Golo-Mann-Preis
Jury
Preisträger
Golo Mann-Gesellschaft
Die Golo Mann-Gesellschaft vergibt alle zwei Jahre, erstmalig im Herbst 2013, den mit 15.000 € dotierten "Golo-Mann-Preis für Geschichtssschreibung". Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ermöglicht den Preis und die Preisverleihung.
Die Golo Mann-Gesellschaft zeichnet damit deutschsprachige Autorinnen und Autoren aus, die einen substanziellen Beitrag zur geschichtswissenschaftlichen Forschung geleistet haben und deren Werk zugleich literarischen Ansprüchen genügt. Im Sinne Golo Manns möchte die Gesellschaft mit diesem Preis ihre Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass Geschichtswissenschaft und Literatur keine Gegensätze sein müssen; dass ein guter Stil die Lesbarkeit fachlich fundierter Arbeiten befördert; dass eine erzählerische Haltung dazu beiträgt, die Leserschaft historiographischer Werke zu erweitern; und dass die Geschichtswissenschaft ihrer gesellschaftlichen Rolle als aufklärerischer Disziplin nur gerecht werden kann, wenn sie vielfältig rezipiert und öffentlich diskutiert wird.
Der Preis wird im Rahmen der Tagungen und Versammlungen der Gesellschaft verliehen. Die Golo Mann-Gesellschaft hat eine Jury berufen, die Empfehlungen für die Zuerkennung des Preises ausspricht. Bewerbungen um den Preis oder Vorschläge Dritter sind nicht möglich. Der Vorstand der Gesellschaft entscheidet auf der Grundlage der Juryempfehlung über die Preisvergabe.
Die Jury
Bild: Ruedi Bliggenstorfer, 1974
Dr. Franziska Augstein (Journalistin, Süddeutsche Zeitung)
Prof. Dr. Jürgen Elvert (Universität Köln)
Dr. Marlene Hiller (Chefredakteurin der Zeitschrift "Damals")
Dr. Tilmann Lahme (Historiker)
Prof. em. Dr. August Nitschke (Universität Stuttgart)
Dr. Holger Pils (Leiter des Buddenbrookhauses Lübeck)
Prof. Dr. Edgar Wolfrum (Universität Heidelberg)
Jurysprecher: Prof. Dr. Edgar Wolfrum
Die Preisträger
2017
Prof. Dr. Martin Sabrow
für sein Werk "Erich Honecker. Das Leben davor. 1912-1945" (C.H. Beck, München 2016)
Aus der Begründung der Jury:
„Wer war Erich Honecker vor seiner Karriere als SEDFunktionär? Wie kann man die Geschichte eines Mannes erzählen, bevor ihm der Parteiapparat eine kommunistische Musterbiographie maßschneiderte und von da an penibel über seinen Lebenslauf wachte? Gibt es für das Genre Biographie einen ‚Dritten Weg‘ jenseits von Hagiografie und Psychoanalyse? Diese anspruchsvollen Fragen stellt Martin Sabrow ins Zentrum seiner Biografie über den frühen Honecker. Anschaulich und stilistisch auf hohem Niveau schildert er mit erzählerischer Kraft ein großes Panorama deutscher Zeitgeschichte. Sabrow gelingt nicht nur ein grandios geschriebenes Lebensbild des Saarländischen Nachwuchskommunisten, sondern auch eine faszinierende Fallstudie über einen deutschen Jugendlichen im Bannkreis von Faschismus und Stalinismus.“
2015
Prof. Dr. Werner Dahlheim
für sein Werk "Die Welt zur Zeit Jesu" (C.H. Beck, München 2013)
Aus der Begründung der Jury:
"Der Althistoriker Werner Dahlheim nimmt den Leser mit auf eine Reise in den Orient unter römischer Besatzung. Anschaulich und stilistisch auf hohem Niveau schildert er mit erzählerischer Kraft ein großes Panorama der Zeit und Umwelt Jesu. Dahlheim beherrscht die Kunst, Strukturen literarisch anspruchsvoll darzustellen.
