Atelier Dezember 2022

Von höfischem Glanz bis zu kriegerischer Gewalt: Das Heidelberger Atelier taucht ein in die Welt einer europäischen Fürstin

Ein Beitrag von Anna Scherer, 3. Fachsemester DFM

 

Beim Winteratelier des Master- und Doktorandenprogramms der Universität Heidelberg und der EHESS vom 08. bis zum 10. Dezember 2022 ging es diesmal festlich zu: Das Atelier bot ein reiches Programm von musikalischen Darbietungen bis hin zu spannenden Diskussionen. Ein Parforceritt durch drei abwechslungsreiche Tage.

Studierende und Doktoranden auf den Spuren von Diplomaten, Herrscherinnen und Krankheiten

Vor der Kulisse des Heidelberger Weihnachtsmarktes widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim diesjährigen Winteratelier insbesondere Themen der Neueren und Neuesten Geschichte. Dies wurde bereits bei den Projektvorstellungen der Masterstudierenden des zweiten Masterjahres und der Doktoranden deutlich:
Sie behandelten in ihren angehenden Master- und Doktorarbeiten nicht nur Maria von Guise und Maria Stuart, die Geschichte der Angst im 17. Jahrhundert, die Lebenswege bedeutender Diplomaten und Prinzessinnen auf beiden Seiten des Rheins, sondern auch die Geschichte der Cholera in der Schweiz des 19. Jahrhunderts sowie die Geschichte des Holzmarkts und der Arbeit des 20. Jahrhunderts. Interessante Debatten über methodologische Ansätze und inhaltliche Anmerkungen im Plenum folgten auf die Referate.

Eine deutsche Prinzessin am französischen Hof

Faszinierende Gespräche ergaben sich auch bei einem der thematischen Schwerpunkte des Ateliers. Da Heidelberg in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum feiert, nämlich den 300. Todestag der Elisabeth Charlotte von der Pfalz, widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht nur im Rahmen eines Referats, präsentiert von den Heidelberger Studierenden, sondern auch in Zusammenhang mit einer fesselnden Ausstellung im Kurpfälzischen Museum der Madame Palatine.
Im Vorfeld dazu lasen die Dozierenden und Studierenden ausdrucksstarke Quellentexte zur Repräsentation der Liselotte und lauschten einem fesselnden Podcast über die Heidelbergerin. Liselotte, wie sie hierzulande genannt wird, scheint geradezu ein deutsch-französisches Thema par excellence zu sein:
Aufgewachsen am Heidelberger Hof unter den Augen ihres calvinistischen Vaters, des Kurfürsten Karl I. Ludwig von der Pfalz (1617–1680), und ihrer eitlen Mutter Charlotte von Hessen-Kassel (1627–1686), erste Ehefrau des Pfalzgrafen, begibt sich Liselotte 1671 an den Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. (1638–1715) in Versailles, um dessen Bruder, den Herzog von Orléans (1640–1701), zu heiraten.
Einen lebendigen Einblick in das Leben dieser interessanten Persönlichkeit gab Herr Prof. Dr. Externbrink in seinem Vortrag, „Wir gingen also ruhig ins opera. Elisabeth-Charlotte von der Pfalz, Herzogin von Orléans, und die Musik am Hofe des Sonnenkönigs“ im Kurpfälzischen Museum. Begleitet wurde der Vortrag im prachtvoll eingerichteten Großen Salon des Museums von musikalischen Stücken von Marin Marais (1656–1728) und Jean-Baptiste Lully (1632–1687), brillant gespielt vom Cembalisten Baptiste Guittet und Flötisten Mathis Wolfer. Musik spielte am Hof von Ludwig XIV. eine fundamentale Rolle, auch Liselotte schätzte und liebte die Musik ihrer Zeitgenossen sehr.
Das Leben in Versailles hielt allerdings so manche böse Überraschungen für Elisabeth-Charlotte bereit. Im opulenten Barockschloss musste die Pfälzerin nicht nur mit den Intrigen und Kabalen der französischen Hofgesellschaft zurechtkommen, sondern auch mit der gewaltvollen Kriegsführung ihres Schwagers, die zur Zerstörung Heidelbergs und weiterer Städte im deutschen Südwesten führt. Ein herber Schlag für Liselotte.

Von Krieg und Frieden

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit kriegerischen Konflikten bildete den zweiten Themenschwerpunkt des Ateliers: Auch hier diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf Basis eines Textes nach der Einführung in das Thema durch Studierende des Masterstudienganges. Wie kann die Beschäftigung mit Objekten und Gegenständen, die auf Schlachtfeldern entdeckt wurden, zu weiteren Erkenntnissen in der Geschichtswissenschaft beitragen? Diese Frage stellten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen der Präsentation und der anschließenden Diskussion.
Es wurde deutlich, dass die Schlachtfeldarchäologie – die Beschäftigung mit Hinterlassenschaften auf Kriegsschauplätzen – bedeutende Beiträge zu historischen Forschungen leisten kann. Sie liefert hervorragende Ergänzungen zu Darstellungen in zeitgenössischen Texten und erweitert demnach unsere Erkenntnisse: Welche Gegenstände trugen Soldaten für den Krieg bei sich? Welchen Nutzen hatten die Objekte für die Zeitgenossen? Welche Schlüsse können wir daraus für den Alltag der Kriegsbeteiligten ziehen?
Diesen wichtigen Aspekt unterstrich auch der Direktor des Kurpfälzischen Museums, Herr Prof. Dr. Hepp, als er die Gäste durch die neue Ausstellung seines Museums, „Krieg und Frieden. Konfliktarchäologie an Rhein und Neckar“, führte. Einzigartige Objekte aus dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wie der Tilly-Fund und aus dem Zweiten Weltkrieg (1939–1945) wie verschiedene Haushaltsgegenstände aus dem zerbombten Heilbronn blieben den Besucherinnen und Besuchern nicht verwehrt. Der Museumsführer erläuterte seinen Gästen anhand der Raritäten, dass Frauen in der Tat keine Seltenheit in einem Heer der Frühen Neuzeit waren, oblag ihnen doch die Versorgung der Soldaten. Des Weiteren würden die Gegenstände die Emotionalität des Kriegsalltags für die Beteiligten vor Augen führen.

Ein gelungener Abschluss

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ließen die Veranstaltung im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens in Hans Hirsch’s Kurpfalzbräu ausklingen. Zuletzt gab es noch die Möglichkeit, einer spannenden Veranstaltung des Alumni-Vereins HEIPAR beizuwohnen. Malin Martin und Ria Würdemann, Absolventinnen des deutsch-französischen Masterprogramms in Geschichtswissenschaften, zeigten den Gästen die Herausforderungen und Chancen eines wissenschaftlichen Volontariats in Museen und Gedenkstätten auf.

Das Frühlingsatelier des deutsch-französischen Master- und Doktorandenprogramms wird vom 30. März bis zum ersten April in Paris stattfinden.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Organisatoren, Programmverantwortlichen und Mitwirkenden, Sven Externbrink, Sebastian Schütte, Florian Pfeiffer, Emmanuel Saint-Fuscien, Julien Blanc und Jakob Fesenbeckh, sowie an den Direktor des Kurpfälzischen Museums, Frieder Hepp.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 15.04.2024
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