Paris und Protestantismus - zwei Welten treffen aufeinander. So jedenfalls scheint es auf den ersten Blick. Richtig daran ist: Evangelische Christen sind in Frankreich eine verschwindende Minderheit. Unter den Religionen dominiert der Katholizismus, sofern man angesichts der strikten Trennung von Kirche und Staat überhaupt von einer Dominanz sprechen kann.
Die Geschichte des Protestantismus in Frankreich ist geprägt von zahlreichen staatlichen Verfolgungen. Diese fanden ihren tragischen Höhepunkt in der Bartholomäusnacht am 24.8.1572. Begibt man sich auf die Suche nach Spuren des Protestantismus in Paris, so ist diese immer auch geprägt von den geschichtlichen Fakten.
Beginn der Spurensuche an St. Germain de Pres
Gemeinsam mit unserer informativen und schwungvollen Begleiterin Carola begannen wir unsere Spurensuche an der ältesten Kirche von Paris: St. Germain de Pres. Diese diente aufgrund der pro-reformatorischen Einstellung ihres katholischen Priesters im 16. Jahrhundert zahlreichen Hugenotten als Zufluchtsort. Noch heute ist sie als Zentrum der Katholischen Studierendengemeinde von Paris ökumenisch ausgerichtet.
Andere Spuren des Protestantismus sind weniger offensichtlich. Sie bedürfen der persönlichen Vorstellungskraft, um die Geschichte des Protestantismus wieder ansatzweise lebendig werden zu lassen. In einem heutigen Künstlerviertel befinden sich jene Keller, in denen Hugenotten vor fast fünfhundert Jahren geheime Treffen abhielten, auf der ersten protestantischen Synode Grundsatzbeschlüsse faßten sowie die erste protestantische Taufe vollzogen.
Glocken läuteten zur Bartholomäusnacht
Reste der im 12. Jahrhundert erbauten Stadtmauer befinden sich heute unterirdisch in einem Parkhaus. Von hier aus läuteten die Glocken zur Bartholomäusnacht, in der 5000 bis 6000 Protestanten in Paris den Tod erlitten, weil sie sich nicht zum Katholizismus bekannten.
Doch auch im heutigen Stadtbild von Paris lassen sich Spuren des Protestantismus finden. Im Temple protestant de l'oratoire du louvre formierte sich einst eine der ersten protestantischen Gemeinden Frankreichs. Heute passieren täglich zahlreiche Touristen diese geschichtsträchtige protestantische Kirche. Die meisten von ihnen ahnen wohl wenig von jenem protestantischen Selbstbewußtsein, das sich bereits in der Bezeichnung temple in Abgrenzung zu den katholischen eglises widerspiegelt und durch die Jahrhunderte der Verfolgungen hindurch stetig gewachsen ist.
Noch heute ist
dieses Selbstbewußtsein in dem vielfältigen gesellschaftlichen
und politischen Engagement der Protestanten lebendig, auch wenn
die Protestanten nur eine verschwindende Minderheit in Frankreich
sind und man ihr Wirken vielleicht nicht auf den ersten Blick wahrnimmt.
Von Anika Albert
Seitenbearbeiter: WWW-Beauftragter
des DWI
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