Julian Apostata als religionsphilosophische Projektionsfigur in der deutschsprachigen Literatur im 19. Jahrhundert
Flavius Claudius Iulianus (331-363 n. Chr.), gen. Apostata („der Abtrünnige“), ging in die Geschichte ein als der letzte römische Kaiser, der versuchte, das Christentum zurückzudrängen und die griechischen Götter zurück auf den Thron zu holen. Seine Lebensgeschichte wurde im 19. Jahrhundert zu einem prominenten literarischen Sujet. Die Figur des Apostaten inspirierte Schriftsteller wie Friedrich Schiller, August von Kotzebue, Friedrich de la Motte Fouqué, David Friedrich Strauß, Joseph von Eichendorff, Karl Gutzkow, Henrik Ibsen, Conrad Ferdinand Meyer und August Strindberg. Besonders mit dem unerwartet frühen Tod Julians sind Überlegungen verbunden, die in ihrer Radikalität und Tragweite religiöse Sinnfragen aufwerfen, welche Dichter und Denker über Jahrhunderte beschäftigt haben: Wäre es dem jung Verstorbenen bei längerem Leben gelungen, das Christentum auszulöschen? Hängt die religiöse Ausrichtung des Abendlandes allein von diesem Einzelschicksal ab? Würden wir noch heute Helios und Zeus verehren, wäre Julian ein späterer Tod beschieden gewesen? " Und wäre das vielleicht sogar die bessere Alternative gewesen?
Geschichtsdichtung weist stets einen doppelten Zeit- und Wirklichkeitsbezug auf, den auf die beschriebene vergangene Welt sowie den auf ihre eigene Entstehungszeit (Walter Hinck). Ausgehend von der These, dass sich Rezeptionskulturen in ihrem Antike-Bild stets auch selbst artikulieren (Hartmut Böhme), wird die Apostata-Literatur weniger als Reflexion der Gesellschaftssituation um 360 n. Chr. denn als kulturelles Selbstportrait auf der Folie der Spätantike aufgefasst. Das Spannungsfeld von Säkularisierung und Rekonfessionalisierung, von Christentum und Neuheidentum prägt die Entstehungszeit der Texte. Während die vergangene Welt also stets die gleiche ist, wandelt sich die Referenzzeit. Doch auch auf synchroner Ebene sind die Perspektiven auf und die Konnexionspunkte mit der bedichteten Vergangenheit variabel. Welche religionsphilosophischen Positionen werden auf Julian projiziert? Wie verändern sich diese im Laufe des Jahrhunderts? Inwiefern werden nicht-religiöse Konflikte durch den Stoff vermittelt? Wird die antike Geschichte Julians, der am Rhein gegen die Germanen kämpfte, schon vor der Zeit des Dritten Reichs für national[istisch]e Zwecke instrumentalisiert? Besteht ein Zusammenhang zwischen der gewählten Textform und der Wirkungsabsicht des Autors?
Eine kulturhistorisch basierte Analyse der mehr als 50 deutschsprachigen literarischen Bearbeitungen des Apostata-Stoffs zwischen 1789 und 1914 soll Antwort auf diese Fragen finden.
ZUR PERSON
Franziska Feger M.A.
