Sommersemester 2018

 
Alle Veranstaltungen der Lateinischen Philologie des Mittel­alters und der Neuzeit finden im Paläographieraum 027 (Graben­gasse 3-5) statt. Ausgenommen ist der Sommerkurs Paläographie, der im Übungsraum 1 des Historischen Seminars abgehalten wird.

 

Oberseminar

 
Kirchenväterkolloquium: Claudianus Mamertus, De statu animae
2st., Do 18.00-19.30         Beginn: 19.IV     PD Dr. Licht et al.

Die drei Bücher De statu animae sind mit Ausnahme zweier Briefe das einzige erhaltene und sicher zugewiesene Werk des gallischen Schriftstellers und Priesters von Vienne Claudianus Mamertus († ca.474). Es handelt sich um die Gegenschrift zu einem Brieftraktat des Bischofs Faustus von Riez, in dem jener behauptet, Körperlosigkeit gäbe es nur bei Gott, die Seele aber besitze eine gewisse Körperlichkeit und sei leidensfähig. Claudianus Mamertus vertritt die Gegenposition, die Körperlosigkeit der Seele, auf breitem neuplatonischen Fundament und leistet damit einen Hauptbeitrag zur philosophisch grundierten Theologie des V.Jahrhunderts. Sein an Apuleius und den Autoren des archaischen Lateins orientierter Stil galt schon den Zeitgenossen als exzeptionell und ist lesenswert. Widmungsempfänger von De statu animae war der berühmte Briefautor und spätere Bischof von Clermont Sidonius. Das Kirchenväterkolloquium ist ein Seminarkreis von Vertretern verschiedener historischer und philologischer Disziplinen. Interessierte aller Fächer sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion über Kirchenschriftsteller der Antike und des Mittelalters konzentriert oder zwanglos zu beteiligen. Texte werden in Kopie zur Verfügung gestellt. Zur Kontaktaufnahme: W.Schmid, Artikel 'Claudianus Mamertus', in: Reallexikon für Antike und Christentum III (1957), col.169-179.
 

Oberseminar/Hauptseminar


Der Humanist als Papst: Enea Silvio Piccolomini (1405-1464 - Papst Pius II.) in seinem Werk
2st., Di 16.00-17.30         Beginn: 17.IV.     Prof. Wiegand

Enea Silvio Piccolomini ist einer der vielseitigsten und bedeutendsten Humanisten des Spätmittelalters. Der große Kulturhistoriker Jacob Burckhardt sah in ihm die Verkörperung eines Humanisten schlechthin. Seit seiner Studienzeit verfasste Enea, in den letzten sechs Jahren seines Lebens Papst Pius II., Werke in nahezu allen Bereichen des humanistischen Schrifttums: Gedichte, eine Komödie (Chrysis), historisch-geographische Werke (Europa, Asia, Germania, Austria, Bohemia), Biographien (Kaiser Friedrich III., De viris illustribus), Schriften zur Geschichte des Basler Konzils, ein Briefcorpus, einen Brieftraktat an den Sultan Mehmet II., den Eroberer Konstantinopels, eine berühmte Liebesnovelle (Euryalus et Lucretia), Städtebeschreibungen, dazu mit seinen Commentarii eine der wichtigsten Autobiographien des Spätmittelalters. Im Seminar wird es darum gehen, einen Einblick in sein Werk anhand ausgewählter Texte in Dichtung und Prosa zu gewinnen. Ein Schwerpunkt wird auf der Lektüre und Analyse von Partien aus den Commentarii mit bedeutenden Landschaftsschilderungen liegen. Die Texte werden vom Seminarleiter in Kopie zur Verfügung gestellt.


Dichter der Karolingerzeit III: Walahfrid Strabo, Carmina minora
2st., Di 11.15-12.45         Beginn: 17.IV.     PD Dr. Licht

Die karolingischen Dichtungen des späten VIII. und gesamten IX.Jahrhunderts gehören zu den umfangreichsten und hochwertigsten poetischen Hinterlassenschaften des lateinischen Mittelalters. Im Seminar werden ausgewählte Stücke und Autoren gemeinsam gelesen, übersetzt und interpretiert. Besonderes Augenmerk gilt Fragen der Überlieferung, Sprache, Dichtungsform und des literarischen Hintergrunds.
Walahfrid Strabo († 849), Mönch, Hofdichter und Abt der Reichenau, hat ein Gesamtwerk von hoher sprachlicher und literarischer Qualität hinterlassen, aus dem die kleineren Dichtungen für diese Veranstaltung ausgewählt werden sollen. Neben der metrischen und poetischen Vielfalt wird es um die persönliche und politische Dimension der Carmina gehen: Wie spiegeln sich die Erwartungen an den Hofdichter, die politischen Auseinandersetzungen und sein 'Exil' in den Gedichten? Wer gehörte zum Kreis seiner Unterstützer, Widmungsempfänger und Freunde? Textgrundlage: Walahfridi Strabi carmina, ed.E.Dümmler, MGH. Poetae II, Berlin 1884, p.259-473.

 

Proseminar/Lektüre

 


Einführung in die lateinische Sprache und Literatur der Merowingerzeit
2st., Di 9.15-10.45        Beginn: 17.IV     Dr. Wallenwein
Eine 'dunkle Epoche', so der italienische Kirchenhistoriker Caesare Baronio, war die Zeit des «Merowingerlateins». Ausgehend von Venantius Fortunatus, Gregor von Tours und Gregor dem Großen wird v.a. im VII. und VIII. Jahrhundert die Biographie der Heiligen (Vita, Passio, Miracula) zur führenden Literaturgattung in Gallien, Italien, Spanien, Irland und England. In der Veranstaltung sollen Passagen aus merowingischen Heiligenleben gelesen und übersetzt, der Umgang mit mittellateinischer Literatur geübt werden. Die merowingische Biographie dient zusammen mit weiteren Genera (Epistolographie, Historiographie) der Illustration sprachlicher und stilistischer Phänomene (sermo humilis bzw. rusticus) sowie literarischer Besonderheiten, die für die Zeit typisch sind. Nachschlagewerke, Hilfsmittel und einschlägige Studien zur mittellateinischen Literatur- und Sprachgeschichte werden im Laufe des Semesters vorgestellt, angewandt und diskutiert. Zum Proseminar wird ein Tutorium angeboten. Literatur: W.Berschin, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter II, Stuttgart 1988.

