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UniversitätStudieren an der Universität Heidelberg

18. Oktober 2023

Interview mit Rektorin Frauke Melchior

Mit Beginn des Wintersemesters hat die Molekularbiologin Prof. Dr. Frauke Melchior ihr Amt als neue Rektorin der Universität Heidelberg übernommen. Sie folgt damit dem Geographen Prof. Dr. Bernhard Eitel nach. Im Unispiegel-Interview erinnert sie sich an ihre eigene Studienzeit, erklärt, was ein Studium in Heidelberg so attraktiv macht, und ermutigt alle Neuankömmlinge, sich vom Start an in die universitäre Gemeinschaft einzubringen.

Porträt der Rektorin der Universität Heidelberg Frauke Melchior

Ihre Bewerbungsrede anlässlich der Rektorwahl im März haben Sie unter das Motto »Heidelberg University – the place to be« gestellt. Was genau verstehen Sie darunter?

Melchior: Egal, ob Sie hier studieren, forschen oder in den unterstützenden Einheiten wie der Verwaltung oder den Werkstätten beschäftigt sind – ich wünsche mir, dass für alle gilt: Die Universität Heidelberg ist der Ort, an dem ich an der richtigen Stelle bin. Der Ort an dem ich besonders gefördert werde, den ich gerne mitgestalten möchte und an dem ich gerne zur Förderung anderer beitrage. Das hat. definitiv für mich gegolten, als ich 2008 entschied, dem Ruf auf eine Professur nach Heidelberg zu folgen. In Heidelberg gab es für mein Forschungsgebiet beste Arbeitsbedingungen und hervorragend ausgebildete Studierende. Ein weiterer Faktor war für mich das hervorragende Umfeld: die partnerschaftliche Zusammenarbeit etwa mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den außeruniversitären Forschungsinstitutionen wie dem Deutschen Krebsforschungszentrum oder den Max-Planck-Instituten, aber auch die Internationalität, die im deutschlandweiten Vergleich hier besonders ausgeprägt ist.

 

Was macht ein Studium an der Universität Heidelberg so attraktiv? Warum ist die Ruperto Carola auch für Studierende »the place to be«?

Melchior: Heidelberg ist eine stark forschungsorientierte Universität. Studierende, die zu uns kommen, haben die Chance, sehr schnell und sehr intensiv in die aktuelle Forschung miteinbezogen zu werden. Was aber auch wichtig ist: Mit dem Studium beginnt für die Studierenden ein neuer Lebensabschnitt. Und der soll auch jenseits von Vorlesungen und Seminaren Freude bereiten. Heidelberg ist nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Hier gibt es ein aktives Studierendenleben mit vielen Möglichkeiten, sich zu engagieren. Darüber hinaus ist die Stadt von einer wunderschönen Natur umgeben und bietet auch kulturell sehr viel.

Wir haben an der Universität Heidelberg exzellente und international herausragende Forscherinnen und Forscher. Unsere Studierenden lernen somit von den Besten ihres Fachs.

Rektorin Frauke Melchior

Gute Lehre – was zeichnet sie Ihrer Meinung nach aus?

Melchior: Eine forschungsorientierte Lehre, die Studierende dazu inspiriert, sich selbst in das Thema vertiefen zu wollen. Wir haben an der Universität Heidelberg exzellente und international herausragende Forscherinnen und Forscher. Unsere Studierenden lernen somit von den Besten ihres Fachs. Das ist ein großes Kapital, mit dem wir wuchern können.

 

Gibt es in Ihrem Rektorat schon spezielle Pläne für den Bereich Studium?

Melchior: Das zu beantworten ist zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch etwas früh. Ich kann aber sagen, dass wir mit der Bildungswissenschaftlerin Prof. Dr. Silke Hertel eine wunderbare Kollegin als Prorektorin für Studium und Lehre gewonnen haben. Sie wird mit ihrer großen Erfahrung, ihrem Engagement und mit vielen guten Ideen und Initiativen diesen Bereich weiter voranbringen.

 

Überall diskutiert wird derzeit über die Nutzung von KI-Anwendungen wie etwa ChatGPT, die viele Chancen eröffnen, aber auch Befürchtungen wecken, im schulischen und universitären Kontext etwa im Hinblick auf die Beurteilung von schriftlichen Hausarbeiten. Wie sehen Sie die Zukunft von Lernen und Lehre, gerade auch vor dem Hintergrund dieser neuen Technologien?

Melchior: Das ist ein ganz wichtiges Thema. Wir müssen uns damit sehr schnell vertraut machen und auch mögliche Problematiken mit allen Beteiligten, insbesondere auch den Lehrenden, diskutieren. Meine persönliche Haltung ist, dass wir diese Technologien umarmen müssen. Wir müssen lernen, damit verantwortungsvoll umzugehen, sie zu nutzen, um von den Chancen, die sie bieten, zu profitieren. Hier müssen innovative Zugänge und Wege gefunden werden, das große Potential zu schöpfen. Die Studierenden müssen wir dabei unterstützen, KI-Anwendungen sinnvoll und bewusst als unterstützende Instrumente einzusetzen, die beispielsweise bei der Analyse von Forschungsliteratur, beim Schreiben von Code, bei der Recherche oder bei wissenschaftlichen Auswertungen weiterhelfen können.

