Rückblick zur Ringvorlesung "Tauschen, Teilen, Tricksen"

22.10.

Lebensmittel (ver)teilen als neue Wirtschaftsform? Einblicke aus Wissenschaft und Praxis

Podiumsdiskussion mit Nicoletta Hilger und Prof. Dr. Stefan Selke

Moderation: Nikolaus Hollermeier

Von zwei sehr unterschiedlichen Perspektiven aus haben Nicoletta Hilger (foodsharing Heidelberg) und Stefan Selke (Hochschule Furtwangen) das Thema Lebensmittelverteilung und „-rettung“ diskutiert. Bestand für sie die unbedingte Notwendigkeit der Sicherung vermeintlich schadhafter, überschüssiger Lebensmittel, machte er auf die Problematik aufmerksam, dass solche Initiativen weniger grundsätzlich die Schwierigkeit der Überproduktion in den Blick nähmen, als vielmehr ihr Dasein sicherten. So führe foodsharing geschäftliche Anreize ein, die die andauernde Verfügbarkeit großer Lebensmittelmengen rechtfertigen, in dem sie ‚für soziale Zwecke‘ abgegeben werden können, ohne den Umfang der Produktion prinzipiell in Frage stellen zu müssen. Hilger hingegen betonte, eine Veränderung der Produktionsmechaniken sei letztlich von den Entscheidungen der Konsumentinnen abhängig und dementsprechend müsse ein Rückgang der Nachfrage durch eine effizientere Nutzung der vorhandenen Lebensmittel zu einer Drosselung der Produktion führen. Demgegenüber zeigte sich Selke skeptisch, da die Frage der Produktionskapazitäten nur allzu leicht auf die Schultern der Konsumentinnen übertragen werden könne, ohne aber die grundlegende Frage nach der politischen Steuerung von Produktions-weisen zu stellen.

29.10.

Die Grundlagen kooperativen Verhaltens bei Kindern und Menschenaffen

Vortrag von Dr. Felix Warneken

Auf der Grundlage psychologischer Studien zeigt Warneken seit einigen Jahren, dass, entgegen der weitverbreiteten entwicklungspsychologischen Annahme, altruistisches Handeln nicht in erster Linie Effekt eines Sozialisierungsprozesses, sondern eine intrinsische Fähigkeit des Menschen sei. Bereits in frühester Kindheit ist zu beobachten, dass Kinder nicht nur einander sondern auch Erwachsenen helfen und zwar ohne erwartbare Belohnungen oder vorherige Differenzierungen derjenigen, denen sie helfen. Es scheint also vielmehr, als setze gerade erst die Vergesellschaftung des Kindes dieser bedingungslosen Hilfsbereitschaft Grenzen und präge dadurch menschlichen Interaktionen das Kalkulationsprinzip eigenen Nutzens ein. Auch bei Menschenaffen, so Warneken, sei altruistisches Handeln in einem gewissen Rahmen (z.B. Position innerhalb der Gruppenhierarchie) nachzuweisen; inwiefern es sich demnach bei gegenseitigem Helfen sowie einem Sinn gerechter Verteilung um Effekte spezifisch mensch-licher, gesellschaftlicher Konzepte handele oder um evolutionsbiologische, d.h. angeborene Voraussetzungen von Lebewesen bleibe eine durch weitere Studien zu beantwortende Frage.