Das opulente Werk findet nicht nur Antworten auf wichtige Fragen zum Alltagsleben im Imperium Romanum: Wie lebten die Römer und welche Götter beteten sie an? Wie wurde die römische Fremdherrschaft in Palästina organisiert? Werner Dahlheim nimmt sich auch der großen Fragen der Kirchengeschichte an: Wie wurde der Wanderprediger Jesus aus Nazareth zum Christus, d.h. zum Messias einer kleinen jüdischen Gruppe, die nach und nach immer mehr Anhänger anzog? Unter welchen Bedingungen vollzog sich der Bruch zwischen Judentum und Christentum? Was waren die zeitgenössischen Kontexte der biblischen Wundergeschichten? Auf überzeugende Weise gelingt so der Blick zurück auf eine Zeit, in der Wunder und das böse Treiben von Dämonen genauso zum Alltag der Menschen gehörten wie die Heilverfahren der Medizin.
Durch sein profundes fachliches Wissen und seine Darstellungsweise gelingt es Dahlheim, Allgemeinbildung im besten Sinn zu vermitteln, d.h. bei dem Leser des 21. Jahrhunderts Interesse und Verständnis für die Antike zu wecken."
Die Preisverleihung fand am Samstag, den 28. November 2015 im Deutschen Historischen Museum in Berlin statt.
2013
Prof. Dr. Volker Reinhardt
für seine Biographie "Machiavelli oder Die Kunst der Macht. Eine Biographie" (C.H. Beck, München 2012)
Aus der Begründung der Jury:
"‚Ich sage Euch, dass Ihr ein durch und durch schädlicher Mensch seid.’ Mit diesem Paukenschlag beginnt Volker Reinhardt seine Biographie des Florentiners Niccolò Machivelli. Klug, anschaulich und stilistisch auf hohem Niveau schildert er mittels einer Vielzahl von Quellen dessen Wirkmächtigkeit als Diplomat und politischer Denker, als Schriftsteller und Dichter. Er stellt ihn in seiner ganzen Widersprüchlichkeit dar: als Provokateur, Tabubrecher, Überlebenskünstler und als Menschen, der mit Verhaftung, Folter und Flucht ins Exil politisches Scheitern kennenlernte.
Machiavelli lebte in einer Zeit radikalen Umbruchs. Diese Beobachtung nimmt Reinhardt zum Ausgangspunkt, um dem Leser die Denkprozesse seines Protagonisten verständlich zu machen. Er beobachtet die Veränderungen, die sich an der Wende von 15. zum 16. Jahrhundert vollzogen. An zahlreichen Beispielen stellt er den Wandel dar, den etwa der Übergang von einer individualistischen Lebensführung zu staatlichen und kirchenbezogenen Gemeinwesen mit sich brachte. So wird auch für Leser, die nicht Fachhistoriker sind, verständlich, wie Machiavelli, der kritische Republikaner, zu seinem Menschenbild und seinen Vorstellungen über die Geschichte gelangte und warum er als erster Grundsätze einer Staatsräson formulierte. Indem Reinhardt seine Leser in die Situation Machiavellis versetzt und an dessen Überlegungen teilhaben lässt, stimmt er sie nachdenklich und regt an zu eigenen Reflexionen.
Politik zu betreiben jenseits von Recht und Moral, gegebenenfalls auch mit Lug und Trug: Darf man das? Die Frage provoziert bis heute heftige Kontroversen. Der Widerstreit zwischen ethischen Grundsätzen und dem, was als politisch notwendig angesehen wird, beschäftigt die Menschen unvermindert. Durch seine Darstellungsweise gelingt es Reinhardt, den Lesern des 21. Jahrhunderts Verständnis und Sinn für die Fremdartigkeit der Gesellschaft des frühen 16. Jahrhunderts zu vermitteln – der wohlfeile Vorwurf eines missverstandenen ‚Machiavellismus’ sollte sich künftig verbieten."
Die Preisverleihung fand am Samstag, den 16. November 2013 im Kinosaal des Deutschen Historischen Museum statt.
Die Golo Mann-Gesellschaft
Mengstraße 4
23552 Lübeck
Fax: 0451-122 41 40