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Französischer Schriftsteller erhält Literaturnobelpreis

14. Oktober 2008
Das Werk von Jean-Marie Gustave Le Clézio wird am Romanischen Seminar der Universität Heidelberg erforscht – An der Abteilung für französische Literaturwissenschaft entstand die Examensarbeit von Cécile Köstler über seinen Roman „La quarantaine“

Große Freude herrscht seit Donnerstag, dem 9. Oktober 2008, am Romanischen Seminar der Universität Heidelberg, als bekannt wurde, dass der diesjährige Nobelpreis für Literatur an den Franzosen Jean-Marie Gustave Le Clézio vergeben wurde. Seit geraumer Zeit ist sein Werk Gegenstand von Forschungen in der Abteilung für französische Literaturwissenschaft bei Prof. Christof Weiand. Dort hat Cécile Köstler zu Le Clézios Roman La quarantaine (Ein Ort fernab der Welt) kürzlich ihre Examensarbeit geschrieben.

 

Die schwedische Akademie wählte mit Le Clézio einen erfahrenen Dichter der französischen Sprache und würdigt ihn als einen „Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase, den Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und innerhalb der herrschenden Zivilisation“.

 

Der mittlerweile 68-jährige Schriftsteller schrieb mit 23 Jahren seinen ersten Roman Le Procès-verbal (das Protokoll), für den er hochgelobt und mit dem Prix Renaudot prämiert wurde, und kann mittlerweile ein Gesamtwerk von über 40 Titeln vorweisen.

 

Er wird am 14. April 1940 als Sohn einer Französin und eines Briten in Nizza geboren. Die Bombenangriffe auf die Stadt, die er in seinen ersten fünf Lebensjahren miterlebt, werden tiefe Spuren bei ihm hinterlassen. Die Thematik des Weltkriegs durchzieht mehrere seiner Werke, wie zum Beispiel L'étoile errante (Fliehender Stern) oder sein kürzlich erschienener Roman Ritournelle de la faim. Der zweisprachige Autor kommt aus einer Familie, die alles andere als sesshaft zu nennen ist: Schon seine bretonischen Vorfahren wandern während der französischen Revolution nach Mauritius aus. Erst die Großeltern verlassen diese Insel und kehren nach Frankreich zurück. Er kann sich zunächst dieses Eiland nur durch die verklärenden Erzählungen der Familie vorstellen, da er erst viel später dorthin reisen wird. Die Insel Mauritius ist daher für den Autor immer ein magischer, traumhafter Ort gleich dem verlorenen Paradies (Le chercheur d'or, La quarantaine, Voyage à Rodrigues). Bis heute führt Le Clézio wie seine Vorfahren auch ein Leben als Nomade und „Wanderer zwischen den Welten“.

 

Seine erste Reise unternimmt er als Achtjähriger, um mit seinem Vater in Nigeria zu leben. Dieses Erlebnis verarbeitet er in den Romanen Onitsha und L'africain (Der Afrikaner). In der Folge verschlägt es ihn (gewollt) nach England, Afrika, Mauritius, Mexiko, Südamerika und Thailand und er verbringt mehrere Jahre bei Indianerstämmen in Panama. Die Erfahrungen mit den ethnischen Minderheiten dieser Welt prägen ihn tief, wiederum eine Thematik, die seine Bücher charakterisiert (Désert, La fête chantée). Heute hält sich der kosmopolitische Schriftsteller gerne in Frankreich, Mauritius und Albuquerque (New Mexico) auf. Seine Rastlosigkeit ist ein Zeichen dafür, dass keiner dieser Orte ihn auf Dauer festhalten kann. Das einzig wahre Zuhause sei für ihn ohnehin die französische Sprache, hat er vor einiger Zeit in einem Interview geäußert. Seine Heimat kann er nur im Schreiben finden. So handeln auch seine Werke vorwiegend von dieser Sehnsucht und der Suche nach dem Anderen, dem Unbekannten, dem Traum  von der heilen Welt, die noch nicht von der Zivilisation zerstört worden ist. Die Reise zum Unbekannten, der Sprung „auf die andere Seite“ (Voyages de l'autre côté), wie Le Clézio sagen würde, ist eine Allegorie für die Suche nach seiner Identität und seinen Wurzeln. Darum verarbeitet er in seinen fiktiven Reisen immer wieder autobiographische Elemente.

 

Für Le Clézio ist Schreiben zudem Engagement: Er möchte aufmerksam machen auf die zerstörerischen Industriegesellschaften, die Unterdrückung der Minderheiten und der Urvölker. Gleichzeitig setzt er sich mit dem Postkolonialismus auseinander. Der Nobelpreis wird den medienscheuen Schriftsteller für einen (willkommenen?) Augenblick in das Rampenlicht der Weltöffentlichkeit versetzen.

 

Kontakt:

Cécile Köstler
Romanisches Seminar der Universität Heidelberg

c_m_k@gmx.de

 

Allgemeine Rückfragen von Journalisten bitte an:

Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg

michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

 

Irene Thewalt

presse@rektorat.uni-heidelberg.de
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