Bereichsbild
Kontakt

Sammlungsbeauftragter
PD Dr. Maarten DeKieviet
Geschäftsführer des Physikalischen Instituts
Tel. +49 6221 54-19601
maarten.dekieviet@physik.uni-heidelberg.de

Homepage des Physikalischen Instituts

 
Weiterführende Informationen
SUCHE

Zeitzeugen aus der Naturwissenschaft

Die Sammlung historischer Instrumente des Physikalischen Instituts und ihr besonderes Objekt

Kurzbeschreibung:

Schädelpräparat
Himmelsscheibe

Die Sammlung umfasst physikalische Instrumente und Messgeräte aus allen Teilbereichen des Fachs vor allem aus der Zeit ab Mitte des 18. bis Ende des 19. Jahrhunderts. Die Objekte reichen von Thermometern und Barometern über Entfernungsmesser und Spektrometer bis hin zu verschiedenen Strom- und Spannungsmessgeräten – teils noch mit Skalen aus einer Zeit, bevor es die heute gängigen Einheiten für diese Größen gab. Die Instrumente illustrieren zum einen die Wissenschaftsgeschichte der Physik mit der Entwicklung einzelner Forschungsfelder und Theoriemodelle, zum anderen dokumentieren sie die Arbeit prominenter Heidelberger Physiker und deren Forschungsergebnisse. So beherbergt die Sammlung etwa mehrere Lenardsche Röhren, deren Entwicklung dem Heidelberger Forscher Philipp Lenard 1905 zum Nobelpreis für Physik verhalf, und einige nach ihrem Erfinder Hermann von Helmholtz benannte Resonatoren. Da die Sammlung auch noch über die historischen Inventarbücher verfügt, lassen sich manche vergangene Experimente und Versuchsaufbauten genau nachvollziehen. Mit der Weiterentwicklung des Fachs wird auch die Sammlung kontinuierlich um einzelne Objekte ergänzt, etwa um „aussterbende Zeitzeugen“ wie das Analogmultimeter zum Messen elektrischer Größen, das in der Forschungspraxis längst durch entsprechende Digitalgeräte ersetzt wurde. Neben dem Bauteil eines Teilchenbeschleunigers aus den 1980er-Jahren soll bald auch ein weiteres, raumgroßes Objekt aus dem ehemaligen Experiment CERES am Kernforschungszentrum CERN in die Sammlung aufgenommen werden.

Umfang der Sammlung:

Rund 200 Exponate sind in den Ausstellungsvitrinen im 3. Obergeschoss des neuen Physikalischen Instituts zu sehen. Etwa 1.500 Objekte werden zum Einsatz in der Lehre im Hörsaalgebäude der Physik aufbewahrt, weitere 200 sind infolge des Institutsumzugs aus dem Philosophenweg ins Neuenheimer Feld noch verpackt zwischengelagert.

Existiert seit:

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Existenz einer physikalischen Lehrsammlung an der Universität Heidelberg belegt.

Nutzung in Forschung und Lehre:

Etwa ein Drittel der historischen Instrumente, die im Hörsaalgebäude der Physik eingelagert sind, werden in Vorlesungen eingesetzt, um physikalische Phänomene und Gesetzmäßigkeiten zu demonstrieren. Mit den alten Geräten lassen sich oftmals besonders eindrucksvolle Vorführeffekte erzielen – ein „pädagogischer Mehrwert“ (Maarten DeKieviet), durch den sich die Vorlesungsinhalte den Studierenden besser einprägen.

Über Kontakte, die zu den drei Lehrstühlen für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik in Deutschland aufgebaut wurden, ist bereits eine Bachelor-Arbeit zum Bjerknes-Pulsator entstanden, einem einzigartigen Versuchsaufbau aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert zur Widerlegung der damals neu entwickelten Feldtheorie. In Zukunft sollen diese Kontakte ausgebaut werden, um die Geschichte mancher Sammlungsobjekte, die noch ganz im Dunkeln liegt, genauer zu beleuchten.

