AusstellungStatistiker, Pazifist, Publizist
Pressemitteilung Nr. 76/2019
8. Juli 2019
Universitätsmuseum zeigt Ausstellung zu Emil Julius Gumbel
Ein exzellenter Wissenschaftler, der zugleich als politischer Autor und Justizkritiker in Erscheinung trat: Leben und Werk des Mathematikers Emil Julius Gumbel stehen im Mittelpunkt einer Ausstellung, die das Universitätsmuseum der Ruperto Carola zeigt. Zunehmend angefeindet und noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus der Universität Heidelberg herausgedrängt, wird er 1933 formal aus dem „Dritten Reich“ ausgebürgert und muss später in die USA fliehen. Historische Dokumente zeigen wichtige Lebensstationen und Weggefährten im Leben Gumbels. Die Ausstellung „Emil Julius Gumbel (1891 bis 1966) – Statistiker, Pazifist, Publizist – Im Kampf gegen Extreme und für die Weimarer Republik“ wird am 15. Juli 2019 eröffnet.
Emil Julius Gumbel, der 1923 einen Lehrauftrag als Privatdozent am Institut für Sozial- und Staatswissenschaften der Ruperto Carola erhielt, gilt als Begründer der sogenannten Extremwertstatistik. Seine mathematische Exzellenz verband er als überzeugter Pazifist mit gesellschaftlicher Courage. So setzte er sich in der „Deutschen Liga für Menschenrechte“ gegen Kriegsverherrlichung und den aufkommenden Nationalsozialismus ein. In Anspielung auf die Hungerjahre des Ersten Weltkriegs erklärte er etwa, dass eine „große Kohlrübe“ ein geeigneteres Kriegsdenkmal sei als „eine leichtbekleidete Jungfrau mit der Siegespalme in der Hand“. 1932 entzog ihm das badische Kultusministerium in Karlsruhe auf Antrag der Universität Heidelberg die Lehrerlaubnis. Die „Struktur seiner Gesamtpersönlichkeit“ lasse ein Verbleiben im Lehrkörper unvereinbar mit Würde und Ansehen der Universität erscheinen. Ein Jahr später wurde ihm auch die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Gumbel, der zuvor bereits nach Frankreich emigriert war, gelang 1940 nach dem Einmarsch der Wehrmacht die Flucht in die USA. Dort wirkte er von 1953 an als Professor an der Columbia University in New York. Die Ruperto Carola rehabilitierte den Wissenschaftler im Jahr 1991 anlässlich seines 100. Geburtstages mit einer akademischen Gedenkfeier. Sie stellte dabei klar: „Die Universität handelte falsch und beging Unrecht, als sie Gumbel ausschloss.“
Die Ausstellung wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität München sowie des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin kuratiert. Im Zuge eines dreijährigen Projekts forschten sie in Europa und den USA, führten Interviews mit Zeitzeugen und erschlossen neue Dokumente zum Leben Gumbels. Mit seinem Werk und Wirken befasst sich auch eine Tagung, die am 22. Juli 2019 im Universitätsarchiv Heidelberg stattfindet.
Zur Ausstellungseröffnung sprechen die Kuratorin des Universitätsmuseums, Charlotte Lagemann, sowie der Direktor des Universitätsarchivs, Dr. Ingo Runde. Eine Einführung gibt Prof. Dr. Matthias Scherer von der Technischen Universität München. Die Eröffnungsveranstaltung findet im Museum, Grabengasse 1, statt und beginnt um 18.00 Uhr. Die Ausstellung wird vom 16. Juli bis zum 19. Oktober 2019 in der Alten Universität gezeigt. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.