Die Meistersinger von Nürnberg
3. Aufzug, 2. Szene
SACHS
Grüß Gott, mein Junker! Ruhtet Ihr wohl? Ihr wachtet lang:
nun schlieft Ihr doch?
WALTHER
sehr ruhig
Ein wenig, aber fest und gut.
- So ist Euch nun wohl baß zumut?
- immer sehr ruhig
- Ich hatt' einen wunderschönen Traum.
- immer sehr ruhig
- Das deutet Gut's! Erzählt mir den.
- Ihn selbst zu denken wag' ich kaum; ich fürcht' ihn mir vergeh'n zu sehn.
- Mein Freund, das grad' ist Dichters Werk,
- daß er sein Träumen deut' und merk'.
- Glaut mir, des Menschen wahrster Wahn
- wird ihm im Traume aufgetan:
- all Dichtkunst und Poeterei
- ist nichts als Wahrtraumdeuteri.
- Was gilt's, es gab der Traum Euch ein,
- wie heut' Ihr sollet Meister sein?
- sehr ruhig
- Nein, von der Zunft und ihren Meistern
- wollt' sich mein Traumbild nicht begeistern.
- sehr ruhig
| SACHS: | Doch lehrt' es wohl den Zauberspruch, mit dem Ihr sie gewännet? |
| WALTHER: |
Etwas lebhafter. Wie wähnt Ihr doch nach solchem Bruch, wenn Ihr noch Hoffnung kennet! |
Die Hoffnung laß ich mir nicht mindern,
nicht stieß sie noch über'n Haufen.
Wär's nicht, glaubt, statt Eure Flucht zu hindern,
wär' ich selbst mit Euch fortgelaufen!
Drum bitt ich, laßt den Groll jetzt ruh'n;
Ihr habt's mit Ehrenmännern zu tun,
die irren sich und sind bequem,
daß man auf ihre Weise sie nähm'.
Wer Preise erkennt und Preise stellt,
der will am End' auch, daß man ihm gefällt.
Eu'r Lied, das hat ihnen bang gemacht;
und das mit Recht:
denn wohlbedacht,
mit solchem Dicht'- und Liebesfeuer
verführt man wohl Töchter zum Abenteuer;
doch für liebseligen Ehestand
man andre Wort' und Weisen fand.