Tagungen
08.06.2017-10.06.2017 IWH-Symposium
Medialität der Menschenrechte: Geschichte und Genese der Menschenrechtsidee als öffentliche Angelegenheit in Europa seit dem 19. Jahrhundert
Inwiefern interagierte die historische Entwicklung der Menschenrechtsidee in Europa mit der Ausbreitung von Massenmedien? Diese Frage stand im Zentrum des IWH-Symposiums der Universität Heidelberg, das zwischen dem 8. und 10. Juni 2017 stattfand und das von Mitarbeitern des Lehrstuhls für Zeitgeschichte am Historischen Seminar organisiert wurde. Das Symposium wurde vom Internationalen Wissenschaftsforums Heidelberg (IWH), wo die Tagung stattfand, mitausgerichtet und vom Innovationsfonds "Frontier" der Exzellenzinitiative der Universität Heidelberg gefördert.
Ausgangspunkt des Symposiums war die Überlegung, dass die Medialität den Menschenrechten genuin eingeschrieben ist. So bereitete sich die Idee von Menschen- und Bürgerrechten mittels unterschiedlicher Medien wie der Kunst, in einer sich ausdifferenzierenden Presselandschaft, in bürgerlichen Assoziationen vor. Medien nahmen als integraler Bestandteil der sozialen Wirklichkeit bei der Diskussion der Menschenrechte als Idee und in ihrer Ausgestaltung, Umsetzung oder auch Verhinderung historisch eine zentrale Funktion ein. Sie waren entscheidend für die Herausbildung eines politischen Bewusstseins und bei der Mobilisierung im Kampf für die Rechte von Mehrheiten und Minderheiten, von politischen und humanistischen Ideen. Das Symposium setzte den Zusammenhang von Medien und Menschenrechten zentral und reflektierte ihn vor dem Hintergrund der Frage nach der Historizität der Medien.
Die Key Note Lecture von Annette Weinke (Jena) setzte sich mit der Rolle des Völkerstrafrechts als einem Medium der Menschenrechte im 20. Jahrhundert auseinander. In den Beiträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Geschichtswissenschaft und benachbarten Disziplinen wie der Germanistik, der Soziologie und der Kunstgeschichte ging es sowohl um das Aufkommen von Menschenrechtsideen in der Kunst und Öffentlichkeit des 18. und 19. Jahrhunderts als auch um Rechtsetzung und "Moralpolitik" nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, um Akteure und Kampagnen des Protests gegen Menschenrechtsverletzungen, um Eigenlogiken verschiedener Medienformate und deren Auswirkungen auf den Menschenrechtsdiskurs sowie um das mögliche utopische Potenzial von Bild und Kunst für die Menschenrechte.
Programmübersicht:
Donnerstag, 8.6.2017, Internationales Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg (IWH), Hauptstraße 242, 69117 Heidelberg
Ab 14 Uhr Begrüßung, Kaffee
15.00-17.30 Uhr Eröffnung des Symposiums "Medialität der Menschenrechte" (Birgit Hofmann und Martin Stallmann)
Panel I: Gegen Gewalt, für Gleichheit: Frühe Medialisierungen der Menschenrechte
Égalité. Zur Darstellungsgeschichte eines Menschenrechts zwischen 1789 und 1848 (Claudia Hattendorff, Gießen)
Das Unsichtbare sichtbar machen. Medialisierungen der Folter im Europa des 19. Jahrhunderts (Sylvia Kesper-Biermann, Hamburg)
Vom Instrument der Reaktion zur Waffe der Menschenrechte: Geschichte der Ahndung von "Hassrede" seit dem 19. Jahrhundert (Birgit Hofmann, Heidelberg)
18.00 Uhr Key Note Lecture: Entstehung einer humanitären Weltgesellschaft? Völkerstrafrecht als Medium der Menschenrechte im 20. Jahrhundert (Annette Weinke, Jena)
Freitag, 9.6.2017, Internationales Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg (IWH), Hauptstraße 242, 69117 Heidelberg
9.00-12.00 Uhr
Panel II: Menschenrechte nach 1945: Rechtsetzung und Moralpolitik
"Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit?" Die UNO und die Schaffung einer Weltinformationsordnung, 1944 - 1962 (Frank Beyersdorf, Berlin)
Recht auf Vergangenheitsaufarbeitung als eins der Menschenrechte? Polnische offizielle Stimmen zur Verjährungsdebatte im Vorfeld der UNO-Konvention vom 26. November 1968 (Paulina Gulinska-Jurgiel, Halle)
