wissen über den Menschen erzeugen und diesen formen, indem sie die Parameter politischer und sozialer Regulierung sowie von Institutionen definieren und Identifikationsangebote bereitstellen. Wissen über den Menschen wird in der Frühneuzeit von der Naturphilosophie (die die heutigen Bereiche der Medizin, Biologie, Psychologie und auch Epistemologie umfasst) und der Theologie, aber auch von der Literatur generiert.

In allen europäischen Literaturen der Frühen Neuzeit werden wissenschaftliche Kenntnisse und Neuerung in einem erstaunlichen Maße transportiert und popularisiert. Das Verhältnis von Lebenswissenschaften und Literatur ist aber nicht einfach in Begriffen der Widerspiegelung zu fassen, wie das Beispiel der europäischen Hegemonialmacht Spanien zeigt. Spanien nimmt vermeintlich an der „wissenschaftlichen Revolution“ nicht teil, bringt aber „fortschrittliche“ Formen der Literatur und der Subjektivität hervor. In diesem Fall produziert Literatur Wissen über den Menschen, das die vorherrschenden Lebenswissenschaften ergänzen oder gar subvertieren kann. Das Beispiel Spaniens zeigt auch an, dass das Zusammenspiel von Lebenswissenschaften und Literatur in einer transdisziplinären Perspektive erforscht werden muss, um den komplexen Netzwerke der Zirkulation sowohl von wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch von literarischen Texten und Traditionen in ganz Europa gerecht zu werden.