Kulturerbe als Menschenrecht? Was folgt aus der Rahmenkonvention von Faro?
Raimund Karl, Archäologie, University of Bangor
Claas Friedrich Germelmann, Jura, Universität Hannover
Ulf Ickerodt, Landesarchäologe, Schleswig
Moderation: Thomas Meier
Podiumsdiskussion am 19. November 2018
Die Rahmenkonvention des Europarats zur Bedeutung des kulturellen Erbes für die Gesellschaft wurde 2005 im portugiesischen Faro beschlossen. Sie ist von Deutschland bislang nicht ratifiziert worden und hierzulande auch noch wenig bekannt, obwohl sie in der internationalen Diskussion über kulturelles Erbe inzwischen deutlich Wirkung zeigt. Dabei enthält die Rahmenkonvention erheblichen Sprengstoff, denn sie greift auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zurück und verankert erstmals die Teilhabe am kulturellen Erbe als individuelles Menschenrecht. Daraus ergeben sich erhebliche Spannungen mit dem Eigentumsrecht, mit gängigen Praktiken der "In-Wert-Setzung" von kulturellem Erbe, aber auch mit der staatlichen Verfügung über Museen und Denkmäler. In dieser Podiumsdiskussion werden Innovationen und Konfliktfelder der Faro-Konvention von verschiedenen Positionen und durchaus konträr ausgeleuchtet.
Raimund Karl ist seit 2001 beruflich in Großbritannien tätig, derzeit an der Prifysgol Bangor University Professor of Archaeology and Heritage. Seine Hauptforschungsschwerpunkte liegen im Bereich der archäologischen Denkmalpflege und der Rolle von Archäologie und Denkmalschutz in der gegenwärtigen Gesellschaft im deutschen Sprachraum und in Europa. Eines seiner hauptsächlichen Forschungsinteressen ist das Spannungsfeld zwischen Grund- und Menschenrechten, wie z.B. der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung, der selbstbestimmten Teilhabe am kulturellen Leben der Gemeinschaft, und dem Denkmalschutz. Neben seiner akademischen Tätigkeit berät er in diesem Bereich auch politische Entscheidungsträger, Denkmalbehörden und Fachgesellschaften in mehreren europäischen Ländern und ist aktiv an der Gestaltung von Denkmalschutzgesetzgebung und -praxis beteiligt.
Ulf Ickerodt hat prähistorische und klassische Archäologie sowie Ethnologie in Bonn, Köln und Halle studiert. Nach seinem Studium hat er an über 50 Grabungs- und Forschungsprojekten in Deutschland und Afrika (Tansania, Burkina Faso) teilgenommen bzw. durchgeführt. Neben dieser praktischen Grabungstätigkeit hat er sich in den letzten Jahren einen Schwerpunkt im Kulturlandschafts- und Denkmalpflegemanagement erarbeitet. Nach verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen bei Grabungsfirmen, Denkmalpflegeämtern und Universitäten ist er seit 2009 im Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein beschäftigt. Seit 2011 ist er stellv. Amtsleiter und Leiter des Dezernates Südwest. Seit 2018 ist er Amtsleiter und Landesarchäologe von Schleswig-Holstein. Publizistisch beschäftigte er sich besonders mit den Themenbereichen des nationalen und internationalen Kulturlandschafts- und Denkmalpflegemanagements sowie mit der Geschichte der Archäologie in Schleswig-Holstein.