Tutorium zum Proseminar

2st., Mo 9.15-10.45        Beginn: 23.IV.    Büge B.A.    
 

Lektüre


EPG II / Lectura Vulgatae: Tobias
2st., Mo 11.15-12.45        Beginn: 16.IV.     Dr. Köhler
 
In einem Tag will Hieronymus das Buch Tobias, das er sich von einem des Aramäischen und des Hebräischen Kundigen vorlesen ließ, seinem Schreiber in lateinischer Sprache diktiert haben. Die Erzählung ist wohl in hellenistischer Zeit entstanden, jedoch ist ihr Inhalt in die Zeit des Exils in Assyrien zurückversetzt, in eine Situation, in der Tobias und sein gleichnamiger Sohn ihren Glauben und ihre Rechtschaffenheit bewähren müssen. Schicksalsschläge und Reiseabenteuer sind zu bestehen, doch steht der Sohn unter himmlischem Schutz, und alles führt zu einem guten Ende. Im 12. Jahrhundert widmete Matheus von Vendôme dem Buch Tobias eine großangelegte Dichtung in elegischen Distichen. Der biblische Text wurde versifiziert, mit Auslegungen, die auf dem Kommentar des Beda Venerabilis beruhen, und mit eigenen Betrachtungen erweitert. Teile dieses Gedichtes werden parallel zum Vulgatatext gelesen. Textgrundlage: Biblia Sacra iuxta Vulgatam versionem, Stuttgart 52007 und Mathei Vindocinensis Opera II, ed. F.Munari, Rom 1982. Alle Texte werden in Kopie zur Verfügung gestellt.
 

Erstlektüre für Historiker: Alexander von Roes, Memoriale de prerogativa Romani imperii
2st., Mo 18.15-19.45        Beginn: 16.IV. Dr. Otero Pereira
 
Alexander von Roes († vor 1300), Kanoniker des Kölner Frauenstifts St. Maria im Kapitol, gehörte dem Kreis des Kardinaldiakons Giacomo Colonna († 1318) an. Diesem widmete er sein Hauptwerk, Memoriale de praerogativa Romani imperii, geschrieben um 1281, in welchem er die Vorrangstellung des Papstes bestreitet und für ein neues, harmonisches Verhältnis zwischen den drei europäischen Hauptvölkern plädiert. Ein Gleichgewicht soll durch korrekte Verteilung der drei 'Weltämter', regnum (Deutsches Reich), studium (Frankreich) und sacerdotium (Italien) hergestellt werden. In der Notitia saeculi erscheint diese Weltämtertheorie als Mittel, um die Ankunft des Antichristen zu verhindern. Präzise Beobachtung und Quellenarbeit machen Alexanders Memoriale zu einem hochwertigen Zeugnis für die europäische Politik und das Selbstverständnis der europäischen Nationen im ausgehenden XIII. Jahrhundert. Der Lektürekurs wendet sich an Anfänger mit wenig Lektüreerfahrung. Ausgewählte Stellen werden im Plenum gelesen und übersetzt. Textgrundlage: Alexander von Roes, Schriften, edd. H.Grundmann & H.Heimpel, Stuttgart 1958.
 

Übung/Hauptseminar

Paläographie I: Von den spätantiken Majuskelschriften zur karolingischen Minuskel (für Anfänger)
2st., Mi 9.15-10.45              Beginn: 18.IV.     PD Dr. Licht

Die Übung führt in das Lesen, Beschreiben und Bestimmen spätantiker und frühmittelalterlicher lateinischer Schriften anhand von digitalen Handschriftenabbildungen und Kopien aus Tafelwerken ein.

Paläographie III: Von der karolingischen Minuskel zu den gotischen Schriftarten
2st., Mi 11.15-12.45        Beginn: 18.IV.     PD Dr. Licht

Einführung in das Lesen, Beschreiben und Bestimmen lateinischer Schriften vom X. bis XIII. Jahrhundert. Interessenten ohne Vorkenntnisse möchten sich bitte per E-Mail (tlicht@ix.urz.uni-heidelberg.de) anmelden.
 

Blockveranstaltung


Sommerkurs Paläographie: Lateinische Schrift
 
9.15.-17.45      27.VIII.-7.IX.        PD Dr. Licht et al.

Gegenstand des Kurses ist die lateinische Schrift (vom Anfang bis ins XX. Jahrhundert) und die Vermittlung ihrer Grundlagen. Fragen zur Schriftgeschichte werden mit traditionellen und modernen Ansätzen diskutiert. Die Teilnehmer erwerben Datierungs- und Lokalisierungssicherheit und eine Lesekompetenz, die zwei Jahrtausende Schriftlichkeit umfasst. Hauptorganisationsform ist die Übung: Einzelne Schrifttafeln werden gemeinsam gelesen, Ergebnisse im Plenum gesichert und methodische Ansätze samt Forschungsliteratur besprochen. Flankiert wird die Übung durch Veranstaltungen, in denen Sonderthemen der Paläographie und neuere Forschungserträge vorgestellt werden.

 
Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 13.04.2022
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