Die französische Liga für Menschenrechte in der Nachkriegszeit (Lia Boersch, Paris/Heidelberg)
13.30-16.00 Uhr
Panel III: Menschenrechte in Bewegung. Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen und die Medien
Bürger- und Menschenrechte für Sinti und Roma - Mediale Fremd- und Selbstdarstellungen (Daniela Gress, Heidelberg)
Die "Hurenbewegung". Zum Kampf von Frauen in der Prostitution um Rechte und Anerkennung in der Bundesrepublik seit 1975 (Mirjam Schnorr, Heidelberg)
"Don`t buy South African Fruit!" Konsumprodukte als Medien des Menschenrechtsaktivismus in der britischen Anti-Apartheid-Bewegung (Benjamin Möckel, Köln)
16.30-19.00 Uhr
Panel IV: Menschenrecht als Nachricht. Logiken und Diskurse unterschiedlicher Medienformate
Die Zeitung als Medium für den Verfassungs- und Legalitätsdiskurs in nachnapoleonischer Zeit. Exemplifiziert an Johannes Weitzels Mainzer Zeitung (1814-1816) und seinen Rheinischen Blättern (1816-1819) (Jürgen Wilke, Mainz)
ZeitZeichen - Menschenrechte im Hörfunk (Martin Stallmann, Heidelberg)
Die virtuelle Realität der Menschenrechte. Über den Einsatz von Virtual Reality und interaktiven und immersiven Technologien in Menschenrechtskampagnen und in der journalistischen Berichterstattung (Kyung-Ho Cha, Bayreuth)
Samstag, 10.6.2017, Internationales Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg (IWH), Hauptstraße 242, 69117 Heidelberg
9.00 -12.30 Uhr
Fortsetzung Panel IV "Menschenrecht als Nachricht"
Die Darstellung der Menschenrechte in den Medien der DDR. Kritik am Westen. Lob für den Osten. Leerstelle bei Bedarf (Christian Könne, Mannheim)
Panel V. Zwischen Abbildung und Utopie: Kunst und Bild als Medien der Menschenrechte
Die Kunst zwischen Medium der Menschenrechte und ihrer normativen (Neu)Erschaffung (Christa-Maria Lerm Hayes, Amsterdam)
Die Förderung und Hemmung der Menschenrechtsidee auf (österreichischen) Bildpostkarten im Ersten Weltkrieg (1914-1918) (Barbara Klaus, Wien)
Mögliches wirklich machen?! Zum künstlerischen Handlungsfeld Der Wert der Menschenrechte - digital_series#no.217241 (Birte Kleine-Benne, Berlin)
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25./26.6.2015 Nachwuchssymposium
An die Arbeit! Minderheiten und Erwerbserfahrungen im 19. und 20. Jahrhundert
Der Arbeitsbereich Minderheitengeschichte und Bürgerrechte in Europa am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität Heidelberg veranstaltete vom 25. bis 26. Juni 2015 ein Nachwuchssymposium zum Verhältnis von Minderheiten und Arbeit vom 19. Jahrhundert bis heute.
Die Frage nach Arbeitsbedingungen in verschiedenen Gesellschaften und die kontrovers geführte Debatte um einen Zugang von Minderheiten zum Arbeitsmarkt sind hochaktuell. Dies hat nicht zuletzt die Diskussion um eine angebliche ‚Armutszuwanderung‘ von bulgarischen und rumänischen Bürgerinnen und Bürgern nach Deutschland und in andere Länder der EU im Rahmen der EU-Freizügigkeit gezeigt. Das Symposium „An die Arbeit! Minderheiten und Erwerbserfahrungen im 19. und 20. Jahrhundert“ untersuchte daran anknüpfend das Verhältnis von Minderheiten und Arbeit vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit . Dabei lag der Schwerpunkt auf gemeinsamen Überkategorien, die sich durch die Geschichte der Arbeit von Minderheiten ziehen, wie etwa Räume, Migration oder Zwangsarbeit. Es galt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu identifizieren, aber vor allem, nach der Genese und der Funktion von Arbeit und gesellschaftlichem Arbeitsethos zu fragen, den Wandel im Verständnis von Arbeit zu untersuchen und dies mit spezifischen Perspektiven der Geschichte von Minderheiten in Verbindung zu bringen.
Bild: fmatte/photocase.de
Den Tagungsbericht finden Sie hier.
Das detaillierte Programm im Flyer zum Symposium finden Sie hier.
Die Broschüre mit dem Grußwort von Integrationsministerin Bilkay Öney und Informationen zu den ReferentInnen finden Sie hier.
