Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„Hart umkämpfter Professorenmarkt“

Elf Forschungseinrichtungen und die Stadt Heidelberg engagieren sich seit mehreren Jahren gemeinsam in der von der Ruperto Carola initiierten Arbeitsgruppe „Dual Career“ im Bündnis für Familie. Ziel ist es, Doppelkarriere-Paare am Wissenschaftsstandort Heidelberg zu unterstützen. Im Gespräch mit Redakteurin Tina Schäfer erläutern Senni Hundt und Bärbel Welsch von der Universität Heidelberg sowie Bettina Crispin vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Elke Jagomast vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) die Dual-Career-Arbeit und ihre Kooperation in der Arbeitsgruppe.

Was sind die Aufgaben des Dual Career Service an der Universität Heidelberg?
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Bärbel Welsch.     Foto: Universität

Hundt: „Wir unterstützen neuberufene Professorinnen und Professoren darin, auch privat mit ihrer Familie hier anzukommen. Und das schließt ein, dass wir dem Partner oder der Partnerin helfen, Fuß zu fassen. Für unseren Rektor, Professor Bernhard Eitel, ist das Chefsache: Er spricht die Themen in jeder Berufung aktiv an.“

Crispin: „Auch für den DKFZ-Vorstand ist das Thema Dual Career von großer Bedeutung. Es geht nicht nur darum, bei anderen Einrichtungen Stellen ausfindig zu machen, sondern auch hausinterne Optionen zu suchen und zu nutzen.“

Welsch: „Die teilweise erheblichen Hürden, die mit einem Ortswechsel verbunden sind, wollen wir durch ein Beratungs- und Informationsangebot senken. Unsere neuen Mitarbeiter kommen teils aus dem Ausland und kennen die Region oder das Bewerbungsprozedere in Deutschland nicht. Zu Beginn bieten wir Orientierungsgespräche an. Durch Coaching, Überarbeitung der Bewerbungsunterlagen und Kontaktaufnahme zu potenziellen Arbeitgebern unterstützen wir dann die Stellensuche.“

Wie unterstützen Sie das Ankommen über die Stellensuche hinaus für die gesamte Familie?

Hundt: „Wir bieten mit dem Service für Familien, dem Kinderhaus und der Kinderkrippe eine gute Versorgung an. Ein zunehmend wichtiges Thema ist Wohnen. Wir haben das Gästehaus zum Ankommen und beraten bei der in Heidelberg oft schwierigen Wohnungssuche.“

Welsch: „Hier sind vor allem Informationen gefragt: Welche Schulen gibt es, welche Wohngegenden sind nicht so hochpreisig, von wo aus kann man gut pendeln? Ich habe zum Beispiel eine Familie betreut, die aus dem Ausland kommen wollte. Während er auf Forschungsreise war, versuchte seine Frau, neben ihrer eigenen Forschung und dem Alltag mit Kindern, auch noch den Umzug samt Schule und Ganztagsbetreuung zu organisieren. Hier bringt die Unterstützung durch die Service-Stelle eine erhebliche Erleichterung, da man viele Fragen nur schwer aus der Ferne lösen kann.“

Richtet sich der Dual Career Service an der Ruperto Carola nur an Professorinnen und Professoren?

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Senni Hundt.         Foto: Universität

Hundt: „Zu Beginn haben wir uns aus Kapazitätsgründen auf diese Zielgruppe beschränkt, um zunächst Strukturen aufzubauen und Erfahrungen zu sammeln. Wir planen nun, den Service im Zuge der Exzellenzinitiative II auch auf die Postdoktoranden auszuweiten.“

Für Wissenschaftler ist Ihr Angebot sehr hilfreich – aber was bringt es Ihren jeweiligen Einrichtungen?

Jagomast: „Der Dual Career Service ist ein sehr gutes wie auch wichtiges Rekrutierungsinstrument und wird in Zukunft eine größere Rolle spielen.“

Crispin: „Er ist eine ganz wichtige Maßnahme, um die richtigen Köpfe ans Haus zu bringen. Gerade um im internationalen Wettbewerb konkurrieren zu können sind Dual-Career-Maßnahmen auch an deutschen Einrichtungen nicht mehr wegzudenken. Darüber hinaus geht es oftmals nicht nur um die Etablierung des Partners sondern vielmehr um die ganze Familie. Das DKFZ hat zum Beispiel in der Personalabteilung eine eigene Arbeitsgruppe ‚International Staff Services‘ etabliert, die gerade die internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Familien besonders betreut und ganz praktische und konkrete Unterstützung beim Ankommen in Deutschland leistet.“

Hundt: „Der Dual Career Service ist ein Wettbewerbsvorteil, den wir auf dem mittlerweile hart umkämpften Professorenmarkt zunehmend ausspielen müssen. Darüber hinaus ist er eine Sache der Reputation, gerade jetzt, nach dem weiteren Erfolg in der Exzellenzinitiative. Wir haben Dual Career als wichtige, wissenschaftsunterstützende Maßnahme in der dritten Förderlinie verankert. Das ist in der Begründung des Wissenschaftsrats zur Exzellenzentscheidung sehr lobend hervorgehoben worden.“

Bringt der Dual Career Service nicht letztlich Leute auf Stellen, die sie ohne dieses Angebot nie bekommen würden?

