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Esther Danzeisen und Klaus LayerMit starken Nerven und Besonnenheit

Esther Danzeisen und Klaus Layer vom Physikalischen Institut teilen die Begeisterung fürs Imkern

Danzeisen und Layer Landscape

Langsam, ganz langsam – das ist das A und O im Umgang mit Bienen. Gerade dann, wenn das Summen nervtötend laut wird, der innere Alarm zu schrillen beginnt und der Körper auf Flucht umstellt. Klaus Layer ist sich dessen nur allzu bewusst. Ein Stich könnte für den Hobbyimker tödlich enden. Denn: Er reagiert allergisch auf Bienengift. Auch Esther Danzeisen weiß, dass die Arbeit mit den fleißigen Tierchen starke Nerven erfordert. Sie hat ihren Vater schon als kleines Kind zu den Bienenstöcken begleitet. Inzwischen besitzt sie nicht nur ihre eigenen Völker, sondern leistet in Afrika wichtige Aufklärungsarbeit im Umgang mit Bienen. Beide, Esther Danzeisen und Klaus Layer, arbeiten als technische Angestellte am Physikalischen Institut der Universität Heidelberg.

Die Hände durch stichfeste Handschuhe geschützt zieht Klaus Layer behutsam einen der Wabenrähmchen aus der Beute – so nennen Imker die Kästen, in denen ihre Bienen wohnen. Sein Oberkörper ist in einen speziellen Overall gehüllt, den Kopf bedecken Imkerhut und Schleier. »Hier, diese kleinen Zellen in der Mitte, das sind die Brutstätten von Arbeiterinnenbienen. Und das da sind Drohnenwaben. Die erkennt man an dem größeren Durchmesser.« Klaus Layer zeigt auf die linke Ecke der Zarge. Um ihn herum summt es monoton. »Hier unten, diese einzelne, deutlich hervorgewölbte Zelle, das ist eine Weiselzelle: die Zelle einer Königin.« Der Elektrotechniker ist ein wandelndes Lexikon in Sachen Imkerei.

Seit zehn Jahren hält er Honigbienen auf seinen zwei Gartengrundstücken in Handschuhsheim und züchtet eigene Königinnen. Er weiß alles über optimale Haltungsbedingungen, den Einfluss von Witterung und Sonnenstand, die Gefährdung durch Pestizide und Schädlinge – und die erstaunlichen Kommunikationsmethoden der kleinen Honigsammler, etwa den Bienentanz, mit dem sie sich über den Standort von Futterquellen informieren. Um die Struktur der Waben besser zeigen zu können, streift Klaus Layer die Bienen vorsichtig von der Zarge. Die geschäftigen Tierchen lassen das erstaunlich gelassen über sich ergehen. Zufall ist diese Gelassenheit allerdings nicht: »Ich züchte extra sanftmütige Bienen«, erklärt der Heidelberger. »Zum einen, weil ich noch nie gerne gestochen worden bin – vor allem aber, weil ich in den letzten Jahren eine Allergie entwickelt habe.« Seit vier Jahren bekommt er alle sechs Wochen zur Hyposensibilisierung eine kleine Dosis Bienengift gespritzt. Garantie, dass eine allergische Reaktion im Falle eines Stiches ausbleibt, ist das aber nicht. Die Adrenalinspritze befindet sich immer in Reichweite, denn schlimmstenfalls drohen Herzstillstand, Lungen- oder Kreislaufversagen. Die Bienenstöcke abschaffen? Nein, das kommt für den 56-Jährigen nicht infrage.

Bei der eigentlichen Arbeit mit den Bienen werde ich fast nie gestochen. Das passiert viel eher, wenn ich barfuß durchs Gras laufe oder bei der Obsternte.

Klaus Layer

Mehr Sorgen als um sich selbst scheint sich der Hobbyimker, der im hiesigen Imkerverein auch den Nachwuchs ausbildet, ohnehin um seine Bienen zu machen. Ihre größten Feinde: giftige Pflanzenschutzmittel und die Varroamilbe, ein braunroter millimetergroßer Parasit aus Asien, der die Tiere schwächt sowie Bakterien und Viren in die Stöcke einschleppt – der Garaus für viele Völker. Aber nicht nur Pestizide und die Varroamilbe stellen eine Gefahr dar, auch unerfahrene Imker können großen Schaden anrichten. Das musste Esther Danzeisen im vergangenen Jahr erfahren: Ihre Nachbarn in Eberbach hatten, ohne sich das nötige Wissen anzueignen, einen Bienenstock aufgestellt, der prompt von Faulbrut befallen wurde – eine tückische Krankheit, durch die sich die Körperstruktur der Bienenlarven auflöst und die zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen gehört. Da die Nachbarn den Befall nicht erkannten und versäumten, ihn zu melden, konnte sich die Krankheit auf Danzeisens Völker ausbreiten. »Ich musste alle meine Bienen vernichten. Das tat richtig weh.«

Der 23-Jährigen wurde die Leidenschaft für die Imkerei bereits in die Wiege gelegt. Schon ihr Urgroßvater hielt Bienen. Das enorme Wissen, das sich Esther Danzeisen im Laufe der Jahre angeeignet hat, gibt sie gerne weiter. Seit vielen Jahren setzt sie sich jedes zweite Jahr in den Sommerferien dafür ein, Imkern in Tansania den Umgang mit der dort sehr viel aggressiveren Spezies zu zeigen. Damit verhindert sie den unnötigen Tod zehntausender Tiere, denn gewöhnlich verbrennen viele Afrikaner die Bienen, um an deren Honig zu gelangen. Zu groß ist die Angst vor den wütenden Brummern, die ihre Stöcke verteidigen. Außerdem zeigt die gelernte Feinmechanikerin den Tansaniern, wie sie sich günstig eigene Beuten bauen und alte Blechdosen oder Bananenblätter als Smoker nutzen können. Die Geräte erzeugen Rauch, der die Bienen ruhigstellt und damit die Arbeit am Bienenvolk erleichtert. Im Handschuhsheimer Garten von Klaus Layer sind alle Beuten inzwischen wieder verschlossen. Die Bienen gehen fleißig ihrer Arbeit nach.

Viel Honig konnten sie bislang allerdings nicht sammeln, erzählt Layer. »Der Regen und die kühlen Temperaturen haben die Ernte des Frühjahrshonigs verdorben.« Nun hoffen Esther Danzeisen und er auf eine reiche Waldtracht oder Kastanienblüte. An ihre Rekordernte vor zwei Jahren werden die diesjährigen Erträge aber wohl nicht heranreichen. Damals gewann die Eberbacherin 1.000 Kilo Honig aus ihren Waben. Plötzlich wird sie aufmerksam und hält sich schützend einen Arm vor die Augen. »Da ist eine Wächterinnenbiene, die es auf mich abgesehen hat. Das höre ich an dem hohen aggressiven Summen.« Jetzt nicht in Hektik verfallen. Langsam und vorsichtig ziehen sich die beiden Imker zurück. Schrittchen für Schrittchen, mit bedachten ruhigen Bewegungen. Gestochen wird eben auch der leidenschaftliche Imker nicht gerne.

Bienenstock