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Referenten und Referentinnen der FachgruppenNeues Testament

Breu, Clarissa

Abwesende Anwesenheit. Autorschaft als Zeugenschaft in der Johannesoffenbarung 

„…wer etwas wegnimmt von den prophetischen Worten dieses Buches, dem wird Gott seinen Anteil am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt wegnehmen…“ (Offb 22,19). Mit dem Epilog der Johannesoffenbarung scheint der Autor in autoritativer Weise die Rezeption bzw. Weiterverwendung seines Textes steuern zu wollen. Doch wie autoritativ ist die Stimme eines Autors? Wer entscheidet, was ein Text bedeutet? 

In diesem Vortrag wird ein literaturtheoretisch fundiertes Verständnis von Autorschaft entwickelt, das es vermag, das ambivalente Changieren des Autors der Johannesoffenbarung zwischen autoritativer Anwesenheit und Abwesenheit in einem Netz aus Zeugnissen zu fassen. 

Dr. Clarissa Breu ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Dr. Susanne Luther am Neutestamentlichen Seminar der Georg-August-Universität Göttingen. Zu ihren letzten Veröffentlichungen gehören unter anderem die Aufsätze "Female Seed as a Metaphor: Queer Kinship in Revelation 12, Ancient Medical and Literary Texts and the Septuagint" und "The Exposure of Violence: A Performative Reading of Sacrifice in Genesis 22 with Judith Butler and Giorgio Agamben". Ihre Dissertation aus dem Jahr 2020 trägt den Titel "Autorenschaft in der Johannesoffenbarung. Eine postmoderne Lektüre".  

Dr. Clarissa Breu

Karrer, Martin

Die Utopie des heiligen Jerusalem in der Apk - ein Entwurf und seine hermeneutischen Dilemmata 

Die Apk entwirft die Utopie des himmlischen, heiligen Jerusalem (21,2) in großer Skepsis gegenüber dem irdischen Leben (vgl. die Dystopie in Apk 17-18). Aber ist diese Utopie ein Nicht-Ort im strengen Sinne (ein Gegen-Ort zu dieser Welt) oder ein Noch-nicht-Ort? Und wie verhält sich die Utopie zur irdischen Stadt Jerusalem? Der Kontrast (vgl. 11,8) verlangt ebenso die Diskussion wie die Anknüpfung an den Namen Jerusalem. Die exegetischen Fragen bis hin zur Interpunktion von 21,2 haben beträchtliche aktuelle Relevanz. 

Martin Karrer war Professor für Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Seine Forschungsschwerpunkte sind neben Kommentar- und Editionsprojekten die neutestamentliche Christologie sowie Fragen der Ästhetik und der Alltags-Ethik. 2024 erscheint die von ihm verantwortete Editio Critica Maior der Apokalypse. 

Prof. em. Dr. Martin Karrer

Nicklas, Tobias

Aspekte der Wahrnehmung in Apokalypsen 

"Apokalypsen" sind, wie das Wort schon sagt, "Enthüllungstexte". Als solche thematisieren sie Momente der Berührung diesseitiger und jenseitiger Welten und erheben häufig in Krisensituationen den Anspruch aufgrund dieser Berührung neue, als letztgültig verstandene Perspektiven auf diese Welt und ihre Fragen zu bieten. Damit stoßen sie "Bildungsprozesse" an, wollen ihr Publikum dazu animieren, sich selbst, ihre Situation und die Welt, in der sie leben, in neuem Licht zu betrachten. Dies wiederum geschieht mit Hilfe verschiedener Techniken und mit unterschiedlichen Zielen. Der Vortrag wird dies anhand von Beispielen aus der Johannesapokalypse, aber auch mindestens einer anderen apokryphen Apokalypse des antiken Christentums zu illustrieren. 

Prof. Dr. Tobias Nicklas ist Inhaber des Lehrstuhls für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Universität Regensburg. Er ist Sprecher der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Jenseits des Kanons“. In mehr als 200 Publikationen beschäftigt er sich mit christlichen Apokryphen, dem jüdisch-christlichen Dialog, apokalyptischer Literatur und der Evangelienforschung.  

Prof. Dr. Tobias Nicklas

Stuckenbruck, Loren

Zukunft und Vergangenheitshorizonte der frühjüdischen Apokalyptik und Ansätze neutestamentlicher Theologie 

Das Besondere der frühchristlichen Apokalyptik wird oft an einem Punkt von einer antik-jüdischen Apokalyptik unterschieden: Letztere sei wesentlich zukunftsorientiert, sodass Gottes Heil der gegenwärtigen Weltordnung fernbleibt, während z.B. die Evangelien (wenn nicht bereits ein "historischer Jesus") und Paulus, von christlogischer Überzeugung geprägt, die Nähe bzw. anbrechende Gegenwärtigkeit Gottes hervorheben. Diese allgemeinere Haltung darf aufgrund einer näheren Betrachtung mancher frühjüdischen Schriften nachdrücklich infrage gestellt werden. Davon ausgehend wird der theologischen Ertrag einer ausgeglicheneren Herangehensweise zur Apokalyptik angedeutet.  

Loren Stuckenbruck ist Professor für Neues Testament an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sein Forschungsschwerpunkt ist das antike Judentum. Er ist Autor der Monographie „The Myth of Rebellious Angels. Studies in Second Temple Judaismand in the New Testament sowie des Artikels „The Dead Sea Scrolls. Insight into Traditioning Processes and the Growth of Gospel Traditions“ in Dead Sea Discoveries.

Prof. Dr. Loren Stuckenbruck

Wassen, Cecilia

Halakhah in the Kingdom of God: Jesus's Apocalyptic Teaching in Context 

Jesus was an apocalyptic prophet who expected a coming kingdom of God that would inaugurate a new era. Jesus was also engaged in legal discussions concerning issues such as Sabbath observance and purity regulation. Yes, apocalyptic speculations and halakhah rarely appear together in Jewish documents from the Second Temple Period. The sectarian texts from the Dead Sea Scrolls make up an important exception since they dwell on both topics. In light of the Scrolls, I will examine how Jesus’s halakhic teaching relates to his overall apocalyptic message. 

Cecilia Wassen ist Professorin für Biblische Exegese (Neues Testament) an der Universität Uppsala. Ihre Forschungsgebiete sind die Rollen vom Toten Meer und das Neue Testament mit Fokus auf Apokalyptik, Ernährung, Genderdiskurse und Reinheitsgesetze. 2021 veröffentlichte sie mit Tobias Hägerland die Monographie „Jesus, the Apocalyptic Prophet“. Zudem ist sie eine der Herausgeberinnen der Ancient Literature for New Testament Studies.  

Prof. Dr. Cecilia Wassen