Nutzung als Museum:

Derzeit ist die Sammlung nur für Mitarbeiter des Physikalischen Instituts zugänglich. Auf Anfrage können Einzel- und Gruppenführungen angeboten werden.

Das sagt der Sammlungsbeauftragte, PD Dr. Maarten DeKieviet:

„Die Sammlung stellt einen kulturellen Wert dar, den es zu bewahren gilt – auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs. In der Physik loten wir zwar meist die Grenzen nach vorne aus, wir sollten darüber aber nicht vernachlässigen, wo die moderne Wissenschaft herkommt. Auch deshalb sollen die ausgestellten Objekte in Zukunft mit ausführlichen Beschreibungen und einer Einordnung in den historischen Kontext versehen werden. Längerfristig möchten wir auch Führungen anbieten, um die Exponate einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Auch die Einbindung der Lehrobjekte in der neuen Vorlesung „Geschichte der Physik in Heidelberg“, die sich bisher nur auf Personen und Themen konzentriert, wäre wünschenswert. Die Zukunft der Sammlung liegt nicht zuletzt in der Digitalisierung: 3D-Aufnahmen der Objekte im Internet sollen weltweit zugänglich und für die Forschung verfügbar gemacht werden. Mit einem Wiki könnte man auch gemeinschaftlich an der Erschließung der Objekte arbeiten, was auf lange Sicht eine wichtige Aufgabe ist.“

Das besondere Objekt:

Helmholtz-klaviatur
Ausschnitt aus Helmholtz' "Klaviatur des optischen Spektrums"
(zum Vergrößern klicken)

Mit der „Klaviatur des optischen Spektrums“ beherbergt die Sammlung eine Arbeit von Hermann von Helmholtz (1821 bis 1894), mit der der Wissenschaftler akustische und optische Phänomene verband. Auf der Holztafel, die Helmholtz um 1860 eigenhändig gestaltet hat, ist das optische Spektrum über einer Klaviertastatur abgebildet, und zwar gerade so, dass sich die Spektralfarben über genau eine Oktave erstrecken. Helmholtz verdeutlicht mit dieser Darstellung, dass die Frequenzen des sichtbaren Lichts, also die einzelnen Farben, sich nicht genauso zueinander verhalten wie die Töne der Tonleiter, etwa im Hinblick auf die Intervalle, die zwischen ihnen bestehen. Die Tafel ist damit auch als Kritik an einer Farb-Ton-Zuordnung zu verstehen, die Isaac Newton entworfen hatte, und zeigt die kreative Arbeitsweise des interdisziplinären Forschers Helmholtz.

Als vielseitig interessierter „Universalgelehrter“ stand Hermann von Helmholtz im wissenschaftlichen Austausch mit anderen führenden Heidelberger Forschern seiner Zeit. Dazu zählten auch der Physiker Gustav Robert Kirchhoff, der mit dem Spektroskop ein Gerät erfunden hatte, das Licht in seine Spektralfarben zerlegt, und der Chemiker Robert Bunsen, der einen besonderen Gasbrenner entwickelt hatte. Die beiden Begründer der Spektralanalyse hatten herausgefunden, dass die Farbmuster, die bei der Verbrennung von reinen Stoffen entstehen, charakteristische „Fingerabdrücke“ der Elemente enthalten – so entdeckten sie das Caesium und das Rubidium. Die Zusammenarbeit von Helmholtz, Kirchhoff und Bunsen hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Universität Heidelberg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts internationale Berühmtheit erlangte. Spuren dieser Zeit finden sich in der historischen Sammlung der Physik – unter anderem auch das Kirchhoff-Spektroskop ist hier als Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte vertreten.

Tina Schäfer

Dieser Artikel ist in einer gekürzten Fassung im UNISPIEGEL 2/2013 erschienen.
E-Mail: Seitenbearbeiter
Letzte Änderung: 18.06.2013
zum Seitenanfang/up