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Heidelberger Expedition nach Altsüdarabien

1. April 2008

Der Archäologe Paul Yule über "Himyar. Spätantike im Jemen" – Das versunkene Reich präsentiert sich nun positiver denn je

Die überlebensgroße Bronzestatue zeigt König Dhamar Ali Yuhabirr, der etwa von 180 bis 200 n. Chr. in Himyar regierte.  
Ein versunkenes Reich nimmt Gestalt an – und tritt aus dem Dunkel der Geschichte hervor. Die überlebensgroße Bronzestatue zeigt König Dhamar Ali Yuhabirr, der etwa von 180 bis 200 n. Chr. in Himyar regierte.
Foto: Rückseite des Bandes "Himyar. Spätantike im Jemen"
Zu einer Expedition in eine Terra incognita lädt der Heidelberger Archäologe Paul Yule mit seinem neuen Band "Himyar. Spätantike im Jemen" ein. Vor Augen tritt das versunkene Reich Himyar in Altsüdarabien, das in vorislamischer Zeit über 250 Jahre lang Arabien von der Südspitze bis fast an den Euphrat vereinigte und beherrschte. Yules Veröffentlichung ist die erste monographische Darstellung des himyarischen Reichs, zu dem der Wissenschaftler feststellt: "Himyar erwacht gerade aus einem Dornröschenschlaf, der eineinhalb Jahrtausende dauerte, um endlich seinen gebührenden Platz in der Geschichte des Nahen Ostens einzunehmen."

Zafar liegt im grünen Hochland

Yule legt dar, dass erst seit 1970 Licht in das Dunkel der reichen Geschichte Altsüdarabiens – des heutigen Jemen – dringt. Denn damals öffnete das muslimische Land seine Tore. Die historische Dimension dieser Region ist jedoch noch immer "nicht Teil des Allgemeinwissens", sondern vor allem Spezialisten bekannt.

Aber nun können sowohl der interessierte Laie als auch der akademische Leser vorstoßen in das historische Himyar mit seiner Hauptstadt Zafar, die im grünen Hochland des Jemen liegt. Yule führt in einen Zeitraum zwischen dem späten 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 7. Jahrhundert n. Chr., den er folgendermaßen periodisiert: Auf die frühe Phase folgen die himyarische Reichszeit (ca. 280-525) und die Spätzeit (525-570/630). Im Jahr 630 löschte "die Ausbreitung des Islam die altsüdarabische Welt aus".

An der Universität Heidelberg wurde das Zafar/Himyar-Projekt 1996 unter Mitwirkung des Autors ins Leben gerufen. Seit 1998 leitet Yule die auch geoinformatische Methoden einsetzenden Grabungen am antiken Ort Zafar, die nun schon in Folge – auch gerade jetzt wieder – durchgeführt werden, obwohl das himyarische Zafar auf den ersten Blick wenig lohnenswert scheint. Aber schon mit 110 ha Fläche handelt es sich um "eine der größten Fundstätten Arabiens". Und nach Yules Einschätzung gibt es noch viel zu entdecken in dieser Region südlich des großen Leeren Viertels, des benachbarten Wüstengebiets in Saudi-Arabien.

Schon jetzt präsentiert sich Himyar in Yules Darstellung positiver denn je. So wird deutlich, "dass Altsüdarabien über eine Gesellschaftsordnung verfügte, die kaum weniger strukturiert war als die seiner bekannten Nachbarn rund um das Mittelmeer". Jedoch war dieser Raum in vorislamischer Zeit "Schauplatz von politischen Auseinandersetzungen, in denen unterschiedlichste Reiche um die Vormacht rangen", wobei Himyar eine Schlüsselrolle spielte. Allerdings dürfte dann die Wende zum Islam nicht so fundamental ausgefallen sein wie häufig angenommen.

Yule kommt vielmehr zu dem Schluss: "In den Städten Südarabiens blieb die Bevölkerung ihrem christlichen oder jüdischen Glauben über Jahrhunderte treu." Himyar und der Islam hätten sich nicht fremd gegenübergestanden: "Vielmehr erweisen sie sich als enge Verwandte, die himyarische Wurzeln haben und antike ‚Gene' teilen." Nicht zuletzt überzeugt für Yule auch die oftmals als dekadent eingestufte Kunst: "Überprüft man das himyarische Œuvre, enthüllen sich letztlich qualitativ bemerkenswerte Kunstwerke, zu denen beispielsweise die überlebensgroßen Bronzestatuen von Dhamar Ali Yuhabirr und seinem Sohn Taran zu zählen sind".

Die erstgenannte, hier gezeigte Statue ist auf der Rückseite von Yules attraktivem zweisprachigen Band zu sehen, der zugleich den englischen Text enthält. Die facettenreiche Darstellung beeindruckt auch durch den hilfreichen Anhang und die zahlreichen, zum Teil erstmals veröffentlichten Abbildungen – die letzte zeigt eine Computersimulation von Zafar mit den südlichen Befestigungen in der späten himyarischen Periode.
Heribert Vogt
© Rhein-Neckar-Zeitung

Info: Paul Yule: "Himyar. Spätantike im Jemen". Linden Soft Verlag e. K., Aichwald 2007. 192 S., 124 Abb.; 39,80 Euro.

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