Leonie Maurer M.A.

Forschungsvorhaben

Dissertation

„Postkoloniale Provenienzforschung an ozeanischen Sammlungen aus transkultureller Perspektive“ (Arbeitstitel)

Betreuerinnen: Prof. Dr. Monica Juneja | Prof. Dr. Larissa Förster, HU Berlin

Während die Debatte um die Provenienz und Restitution pazifischer Sammlungen in den Museen des sogenannten Globalen Nordens noch an ihrem Anfang steht, wird die Rückgabe kulturell und historisch sensibler Objekte in den descendant communities bereits seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. Die Verlagerung dieser Kulturgüter im 19. und frühen 20. Jh. wurde zum Teil durch physische Gewalt erzwungen und  durch asymmetrische Machtverhältnisse begünstigt. Das Dissertationsprojekt  unternimmt den Versuch die Aneignungskontexte und Trajektorien ozeanischer Skulpturen in Europa aus Perspektive einer transkulturell gewendeten Postkolonialen Provenienzforschung zu untersuchen.

Eine transkulturelle Perspektive kann zunächst zu einer Historisierung des Provenienzbegriffs selbst und der Hinterfragung seiner Prämissen beitragen. Weiterhin erlaubt ein solcher Zugriff Formen der indigenen Widerständigkeit, Aneignung- und  Authentifizierungsprozesse sowie Bedeutungs- und Wertzuschreibung(en) neu zu  konzeptualisieren und zugleich ihre Effekte auf die beteiligten Akteur:innen, das  Bildreservoir und die Sammelgeschichte der Objekte zu untersuchen. Darüber hinaus  können so auch Aspekte der Translokation, Sammlungsgenese und Geschmacksbildung neu verhandelt werden. Weiterhin ermöglicht der transkulturelle Ansatz auch gegenwärtige Machtasymmetrien beispielsweise in der Einbeziehung von lokalen Akteur:innen innerhalb der Provenienzforschung zu reflektieren. Nicht zuletzt kann eine  solche Herangehensweise auch dazu beitragen essentialisierende und homogenisierende Begriffsbestimmungen wie „Herkunftsgesellschaften“ ‒ die sich als gemeinsame Verkehrssprache in der Debatte etabliert haben ‒ einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Die Provenienzforschung zu Kultur- und Sammlungsgut aus sogenannten ‚kolonialen Kontexten‘ muss die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Überlieferungen, die Auslassungen und Widersprüchlichkeiten des kolonialen Archivs sowie die Voreingenommenheit der einbezogenen Quellen und Wissensbestände kritisch reflektieren. Daher hat die ethnologische Provenienzforschung die Öffnung gegenüber multiplen Sichtweisen durch den gleichberechtigten Umgang mit mündlich tradiertem Wissen (Oral History) sowie heutigen Interpretationen und Wahrnehmungsweisen in den descendant communities zu ihrem zentralen Anliegen erklärt. Entsprechend sollen Forschungsagenda und Forschungsdesign des Dissertationsprojektes von Beginn an in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen, autorisierten Vertreter:innen und cultural practitioners der Gemeinschaften entwickelt werden, die sich aufgrund ihrer Geschichte und / oder ihrer kulturellen Praktiken mit den Objekten verbunden sehen.

Seitenbearbeiter: Webadministrator
Letzte Änderung: 04.02.2024
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