SUCHE
Bereichsbild

Dribblings besser als Flanken

21. Juli 2008
Dr. Daniel Memmert vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg räumte mit alten Fußballer-Weisheiten auf
Logo KinderUniversität  
Von klein auf trainieren Fußballer fast jeden Tag. Ein Profi hat am Ende seiner Karriere einige tausend Stunden auf dem Rasen verbracht, um seine Schusstechnik zu verbessern oder sein Zweikampfverhalten zu optimieren. Man will schließlich nichts dem Zufall überlassen. Wer sich allerdings die Vorlesung des Heidelberger Sportwissenschaftlers Dr. Daniel Memmert im Rahmen der Kinder-Universität angehört hat, kommt ins Zweifeln, ob sich so langes Training wirklich lohnt. Denn: „47 Prozent aller 920 Tore im untersuchten Zeitraum waren durch den Faktor Zufall beeinflusst“, sagt Memmert.

Der Wissenschaftler präsentierte dem interessierten Nachwuchs auch sonst allerlei interessante Zahlen zum Thema Fußball. Selbst Fachleute würden staunen. So verwundert es zwar nicht unbedingt, dass in der Bundesliga rund zwei Drittel aller Tore über die Flügel fallen. Umso erstaunlicher ist es dafür jedoch, dass nur 0,8 Prozent aller Aktionen über die Flügel auch tatsächlich zum Torerfolg führen. Wer es durchs Mittelfeld probiert, hat wesentlich höhere Chancen zu treffen: Fast jeder zehnte Angriff führte im untersuchten Zeitraum zu einem Treffer. Vor allem Dribblings in den Strafraum erwiesen sich als äußerst effektiv.

Zwar fallen nur sieben Prozent der Tore nach Dribblings, allerdings klappte jeder 13. Versuch – ganz im Gegensatz zu hohen Flanken etwa. Da benötigten die Teams im Schnitt 40 Versuche, bis sie zu einem Tor kamen. Und dennoch sind hohe Flanken die am häufigsten benutzte Waffe. „Dribblings sind viel effektiver, weil das schnell mal zum Elfmeter führen kann“, sagt Memmert, „außerdem ist der Schusswinkel besser.“ Auch mit so genannten Fußball-Weisheiten, die von manchen Leuten auch als Plattitüden bezeichnet werden, räumte Memmert auf. Wie seine Kollegen nämlich herausgefunden haben, ist das Tor vor der Halbzeit keineswegs psychologisch so wichtig, wie es häufig heißt.

Auch sei es nicht so, dass eine Mannschaft, die gerade ein Tor erzielt, viel anfälliger für ein Gegentor sei. Wer in zwei Spielen hintereinander getroffen hat, wird laut den Wissenschaftlern nicht unbedingt im dritten Spiel auch noch ein Tor beisteuern. Interessant ist auch, dass sogenannte Fußball-Experten die Spielergebnisse nicht besser voraussagen können als Laien, auch wenn die Experten das meinen. So wollen es zumindest die Wissenschaftler herausgefunden haben.

Ein Mythos besagt zudem, dass der Gefoulte nie selbst einen Elfmeter selbst schießen sollte. „Das ist völlig egal“, sagt der Wissenschaftler vom Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Heidelberg, „die Trefferquote liegt immer bei gut 70 Prozent, egal wer schießt.“ Wer schon einen Elfmeter zugesprochen bekam, bekommt laut Untersuchungen allerdings selten einen zweiten – auch wenn der berechtigt wäre. „Ein Schiedsrichter hat Probleme, zwei Elfmeter für eine Mannschaft in einem Spiel zu pfeifen“, so Memmert. Dafür pfeift ein Unparteiischer sonst ganz schön oft während der 90 Minuten. Ganze 137 Entscheidungen muss er in einem durchschnittlichen Spiel treffen, die meisten davon sind Einwürfe (fast ein Drittel). Zwei Drittel dieser Entscheidungen fällt er allerdings nicht alleine, sondern zusammen mit seinen Assistenten. Erstaunlich hoch ist dabei die Fehlerquote. „20 Prozent der Entscheidungen sind falsch“, sagt Memmert, der auch für 1899 Hoffenheim in der Analyse des Gegners arbeitet.

Addiert man zu diesen 20 Prozent die 47 Prozent der Tore, die durch Zufall entstehen, dürften sich einige Fußballer fragen, warum sie überhaupt noch trainieren.
Andreas Wagner
© Rhein-Neckar-Zeitung

Rückfragen von Journalisten bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

Irene Thewalt
Tel. 06221 542310, Fax 542317
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Seitenbearbeiter: E-Mail