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Sammlungsbeauftragte
Sara Doll
Institut für Anatomie und Zellbiologie
Tel. +49 6221 56-38078
sammlung@ana.uni-heidelberg.de

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Schilddrüsen aus Wachs und Räuberskelette

Die Sammlung des Anatomischen Instituts und ihr besonderes Objekt

Kurzbeschreibung:

Schädelpräparat
Schädelpräparat zur Verdeutlichung der Anatomie des Gefäß- und Nervensystems

Die Sammlung des Instituts für Anatomie und Zellbiologie ist in drei Teilbereiche gegliedert: Im ersten Teil werden Methoden der Erstellung anatomischer Modelle und Präparate vorgestellt. Dazu zählen Präparationstechniken wie Plastination, Korrosion, Mazeration zur Freilegung von Knochenstrukturen, Flüssigpräparation oder Wachsplattenrekonstruktion. Sie werden anhand zahlreicher Beispielobjekte erläutert. Ein topographischer Bereich gibt Einblicke in den menschlichen Körper von Kopf bis Fuß: Präparate vom Gehirn über den Bewegungsapparat bis hin zum Fortpflanzungssystem verdeutlichen Bau und Funktionen des Körpers, zudem sind einige Fehlbildungen und krankhaft veränderte Organe ausgestellt. In einem dritten, historischen Teil sind die ältesten Objekte zusammengefasst. Neben verschiedenen optischen Instrumenten und Aufzeichnungen sind das insbesondere Serien von Wachsplattenrekonstruktionsmodellen zur Darstellung der Embryonalentwicklung sowie Skelette der unter den Namen Schwarzer Jonas und Schinderhannes bekannten Räuber aus dem Jahr 1803. Der größte Teil der Sammlungsobjekte stammt aus dem 19. Jahrhundert, die jüngsten Exponate sind ab den 1960er-Jahren hinzugekommen. Der Hauptteil der Sammlung ist im Erdgeschoss und der ersten Etage des Instituts für Anatomie und Zellbiologie öffentlich ausgestellt, weitere Objekte stehen in Vitrinen in den beiden Präparationssälen des Instituts oder sind eingelagert.

Umfang der Sammlung:

Die Sammlung umfasst nahezu 640 Präparate, etwa 300 Modelle sowie zahlreiche Fotos, Schriftstücke, Zeichnungen, Lehrtafeln und Untersuchungsinstrumente.

Existiert seit:

Erste Aufzeichnungen über die Sammlung stammen aus dem Jahr 1805, als im Auftrag des ersten Lehrstuhlinhabers des Instituts eine Inventur der Bestände gemacht wurde.

Nutzung in Forschung und Lehre:

In der Lehre wird die Sammlung derzeit nicht genutzt. Sara Doll, präparationstechnische Assistentin in der Anatomie und zugleich Sammlungsbeauftragte, erschließt die Sammlung im Rahmen ihrer medizingeschichtlichen Forschungsarbeiten. Diese Aufarbeitung der Entstehungsgeschichte einzelner Objekte, die sich unter anderem durch Quellenforschung an den Aufzeichnungen und Korrespondenzen von Institutsleitern und -mitarbeitern rekonstruieren lässt, ermöglicht Einblicke sowohl in die Forschungsleistungen und wissenschaftlichen Traditionen der Heidelberger Anatomie wie auch in die Beziehungen bedeutender Anatomen untereinander.

Nutzung als Museum:

Der öffentlich zugängliche Teil der Sammlung ist zu den Gebäudeöffnungszeiten der Anatomie für Interessierte jederzeit zu besichtigen. Führungen sind auf Anfrage möglich. Im Rahmen dieses Angebots hat die Sammlung gut 1.700 Besucher pro Jahr, vor allem von Gruppen aus medizinnahen Berufsfeldern wie Altenpflege, Physiotherapie oder Logopädie.

Das sagt die Sammlungsbeauftragte, Sara Doll:

„Ein wichtiges Ereignis in diesem Jahr ist die gemeinsame Ausstellung des Instituts für Anatomie mit der Universitätsbibliothek (UB) mit dem Titel „Hier freut sich der Tod, dem Leben zu helfen: Anatomie in Heidelberg gestern und heute“, die im April in der UB eröffnet wird. Dazu hat die Sammlung zahlreiche Informationen und Exponate beigesteuert. Außerdem möchte ich in diesem Jahr eine Neustrukturierung der Sammlung angehen, um die Objekte thematisch anders zu ordnen und mit einer besseren Schwerpunktsetzung zu präsentieren. Schade ist allerdings, dass unsere Vitrinen auf so viele verschiedene Räumlichkeiten innerhalb des Instituts verteilt sind. Eine zentrale Präsentation an einem Ort wäre wünschenswert.“

Das besondere Objekt:

Modell Schilddrüse
Wachsplatten­rekonstruktions­modell einer Schilddrüse im Embryo
(zum Vergrößern klicken)

Das hier gezeigte Modell zur Entwicklung der menschlichen Schilddrüse gehört zu den einzigartigen Wachsplattenrekonstruktions­modellen aus dem wissenschaftlichen Nachlass des Anatomen Erich Kallius (1867-1935). Die fast 40 Unikate illustrieren einzelne Details der Embryonalentwicklung, insbesondere die Herausbildung des Hals-Kopf-Bereichs – in diesem Fall der Schilddrüse.

Die Herstellung eines Wachsplatten­rekonstruktions­modells ist außerordentlich arbeitsintensiv: Das Modellobjekt, also eine Gewebeprobe oder hier bestimmte Organe eines Embryos, wird mit einem Mikrotom, einem präzisen Schneidegerät, in feine Scheibchen von wenigen Mikrometern zerteilt. Diese sogenannten histologischen Schnitte werden zunächst abgezeichnet und vergrößert. Im Anschluss werden diese Zeichnungen der Gewebequerschnitte auf Wachsplatten übertragen und die einzelnen Platten zuletzt übereinander gelegt und miteinander verschmolzen. So lässt sich das ursprüngliche Objekt in vergrößerter Form in einem Wachsmodell aus mehreren hundert Schichten rekonstruieren – ein langwieriges Handwerk, das besondere Feinarbeit erfordert.

Die Modelle in der Sammlung hat Erich Kallius gemeinsam mit seinem „Oberzeichner“ August Vierling (1872-1938) erstellt. Da es zahlreiche Hintergrundinformationen zu ihrer Entstehung gibt – neben den Zeichnungen von Vierling etwa Fotos von Gynäkologen oder erklärende Briefe – sind die Modelle neben ihrem künstlerischen Wert vor allem auch für die Wissenschaftsgeschichte des Instituts für Anatomie von großer Bedeutung.

Tina Schäfer

Dieser Artikel ist in einer gekürzten Fassung im UNISPIEGEL 1/2013 erschienen.
E-Mail: Seitenbearbeiter
Letzte Änderung: 26.02.2013
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