Universität Heidelberg
Germanistisches Seminar
Hauptstraße 207-209
69117 Heidelberg
Tel.: 06221 54-3274
VITA
seit 04/2015
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur von Prof. Dr. Barbara Beßlich am Germanistischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Persönliche Seite auf der Homepage des Germanistischen Seminars
03/2014 - 06/2015
Administrative Mitarbeiterin der Transcultural Studies (Zukunftskonzept der Exzellenzinitiative) der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
09/2012 - 02/2013
Wissenschaftliche Mitarbeiterin (25%) im Forschungsprojekt „Narrative der Emotion und Kognition“ am Marsilius-Kolleg der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 04/2012
Promotionsstudium im Fachbereich Germanistische Literaturwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Dissertationsprojekt: "Julian Apostata als religionsphilosophische Projektionsfigur in der deutschsprachigen Literatur im 19. Jahrhundert" (Betreuung durch Prof. Dr. Barbara Beßlich, Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur, Germanistisches Seminar, Heidelberg)
02/2012
Magistra Artium; Magisterarbeit: "Julian Apostata im 19. Jahrhundert. Fouqué, Eichendorff, Ibsen, Dahn"
seit 01/2009
Wissenschaftliche Hilfskraft (Lehrstuhl von Prof. Dr. Barbara Beßlich) am Germanistischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
10/2007 - 09/2009
Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
10/2006 - 02/2012
Magisterstudium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und an der Université Paris Sorbonne (Paris IV) in den Fächern
- Deutsche Philologie
- Europäische Kunstgeschichte
07/2006
Abitur, Robert-Gerwig-Gymnasium Hausach
1987
geboren in Herrenberg
STIPENDIEN
- Promotionsstipendium der Landesgraduiertenförderung Heidelberg (2013-2015)
- Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes (2007 - 2012)
- ERASMUS-Stipendium für ein Auslandssemester an der Université Paris Sorbonne (Paris IV) (2009 - 2010)
- Auslandsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes für ein Auslandssemester an der Université Paris Sorbonne (Paris IV) (2009 - 2010)
- Online-Stipendium von e-fellows.net (2006 - 2007)
VORTRÄGE UND LEHRVERANSTALTUNGEN
- SS 2015 - SS 2017
Übung: "Gundlagen wissenschaftlichen Arbeitens" im Germanistischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
- 19.09.2014
Blockseminar: "Der literarische Blick zurück. Theorie und Methoden zur Interpretation von Geschichtsdichtung am Beispiel von Stefan Andres' El Greco malt den Großinquisitor" an der der Eötvös-Loránd-Universität Budapest.
- 01.08.2014
Workshop: "Der Germanenmythos. Literarische Konstuktion deutscher (Wunsch-)Geschichte" im Rahmen der internationalen Summerschool des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften (EZS) "Historische Unsicherheit im Spiegel sprachlicher Konstruktionen. Sprach- und literaturwissenschaftliche Zugänge zu berichteter und erzählter Vergangenheit", 28.07.-01.08.2014 in Heidelberg.
- 25.01.2014
Vortrag: "Frankreichkritik vor antiker Kulisse. Julian Apostata als französische Kontrastfigur bei Felix Dahn"; vorgestellt auf der Tagung "Kulturkritik zwischen Deutschland und Frankreich (1860-1933). Schreibweisen zwischen Wissenschaft und Dichtung", 24.-25. Januar 2014. Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg.
- 14.12.2012
Vortrag: (mit Elisabeth Arens und Stephanie Frink) "How to capture emotion and cognition in autobiographical narratives?"; vorgestellt auf der Tagung "Conveying Emotions and Cognition in Narratives: Self-Description as a Means of Shaping Identity", 14.-15. Dezember 2012. Marsilius-Kolleg, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg.
PUBLIKATIONEN
- Antikerezeption als kulturkritische Präventionsmaßnahme. Julian Apostata im Werk Felix Dahns, in: Agard, Olivier / Beßlich, Barbara (Hrsg.): Kulturkritik zwischen Deutschland und Frankreich (1890–1933). Frankfurt a.M.: Peter Lang 2016 (= Schriften zur politischen Kultur der Weimarer Republik, Bd. 18), S. 245–258.
- Arens, Elisabeth / Feger, Franziska / Frink, Stephanie: Narrative der Emotion und Kognition, in: Kräusslich, Hans-Georg / Schluchter, Wolfgang: Marsilius-Kolleg 2012/2013. Heidelberg 2013, S. 81-87.
ORGANISATION VON VERANSTALTUNGEN
- für Juli/August 2014
Mitorganisation und Konzeption der internationalen Summerschool des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften (EZS) "Historische Unsicherheit im Spiegel sprachlicher Konstruktionen. Sprach- und literaturwissenschaftliche Zugänge zu berichteter und erzählter Vergangenheit", 28.07.-01.08.2014. Heidelberg.
- für Dezember 2012
Mitorganisation der internationalen Konferenz „Conveying Emotions and Cognition in Narratives: Self-Description as a Means of Shaping Identity“, 14.-15. Dezember 2012. Marsilius-Kolleg, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.