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RAN Newsletter 01/2024„Heidelberg ist eine echte Universitätsstadt – pulsierend und lebendig“

Dr. Melda Taşkin, Rechtswissenschaftlerin am Maritime Law Department der Universität Istanbul in Istanbul/Türkei

Von 2017 bis 2023 mehrere Forschungsaufenthalte an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg

Porträt Melda Taskin

Wann, wie lange und in welcher Position waren Sie an der Universität Heidelberg?

Ich war schon mehrmals zu Forschungszwecken an der Universität Heidelberg, erstmals im Jahr 2017. Damals arbeitete ich als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Seerecht und Versicherungsrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Istanbul und hatte gerade mit meiner Doktorarbeit begonnen. Im Rahmen dieser Promotion war ich ein Jahr lang Gastwissenschaftlerin am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg. Im Sommer 2018 kehrte ich noch einmal für drei Monate an dasselbe Institut zurück, um an meiner Dissertation zu arbeiten. Nachdem ich 2019 meinen Doktortitel an der Juristischen Fakultät der Universität Istanbul erhalten hatte, begann ich mit der Arbeit an meiner Habilitation und kam in diesem Rahmen in den Sommern 2019 und 2022 als Kurzzeit-Gastwissenschaftlerin an das Institut zurück. Zwischen Mai und November 2023 habe ich schließlich in Heidelberg als Gastwissenschaftlerin meine Arbeit an meiner Habilitation abgeschlossen.

Warum haben Sie sich für die Universität Heidelberg entschieden?

Mein Arbeitsgebiet, das See- und Versicherungsrecht, ist ein international ausgerichtetes Gebiet, aber noch wichtiger ist, dass ein erheblicher Teil der Vorschriften zum See- und Versicherungsrecht in der türkischen Gesetzgebung aus dem deutschen Recht stammt. Daher ist es für uns türkische Jurist:innen von großem Wert, die Literatur zum deutschen Recht zu studieren. Es war deshalb für mein Promotions- und Habilitationsstudium von entscheidender Bedeutung, nicht nur auf deutschsprachige, sondern auch auf rechtsvergleichende Literatur zugreifen zu können. Bei meinen ersten Recherchen habe ich festgestellt, dass die Bibliotheken der Universität Heidelberg in dieser Hinsicht unglaublich umfangreich sind. Außerdem hatte ich vor meiner Entscheidung immer wieder gehört, dass die Juristische Fakultät der Universität Heidelberg zu den führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet gehört. Meine Wahl der Universität Heidelberg war also nicht zufällig.

Was gefällt Ihnen besonders gut hier, wo haben Sie Verbesserungsvorschläge?

Heidelberg ist eine echte Universitätsstadt – pulsierend und lebendig. Im Vergleich zu vielen anderen Städten in Europa ist das Leben für Studierende und für Frauen hier ziemlich einfach, erschwinglich und vor allem sicher. Ich glaube, Heidelberg ist definitiv eine makellose Stadt. Ich hoffe, sie bleibt so ruhig und sicher, wie sie ist. 

Wie ist Ihr weiterer Karriereweg nach Ihrer (ersten) Zeit in Heidelberg verlaufen?

Als ich 2017 nach Heidelberg kam, hatte ich gerade meine Doktorarbeit begonnen und war Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Seerecht an der Juristischen Fakultät der Universität Istanbul. Der Abschluss meiner Doktorarbeit war Ergebnis meiner Studien am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg. Ich kehrte an die Universität Istanbul zurück und begann als Assistant Professor in derselben Abteilung zu arbeiten. Im Oktober 2023 habe ich meine Habilitation wiederum im Rahmen meiner Studien an der Universität Heidelberg abgeschlossen und habe mich nun vor kurzem auf eine Professur beworben. Derzeit arbeite ich weiterhin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Istanbul und hoffe, dass ich bald den Titel „Associate Professor“ erhalte.

Wie beurteilen Sie das deutsche Wissenschaftssystem im Vergleich zu Ihrem Heimatland oder anderen Ländern, in denen Sie bereits geforscht haben?

Wenn ich innerhalb meines Studienfachs vergleiche, dann gibt es in Deutschland im Gegensatz zur Türkei weniger Juristische Fakultäten und folglich auch weniger Studierende, die an Juristischen Fakultäten studieren. Demgegenüber habe ich während meiner Zeit in Deutschland festgestellt, dass deutsche Akademiker:innen mehr Zeit für die wissenschaftliche Forschung haben. In meinem Fachgebiet wurden beispielsweise in Deutschland wesentlich mehr rechtswissenschaftliche Arbeiten verfasst – offenbar haben deutsche Jurist:innen fast jede Rechtsfrage in diesem Bereich unter die Lupe genommen, so dass sie dadurch aktuelle Themen genau verfolgen können, was einen enormen Wissensschatz darstellt.

Für wie wichtig halten Sie internationalen Austausch in der Wissenschaft?

Vor allem aus wissenschaftlicher Sicht ist internationaler Austausch eine absolute Notwendigkeit. Wenn ich es im Rahmen meines eigenen Fachs betrachte: Das deutsche und das türkische Recht sind eng miteinander verknüpft, weswegen mir beispielsweise die Auseinandersetzung mit der Lehre, den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Rechtsprechung im deutschen Recht und die Forschung an einer Juristischen Fakultät in Deutschland nahezu zwingend erscheinen. Unabhängig davon finde ich es andererseits auch gerade für Akademiker:innen unglaublich wichtig, andere Kulturen kennenzulernen.

Empfehlen Sie einen Forschungsaufenthalt an der Universität Heidelberg an Ihre Studierenden bzw. innerhalb Ihres wissenschaftlichen Netzwerks?

Das habe ich natürlich schon getan. Derzeit sind Studierende von mir auf meine Empfehlung hin wie ich als Forscher:innen an der Universität Heidelberg oder bilden sich dort in Master- und Promotionsprogrammen weiter.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen das Research Alumni Netzwerk bietet? Nutzen Sie diese Möglichkeiten?

Ich habe meine Doktorarbeit und meine Habilitationschrift abgeschlossen, indem ich die Ressourcen Ihrer Universität genutzt habe – auf das Forscher:innen-Alumni-Netzwerk der Universität Heidelberg bin ich erst vor kurzem aufmerksam geworden. Aber so viel kann ich bereits sagen: Schon allein dadurch, dass man als Wissenschaftler:in von den Einrichtungen und Ressourcen der Universität, an der man geforscht hat, profitiert hat, entsteht eine Verbindung – ich glaube, dass das Alumni-Netzwerk schon allein deshalb sehr wertvoll ist, weil man so diese Verbindung aufrechterhalten kann.