Iwona Kozlowska»Heidelberg ist tief in mir verwurzelt«
Die polnische Botschaftsrätin Iwona Kozlowska hat an der Ruperto Carola ihre „Deutschlandkompetenz“ erworben
Ein Bündel blauer Luftballons mit weißen Tauben begründete Anfang der 80er Jahre Iwona Kozlowskas Sympathie zu Deutschland und später auch zu Heidelberg. Als Grundschülerin fand die heutige Botschaftsrätin der Republik Polen in Berlin in ihrer polnischen Heimatstadt Leszno im Wald die Ballons, die Schüler aus dem fernen Bremen zur Unterstützung der Solidarnosc-Bewegung auf die Reise geschickt hatten. „Das war meine erste Begegnung mit Deutschland – dieses Land hat uns damals das Gefühl gegeben, dass wir nicht allein sind“, erzählt die 39-Jährige. „Ich habe als Kind gespürt, dass beide Gesellschaften einander sehr nah sind.“ Nach diesem Erlebnis begann sie Deutsch zu lernen – der Beginn eines Weges, der sie zehn Jahre später auch an die Ruperto Carola führte.
Heidelberg war der Ort, an dem ich Germanistik studieren wollte.
Iwona Kozlowska
Die deutsche Sprache gefiel Iwona Kozlowska so gut, dass sie 1990 begann, in Wroclaw Germanistik zu studieren. Der Studienbeginn direkt nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs eröffnete ihr viele Möglichkeiten: „Ich habe die politische Transformationszeit und die Rückkehr Polens nach Europa als Studentin erlebt und habe von den Errungenschaften und den neuen Freiheiten profitiert“, erzählt sie. So kam Kozlowska im Sommer 1992 für einige Wochen nach Heidelberg, wo sie in einem Kinderferienprogramm-Projekt mitarbeitete. Im Sommersemester 1993 studierte sie in Bochum an der Partneruniversität der Uni Wroclaw – sie gehörte zu den ersten drei Germanistik-Studenten ihrer Hochschule, die das obligatorische Auslandssemester nicht nach Ostdeutschland, sondern an eine westdeutsche Universität führte. Das anschließende Studienjahr 1993/94 verbrachte sie dann als DAAD-Stipendiatin in Heidelberg.
„Heidelberg war für mich immer mit der romantischen deutschen Literatur verbunden – diese Stadt war der Ort, an dem ich Germanistik studieren wollte“, erklärt Kozlowska. „Ihre Tradition und Kultur haben die Atmosphäre widergespiegelt, die ich in den Gedichten lesen konnte.“ Es sei eine sehr arbeitsreiche Zeit gewesen, „die ich für mein Studium intensiv genutzt habe“. In Heidelberg habe sie die „Deutschlandkompetenz“ erworben, die später für ihren beruflichen Werdegang entscheidend gewesen sei, erklärt Kozlowska, die inzwischen die politische Abteilung der polnischen Botschaft leitet.
Ich habe in meiner Familie das Interesse an deutscher Sprache und Kultur initiiert, das nun meine Kinder weitertragen.
Iwona Kozlowska
Nach ihrer Rückkehr nach Polen machte Kozlowska 1995 ihr Examen, um dann nach Deutschland zurückzukehren – diesmal nach Aachen, wo sie 1996 Europastudien aufnahm, die sie 1999 mit dem Magister (M.E.S.) abschloss. Danach startete sie eine beeindruckende berufliche Karriere: Bereits im Oktober 1999 wurde Kozlowska Vizedirektorin des vom Außenministerium in Warschau getragenen Polnischen Instituts in Berlin. 2001 wechselte sie in die Kanzlei des damaligen polnischen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski in Warschau, wo sie im Büro für Auslandsbeziehungen arbeitete. Nach dem Ende von Präsident Kwasniewskis Amtszeit begann Kozlowska 2005 im polnischen Außenministerium in der Europaabteilung zu arbeiten und trat in den diplomatischen Dienst ein. Seit 2007 ist sie nun in der polnischen Botschaft tätig und lebt seither mit ihrem Lebensgefährten und zwei Kindern in Berlin.
„Ich habe in meiner Familie das Interesse an deutscher Sprache und Kultur initiiert, das nun meine Kinder weitertragen“, erklärt die 39-Jährige. Ihr achtjähriger Sohn geht auf eine deutsche Schule, auch die zweijährige Tochter besucht eine deutsche Kita. Denn Kozlowska ist es ein großes Anliegen, Deutschland und Polen einander näher zu bringen. „In Polen ist das Interesse an Deutsch als Fremdsprache in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen“, erklärt sie. „Das war die Phase, in der wir Europa kennengelernt haben – und wir haben Europa vor allem durch unseren Nachbarn Deutschland kennengelernt.“ 2011 feiern die beiden Länder ein Jubiläum: Am 17. Juni jährt sich zum 20. Mal die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags. Iwona Kozlowska bereitet gerade eine gemeinsame deutsch-polnische Regierungssitzung am 21. Juni vor.
Direkt danach geht es für Kozlowska, die dem Kuratorium zur Vorbereitung der 625-Jahrfeier der Ruperto Carola angehört, nach Heidelberg: Zur Festwoche Ende Juni will sie auf alle Fälle kommen. Bereits im vergangenen Oktober war sie zum ersten Mal seit ihrem Heidelberg-Jahr wieder für kurze Zeit in der Stadt. „Dieser Aufenthalt war nicht lang – aber er hat mir wiederum gezeigt, wie tief Heidelberg in mir verwurzelt ist. Philosophenweg, Schloss und Neckar – das sind die Bilder, die ich mitgenommen habe. Diese Atmosphäre bleibt für mich immer spürbar.“
(Erscheinungsjahr 2011)