GeschichteDas Universitätssiegel
1386 – heute
Im Rahmen eines im Wintersemester 2008/09 am Historischen Seminar der Universität Heidelberg angebotenen Hauptseminars zur Siegelkunde konnten neue Erkenntnisse zum Großen Siegel der Universität Heidelberg gewonnen werden, die hier in knapper Form vorgestellt werden sollen.
Unmittelbar nach Eröffnung der Universität 1386 wurde das Große Universitätssiegel in Auftrag gegeben. Es fand bis ins 18. Jh. hinein Verwendung für Besiegelungen wichtiger Dokumente der Universität. Noch heute ist im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg der silberne Siegelstempel erhalten. In Heidelberg werden drei bronzene Stempel aufbewahrt (ein zerbrochenes im Rektorat und zwei im Universitätsarchiv, von denen eines vor wenigen Jahren antiquarisch erworben wurde), deren Originalität aber angezweifelt werden kann.
Seit mehr als 40 Jahren wird zu Besiegelungszwecken ein Papierprägesiegel gebraucht, das dem mittelalterlichen Gründungssiegel nachempfunden ist. Es findet auch als Erkennungszeichen der Universität Verwendung, beispielsweise auf Briefköpfen, den universitären Webseiten und zahlreichen anderen Publikationen.
Bei einem Vergleich zwischen diesem neuen „alten“ Siegel und den erhaltenen originalen Wachsabdrucken sind im Siegelbild einige Unterschiede auszumachen, die wohl auf fehlerhafte Untersuchungen des mittelalterlichen Siegels zurückzuführen sind:
- Die beiden Schildhalter tragen beide einen Bart; es soll also kein Altersunterschied zwischen ihnen ausgedrückt werden, der die in der Literatur [1] verbreitete, aber unbegründete Annahme stützen würde, es handele sich bei den Schildhaltern um Ruprecht I. und seinen Neffe Ruprecht II.
- Die Schildhalter sind nicht geharnischt. Dieser Fehler ist wohl auf die anlässlich des 300-jährigen Universitätsjubiläums 1686 erschienene Medaille, auf der diese Darstellung zu sehen ist, zurückzuführen. [2]
- Die drei Nischen, in denen sich die Personen befinden, werden von Konsolen getragen, die mit Vierpässen verziert sind. Es handelt sich nicht um Kreuze oder verschieden große Kronen, die einen Rangunterschied ausdrücken sollen.
- Die zentrale und als der Heilige Petrus zu identifizierende Person hält in ihrer Linken ein kleines quadratisches Buch, das neben dem Schlüssel in der Rechten eines der typischen Attribute dieses Heiligen ist.
Von Gabriel Meyer
[1] Vgl. Johann Friedrich HAUTZ: Die Geschichte der Universität Heidelberg. Nach handschriftlichen Quellen nebst den wichtigsten Urkunden, 2 Bde., Mannheim 1862/1864, S. 154; Paul ZINSMAIER: Die älteren Siegel der Universität Heidelberg, in: ZGO, NF 50 (1937), S. 5.; Franz KIRCHHEIMER: Die Jubiläumsmedaillen der Universität Heidelberg 1686 und 1786, in: Wilhelm Doerr (Hrsg.): Semper Apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386–1986, Bd. 1, Berlin u. a. 1985, S. 485.
[2] Franz KIRCHHEIMER a. a. O., S. 486 f.