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HAInews 2023/01Ein ganz persönlicher Blick auf das Werk von Marie Marcks

Mit dem Namen Marie Marcks verbindet man Karikaturen, die scharfsinnig und pointiert gesellschaftliche und politische Debatten der Bundesrepublik im 20. Jahrhundert widerspiegeln. Dass das Gesamtwerk der 2014 verstorbenen Künstlerin, die seit 1948 in Heidelberg lebte, viel umfangreicher und vielfältiger ist, erlebten 21 HAI-Mitglieder beim ersten HAIlight des Jahres 2023: Ulrike Marcks, Alumna und Tochter von Marie Marcks, führte am 26. Januar mit einem ganz persönlichen Blick durch eine Ausstellung zum Werk ihrer Mutter.

Die Sonderausstellung „Auf den Punkt gebracht – 100 Jahre Marie Marcks“ im 2022 eröffneten Mark Twain Center für transatlantische Beziehungen in der Heidelberger Südstadt zeigt noch bis zum 12. März einen kleinen Querschnitt durch Marie Marcks‘ künstlerisches Werk. Neben den bekannten Karikaturen mit langnasigen Figuren reicht dieses von Plakaten in Siebdruck und Linolschnitt bis zu Feder- und Tuschezeichnungen und umfasst auch eine zweibändige autobiografische Graphic Novel. Außer einer Auswahl an Drucken – die Originale der insgesamt rund 2.500 Arbeiten befinden sich im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover – geben Vitrinen mit Fotos und persönlichen Gegenständen einen Einblick in das Leben der Künstlerin, die im August 2022 100 Jahre alt geworden wäre und die mit ihren Karikaturen nicht nur eine der wichtigsten Chronist:innen eines halben Jahrhunderts deutscher Geschichte war, sondern auch eine Vorreiterin für Frauen in diesem künstlerischen Metier.

Marie Marcks

„Wir sind sehr froh, dass wir endlich wieder mit Präsenzveranstaltungen beginnen können – wir haben das sehr vermisst, vor allem unsere HAIlights“, begrüßte HAI-Leiterin Silke Rodenberg die Teilnehmer:innen. Bevor Ulrike Marcks durch die Ausstellung führte, an deren Konzipierung sie selbst mitgewirkt hat, erläuterte sie kurz die Geschichte der Räumlichkeiten im ehemaligen europäischen Hauptquartier der US-Streitkräfte und deren Verbindung zu Marie Marcks: Denn diese schuf ihre ersten Arbeiten für die US-Armee, so dass auch von ihr gestaltete Plakate aus den 1950er-Jahren für „Penthouse Serenades“, Square-Dance-Partys oder österliche „Children’s Egg Hunt“ zu sehen sind – neben großflächigen Stadt-Porträts in unterschiedlichen Stilrichtungen, Plakaten für das „Cave 54“ oder die Aktion „Studierende suchen Zimmer“ oder Ausschnitten aus Marie Marcks‘ gezeichneter Autobiographie.

„Wenn ich durch die Ausstellung führe, kann ich nicht sauber trennen zwischen dem kunsthistorischen Blick und dem Tochter-Blick“, erklärte Ulrike Marcks – und genau das machte den besonderen Reiz dieses HAIlights aus: Während Marie Marcks als Zeitzeugin verschiedene Phasen der Bundesrepublik karikierend begleitete, schilderte ihre Tochter nun, wie ihre Mutter „immer Erlebtes aus dem Familienleben zu Stoff gemacht hat“. Sie erläuterte die Ausstellungsstücke mit Anekdoten aus dem Leben ihrer Mutter, zu dem die „bürgerliche Idylle in Handschuhsheim“ ebenso gehörte wie die Sorgen einer alleinerziehenden Mutter von fünf Kindern. So erfuhren die Zuhörer:innen etwa, dass die meist schlecht wegkommenden Männer in den bekannten Karikaturen häufig aussahen wie Marie Marcks‘ geschiedener Mann oder dass die Mutter mit ihrem „ausgeprägten politischen Bewusstsein“ es schrecklich fand, dass ihre Tochter als Kunstlehrerin „Staatsdienerin war und gerne in die Schule ging“. So ermöglichte dieses HAIlight einen ganz besonderen und neuen Zugang zu den bekannten und weniger bekannten Kunstwerken der großen Heidelbergerin Marie Marcks.