icon-symbol-logout-darkest-grey

Nachhaltigkeit»Kein Dauerthema, sondern eine Selbstverständlichkeit«

23. Februar 2024

Porträt Karin Schumacher

Interview mit Prorektorin Karin Schumacher zum neuen Schwerpunktbereich Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit steht ganz oben auf der Agenda des neuen Rektorats und soll als Querschnittsthema – neben Digitalisierung und Diversität – möglichst breit in der Universität verankert werden. Angesiedelt ist es seit Beginn des Winter­semesters in dem von Prof. Dr. Karin Schumacher geleiteten Prorektorat für Qualitätsentwicklung und Nachhaltigkeit. Im Interview gibt die Biologin unter anderem Auskunft darüber, welche Rolle dabei ein gerade entstehendes Strategiepapier spielt und welche Chancen die Volluniversität eröffnet. 

Auch wenn aktuelle Kriege und politische Konflikte derzeit unser Krisenbewusstsein bestimmen, ist unverändert der Klimaschutz und damit verbunden ein res­sourcenschonender Umgang mit unserem Planeten die globale Herausforderung unserer Zeit. In diesem Kontext gewinnt das Prinzip Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit und welche Aktivitäten sind an der Universität Heidelberg geplant? 

Bei Nachhaltigkeit beziehe ich mich auf die Definition aus dem sogenannten Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen. Da werden ganz klar drei Dimensionen benannt: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Es handelt sich bei Nachhaltigkeit also um ein sehr breites Thema, das wir in Forschung und Lehre voranbringen wollen. Gerade als Volluniversität können, ja müssen wir dabei unser ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, indem wir unsere Köpfe zusammen­stecken und interdisziplinär zusammenarbeiten. Hinzu kommt, dass die Universität auch ein großer Betrieb ist. Auch da müssen wir alles dafür tun, um noch nachhaltiger zu werden.
 

Welcher Gedanke war damit verbunden, Nachhaltigkeit in Ihrem Prorektorat anzusiedeln?

Qualitätsentwicklung machen wir in allen universitären Leistungs­bereichen. Nachhaltigkeit soll dort nun als ein weiteres Qualitätskriterium eingereiht und institutionell verankert werden. Das bedeutet, dass die damit verbundenen Prozesse und Tools beständig überprüft und evaluiert werden. Idealerweise soll Nachhaltigkeit aber kein Dauerthema werden, sondern irgendwann eine Selbstverständlichkeit sein. Dann brauchen wir langfristig dafür kein eigenes Prorektorat mehr, weil Nachhaltig­keit überall fest etabliert ist. 
 

Noch stehen wir aber ganz am Anfang des Prozesses. Wie sieht der Fahrplan aus?

Angestoßen vom Heidelberg Center for the Environment, das sich bereits seit vielen Jahren mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt, wurde ein Sustainability Think Tank auf den Weg gebracht. Er ist in diesem Prozess das Bottom-up-Element. Wir im Rektorat haben den Auftrag, diesen Prozess zu begleiten und zu schauen, wie und wo wir das top down ergänzen können. Im Think Tank wirken Menschen aus allen Bereichen der Universität mit – Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Vertreter aus der Verwaltung. Wer möchte, kann sich gerne noch in den Prozess einklinken. Der Plan ist, dass wir im Herbst eine Nachhaltigkeitsstrategie der Universität verabschieden, in der Ziele und konkrete Vorhaben festgeschrieben werden. 
 

Können Sie das noch näher ausführen?

Konkrete Nachhaltigkeits­ziele werden sicherlich die Universität als Betrieb betreffen, etwa bei der Stromerzeugung durch Photovoltaik. Auch um Einsparpotentiale geht es. Wir haben im Neuenheimer Feld zum Beispiel teilweise veraltete Geräte stehen, die große Mengen an Strom ver­brau­chen, so etwa die in der Forschung benötigten Ultratiefkühlschränke. Wenn man die in den nächsten Jahren durch energieeffizientere Varianten ersetzen könnte, wäre das bereits ein großer Schritt. Aber es geht eben auch darum, wie wir es schaffen, das Thema Nachhaltigkeit in der Lehre noch besser zu verankern. Man kann sich eigentlich fast keinen Studiengang vorstellen, bei dem das nicht machbar ist. Die Studierenden haben das Thema Nachhaltigkeit sehr stark mitgetrieben und erwarten hier zurecht entsprechende Angebote und Aktivitäten. Was den Bereich Forschung angeht, so ist sicherlich als erster Schritt eine Bestandsaufnahme notwendig, was in diesem Bereich bereits geleistet wird. Wir haben zum Beispiel eine unheimlich starke Public-Health-Forschung, eine große Expertise im Umweltrecht oder spannende Kooperationen an der Schnittstelle von Politik und Biowissenschaften. Das alles wollen wir noch stärker sichtbar machen und als Rektorat Unterstüt­zung bei der Bündelung und Vernetzung leisten. Auch über Anreize für entsprechende Projekte machen wir uns Gedanken. 


Wie sieht das Verhältnis von Pflicht und Kür aus? Welche externen Vorgaben gibt es?

Abgesehen von der Berichtspflicht im Hinblick auf die betrieblichen Dinge, also dem Erstellen eines Klimaschutzkonzepts, gibt es bislang vom Land noch keine konkreten Vorgaben. Sicherlich wird aber die Förderpolitik des Wissenschaftsministeriums in den nächsten Jahren noch stärker an Nachhaltigkeits­themen ausgerichtet werden. Die DFG als großer Fördergeber verlangt seit Kurzem, dass in jedem Projektantrag ein Bezug zur Nachhaltigkeit formuliert wird, auch wenn das noch kein entscheidendes Kriterium darstellt. Nicht zuletzt auch angesichts solcher Entwicklungen sollten wir uns in diesem Bereich also gut aufstellen.