Programmübersicht:
Keynote Speech:
Von Auswanderern, Flüchtlingen und Arbeitsmigranten: Völkerwanderungen – eine historische Vergewisserung
(Prof. Dr. Ulrich Herbert, Universität Freiburg)
25.06.2015, 18.00 Uhr, Schmitthenner-Haus, Heiliggeiststr. 17, 69117 Heidelberg
25.06.2015, 10.00-17.15 Uhr, Schmitthenner-Haus, Heiliggeiststr. 17, 69117 Heidelberg
Panel 1) Formen der Arbeitsmigration 1: Fremd- und Zwangsarbeit, Chair: Dr. Cord Pagenstecher (FU Berlin)
Von "Fremdarbeitern" zu Justiz- und KZ-Häftlingen. Die polnischen Zwangsarbeiter in Berlin als Strafgefangene (Dr. Katarzyna Woniak, Berlin)
Leben und Arbeitsbedingungen der "Fremdarbeiter" in Heidelberg am Beispiel des Lagers Baggerloch (Dr. Alice Habersack, Erkelenz)
„Wir sind die Herren, ihr seid die Sklaven“- Die ökonomische Ausbeutungspolitik von sowjetischen Kriegsgefangenen im Arbeitseinsatz in der Pulverfabrik Liebenau (Verena Meier, Heidelberg)
Panel 2) Formen der Arbeitsmigration 2: Saison- und Gastarbeit, Wirtschaft und ökonomische Lage, Chair: Dr. Roberto Sala (Universität Basel)
Raus aus der Unsichtbarkeit! Aushandlungsprozesse im Umfeld des wilden Streiks bei Ford in Köln 1973 (Nelli Tügel, M.A., Berlin)
Produktion von Migration durch Entsendung. Strategien und Praktiken multinationaler Unternehmen (Kristina Jäger, M.A., Osnabrück)
Panel 3) Räume, Grenzen, Nationen, Chair: Prof. Dr. Johannes Heil (Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg)
Chancen, Ängste, Widerstände. Arbeit als Argument bei der Einwanderung in Sachsen im 19. Jahrhundert (Dr. Lutz Vogel, Dresden)
Von der Armutspolitik zur Internierung. "Zigeunerpolitik" in Österreich(-Ungarn) von 1863 bis 1918 (Marius Weigl, M.A., Wien)
26.06.2015, 09.30-12.45 Uhr, Ehem.Senatssaal der Neuen Universität, 2. OG, Universitätsplatz, 69117 Heidelberg
Panel 4) Arbeitsethos, Normen und Wertvorstellungen, Chair: Prof. Dr. Astrid Messerschmidt (PH Karlsruhe/TU Darmstadt)
Behinderung und Arbeitswelten. Inklusion und Exklusion von Menschen mit Behinderung im betrieblichen Umfeld seit 1945 (Bertold Scharf, M.A., Kiel)
Arbeit und Gemeinschaft. Zur Rolle und Darstellung von „Arbeit“ in der NS-Bildpropaganda (Harriet Scharnberg, M.A., Münster)
Panel 5) Geschlecht und Gender, Chair: Prof. Dr. Sylvia Hahn (Universität Salzburg)
Prostitution im „Dritten Reich“. Zur Situation von "asozialen Frauen" in ausgewählten badischen und württembergischen Großstädten zwischen 1933 und 1945 (Mirjam Schnorr, M.A., Heidelberg)
Un/Threatening Breadwinners: Geschlechterbilder im Sprechen über zentraleuropäische Armutsmigrant_innen (Stefan Benedik, M.A., Graz)
Podiumsdiskussion: "Armuts"- oder Arbeitsmigration? Neue Perspektiven auf Einwanderung und Flucht [Plakat]
26.06.2015, 15.00 Uhr, Ehem.Senatssaal der Neuen Universität, 2. OG, Universitätsplatz, 69117 Heidelberg
Bild: k74/photocase.de
Seit etwa 2011 vergeht kein Monat ohne Berichterstattung zu neuer Einwanderung aus Osteuropa oder Asylbewerberzahlen unter dem Stigma einer vermeintlich stattfindenden „Armutsmigration“. Diese Debatte erfolgt fast ausschließlich in einer negativen, vorurteilsbehafteten Weise. Dabei kommt es oft zu Pauschalisierungen und einer Vermischung von Fakten beispielsweise über Asylbewerberzahlen oder die EU-Freizügigkeit für Bulgaren und Rumänen.
Die Podiumsdiskussion machte auf den Zusammenhang von aktueller Migration und Arbeit aufmerksam und ging v.a. der Frage nach, welche Art von Migration wir derzeit wirklich nach Deutschland haben und wie die Strategien des Umgangs damit aussehen könnten. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien sowie auf Fluchtbewegungen aus den (West-)Balkanstaaten.
Moderation:
Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun, Integrationsbeauftragter des SWR.
Diskutanten:
Emran Elmazi, Referatsleiter Dialog, Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg
Marcus Engler, Sozialwissenschaftler und wiss. Mitarbeiter des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Berlin
Prof. Dr. em. Max Matter, ehem. Geschäftsführer des Instituts für Volkskunde, Universität Freiburg
Benjamin Pargan, Leiter der Programmgruppe Südosteuropa bei der Deutschen Welle, Bonn
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