 

Neben der Digitalisierung als neuem Schwerpunktbereich soll in Ihrem Rektorat auch das Thema Nachhaltigkeit eine besondere Rolle spielen. In welchem Sinne?

Melchior: Mit Fragen der Nachhaltigkeit möchten wir uns möglichst umfassend beschäftigen – in der Forschung, in der Lehre, aber auch in unserem Handeln als Institution. Mit der Gründung des Heidelberg Center for the Environment vor mehr als zehn Jahren haben wir als erste Universität in Baden-Württemberg die Umweltwissenschaften disziplinenübergreifend in einem Zentrum gebündelt. Solche Aktivitäten wollen wir weiter stärken und ausbauen.

Mit Fragen der Nachhaltigkeit möchten wir uns möglichst umfassend beschäftigen – in der Forschung, in der Lehre, aber auch in unserem Handeln als Institution.

Rektorin Frauke Melchior

Können Sie sich eigentlich noch an Ihren ersten Studiumstag erinnern? Und hatten Sie damals bereits eine Vorstellung davon, was Sie später einmal beruflich machen würden?

Melchior: Ich habe ein Chemiestudium in Marburg begonnen. Für viele unter uns Studierenden galt seinerzeit ein Arbeitsplatz in der chemischen Industrie als attraktives Berufsziel. Auch ich konnte mir das grundsätzlich sehr gut vorstellen. Allerdings hatte ich seit meiner Schulzeit so viel Freude am Prozess des neugiergetriebenen Forschens, dass ich mir auch immer vorstellen konnte, in der akademischen Welt zu bleiben. Die endgültige Entscheidung kam dann eher spät. Die Arbeit an meiner Doktorarbeit war ein wichtiger Schritt, so richtig entschieden für eine akademische Laufbahn habe ich mich dann aber erst während meiner zweiten Postdoc-Phase in den USA. Da wurde mir klar, dass Forschung das ist, was ich langfristig machen will. Diesen Beschluss habe ich nie bereut: Die Freiheit der akademischen Forschung ist – so habe ich es immer empfunden – ein großes Privileg.

 

Viele junge Menschen beginnen in diesen Tagen ein Studium an der Universität Heidelberg. Was geben Sie den Studierenden mit auf den Weg?

Melchior: Auf jeden Fall sollten sie die vielen Angebote zur Unterstützung, Vernetzung und Orientierung wahrnehmen, die beispielsweise in der Einführungswoche an vielen Stellen geboten werden. Gerade die erste Zeit des Studiums ist prägend – bei mir sind da Freundschaften fürs Leben entstanden. Neben dem eigentlichen Studium, das Sie hoffentlich gleichzeitig fordert und begeistert, lohnt es sich sehr, auch das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, sich selbst zu engagieren und Dinge an der Universität mitzugestalten – beispielsweise in den Fachschaften. Die Unterstützung in diesen ersten Tagen kommt nicht zuletzt von älteren und schon erfahrenen Studierenden. Nutzt das und gebt das, vielleicht schon im nächsten Jahr, an die dann Neuen weiter!

Zur Person

Frauke Melchior wurde in Heidelberg geboren und wuchs ab dem sechsten Lebensjahr in Frankfurt am Main auf. Nach ihrem Abitur studierte sie Chemie an der Universität Marburg und der University of Bristol (Großbritannien). In Marburg wurde sie 1990 zu einem biochemischen Thema promoviert. Als Postdoktorandin forschte sie auf dem Gebiet der molekularen Zellbiologie zunächst am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen und von 1992 an am Scripps Research Institute in La Jolla (USA). Dort untersuchte sie die Proteinsortierung in menschlichen Zellen und entdeckte dabei das sogenannte SUMO-Protein – Namensgeber für einen Mechanismus der post-translationalen Proteinmodifikation, der zu einem Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wurde. Ihre erste eigene Forschungsgruppe startete die Wissenschaftlerin 1998 am MPI für Biochemie in Martinsried bei München. Sechs Jahre später übernahm sie an der Universität Göttingen im Bereich Humanmedizin eine Professur für Biochemie. 2008 wurde Frauke Melchior an die Fakultät für Biowissenschaften der Universität Heidelberg berufen, um als Professorin für Molekularbiologie am Zentrum für Molekulare Biologie (ZMBH) zu forschen. Zum April 2021 wechselte sie als Mitglied des Vorstands an das Forschungszentrum Jülich, eine Einrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft. Mit ihrer Wahl zur neuen Rektorin kehrte sie zum aktuellen Wintersemester an die Universität Heidelberg zurück.