Jagomast: „Nein, unser genereller Ansatz ist am EMBL, und da spreche ich sicher auch für die Kolleginnen, hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu rekrutieren, die dem gesuchten Profil bezüglich Erfahrung und erforderlicher Qualifikationen entsprechen. Jede potenzielle Kandidatin und jeder Kandidat muss den gleichen Bewerbungsprozess durchlaufen. Der Vorteil besteht sicher darin, dass man das Netzwerk nutzen kann und dadurch höhere Visibilität gewinnt. Aber wie gesagt: Qualität steht an erster Stelle.“

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Bettina Crispin.             Foto: DKFZ

Crispin: „Man schafft zwar oft die Möglichkeit für Bewerbungsgespräche, was natürlich ein Vorteil ist – beweisen für die Stelle muss sich der Bewerber oder die Bewerberin jedoch selbst. Erst kürzlich hatten wir den Fall einer Partnerin eines EMBL-Mitarbeiters, die eine Stelle in Heidelberg gesucht hat. Im DKFZ gab es zwei infrage kommende Stellen. In den jeweiligen Bewerbungsgesprächen hat sich herauskristallisiert, dass sie für die eine Position im Vergleich zu wenig einschlägige Erfahrung mitbrachte – für den anderen Bereich hat sie sich aber überzeugend und erfolgreich präsentiert und daraufhin eine befristete Stelle erhalten. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die man gewinnen möchte, bringen interessante Partner mit, sodass man hier einen Bewerberpool nutzen kann, den man sonst vielleicht gar nicht bekommen hätte.“

Welsch: „Wir hatten zum Beispiel eine Partnerin, die einen Kontakt ins Klinikum gesucht hat. Ich habe der dortigen Dual-Career-Ansprechpartnerin den Lebenslauf geschickt. Diese hat ihn gezielt an drei Professoren weitergeleitet, obwohl in dem Bereich keine Stelle ausgeschrieben war, nur um zu sehen, ob das Profil passen würde. Die Partnerin kam dann mit einem Professor ins Gespräch und die beiden stellten zusammen einen Drittmittelantrag – und nun wird sie eine Perspektive am Klinikum bekommen, weil der Professor von dem Profil dieser Frau so begeistert war. Ohne die Dual-Career-Kooperation wären die beiden wahrscheinlich nie so schnell in direkten Kontakt gekommen.“

Hundt: „Wir können im Regelfall keine Stellen zusagen. Mit einer Ausnahme: Wir haben im Rahmen der Exzellenzinitiative Mittel für ein Partnerjobprogramm festgelegt, um Partnern, die ebenfalls exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind, einen Start an der Ruperto Carola zu ermöglichen. Eine befristete Beschäftigung kann so als Sprungbrett dienen.“

Wenn man zwei passende Bewerber hat, kann es den Ausschlag für einen davon geben, dass er ein Dual-Career-Fall ist?

Hundt: „Ja, das kann durchaus sein.“

Kommt es umgekehrt auch vor, dass jemand eine Stelle ablehnt, weil es keine passenden Dual-Career-Optionen gibt?

Hundt: „Wir hatten im letzten Jahr zwei Ablehnungen. Da scheiterte es wirklich daran, dass wir der Partnerin oder dem Partner kein angemessenes Angebot machen konnten.“

Sie können zwischen den beteiligten Einrichtungen Lebensläufe weiterschicken und so Bewerbungen unterstützen. Welche weiteren Vorteile bringt die Arbeitsgruppe?

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Elke Jagomast.            Foto: EMBL

Hundt: „Wir haben eine gemeinsame Stellenbörse ins Leben gerufen, über die Partnerinnen und Partner auf einen Blick sehen können, welche interessanten Stellen es bei den angeschlossenen Einrichtungen gibt. Darüber hinaus können wir gemeinsam an schwierigeren Themen arbeiten, zum Beispiel bei rechtlichen Fragestellungen, die für alle gelten.“

Jagomast: „Wir überlegen, die Kooperation auszuweiten und zusätzliche Themen, die für uns alle interessant und relevant sind, aufzunehmen und zu diskutieren. Ergebnis könnte eine gemeinsame Wissensdatenbank sein, in der entsprechende Informationen hinterlegt sind, zum Beispiel wenn man ausländische Mitarbeiter rekrutiert.“

Hundt: „Wir haben auch überlegt, wie wir uns bei manchen Formaten der Betreuung abstimmen und Angebote gemeinsam nutzen können. Wenn wir beispielsweise ein Coaching-Seminar oder ein Bewerbungstraining anbieten, könnten auch Interessenten von den Partnereinrichtungen teilnehmen.“

Welsch: „Außerdem finde ich es wichtig, dass wir gemeinsam nach außen auftreten. Die Vernetzung mit den anderen Wissenschaftseinrichtungen ist bei der Rekrutierung ein absolutes Pfund, mit dem ich wuchern kann. Hier hat der Wissenschaftsstandort Heidelberg viel zu bieten.“