icon-symbol-logout-darkest-grey

Postkoloniale Restitution im digitalen Zeitalter:

Das Archivieren und Kontextualisieren einer privaten Sammlung nepalesischer Manuskripte.

Neben den üblichen konservatorischen Routinen erfordert das Archivieren privaten Sammlungsmaterials oft zusätzliche Sensibilität. Die Herkunft und Sammlungshistorie der gesammelten Objekte müssen so genau wie möglich eruiert werden, besonders in asymmetrischen Akquisebedingungen. So auch im Fall einer Manuskriptsammlung, die dem Nepal-Projekt der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gestiftet wurde.

In den 1980er und 1990er Jahren trug ein bayrischer Geschäftsmann und Philatelist mit langjährigen Verbindungen nach Nepal eine beträchtliche Kollektion historischer und literarischer Quellen aus Nepal zusammen. Sein Sohn überreichte diese Sammlung dem Institut für Indologie und Tibetologie der Universität München. Von dort wurde das Material in der Folge an die Forschungseinheit “Dokumente zur Religions- und Rechtsgeschichte der vormodernen Nepals” der Heidelberger Akademie der Wissenschaften weitergegeben – der einzigen Institution in Deutschland, die sich historischen Nepalstudien widmet. 

Die Sammlung besteht aus Palmblattrollen mit Tonsiegeln vorrangig aus der späten Malla-Periode (1500-1800 n. Chr.), nepalesischen Verträgen und königlichen Dokumenten der Shah-Zeit (1800-1950 n. Chr.), mehreren gebundenen Büchern über Palastgeschehen, Amtsreisen und Besuche, sowie Regierungskorrespondenz and Historiographisches. Es gibt handgeschriebene Manuskripte von Sanskrit-Texten über Rituale, Medizin, Elefantenzähmung und moralische Erziehung sowie Gesetzestexte in Nepali und britisch-indische Gerichtsakten. Außerdem sind verschiedene Materialien wie historische Fotos, Karten, Zeitungsausschnitte, Broschüren, Redenotizen und gedruckte Gesetzestexte zu erwähnen. Diese Dokumente ermöglichen eine einmalige Perspektive auf die zahlreichen Transformationen, die das neuzeitliche und moderne Nepal von etwa 1600-1950 durchlief. Sie bezeugen auch die wichtige Rolle transnationaler Verflechtungen und der Vielsprachigkeit für die Kulturgeschichte des Landes. 

2021 begann die Forschungseinheit, die Sammlung zu konservieren und öffentlich zugänglich zu machen. Das Material war in einfachen Kartons oder in Stoff gewickelt übergeben worden und wurde in ein säurefreies Lagersystem umgepackt. Die Heidelberger Universitätsbibliothek machte digitale Aufnahmen von Sammlungsproben. Aktuell werden in Zusammenarbeit mit nepalesischen und deutschen Expertinnen und Experten die rechtlichen und archivarischen Modalitäten der Restituierung eruiert.