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Besuch im Pariser 'La Maison Dans La Rue'

Es ist ein warmer Junitag, an dem wir uns mit der Metrolinie Nummer 6 in den Osten von Paris aufmachen. Bel-Air heißt die Station im Herzen des 12. Arrondissements, das die Pariser naserümpfend einfach nur "le Douzième" nennen. Schön ist es wirklich nicht in dieser Gegend, in der heruntergekommene Mietskasernen die staubigen Straßen säumen.

Plötzlich wird die graue Häuserfront durchbrochen und wir stehen vor einem unscheinbaren, flachen Gebäude, der Rue Santerre Nummer 4. Hier befindet sich die Maison Dans La Rue, in der Pariser Obdachlose für ein paar Stunden am Tag Unterschlupf und Ansprache finden können. Aufgemalte bunte Blumen zieren die große Glasfront, eine farbige Frau hängt gerade leuchtend gelbe Gardinen ins Fenster.

Etwas schüchtern betreten wir den azurblau gestrichenen Aufenthaltsraum, der aussieht wie eine Mischung aus mediterranem Café mit Bar und Schulzimmer. In der Ecke ein kleiner Tisch, an dem zwei Schwarzafrikaner unter der Aufsicht einer charmanten grauhaarigen Dame französisch pauken. Hinter ihnen bunte Bilder an der Wand, die - wie die Sozialarbeiterin Sabine Geffroy-Lemoine uns später erklärt - die Besucher der Maison miteinander gemalt haben.

Vokabeln pauken im 'Maison dans la Rue'

Französisch
Vokabeln
pauken

 

 

 

 

 

Freundlich ist die Atmosphäre in dem kleinen Haus, das neben dem Aufenthaltsraum noch eine kleine Waschküche, Duschen und Toiletten für die Gäste, ein Untersuchungszimmer sowie drei kleine Büros beherbergt. Drei SozialarbeiterInnen, drei Frauen in Wäscherei und Küche sowie ein Arzt kümmern sich hier täglich zwischen 8 und 17 Uhr um die in der Mehrzahl obdachlosen Besucher. Bis zu 300 "SDF´s", wie die "sans domicile fixe" genannt werden, drängen pro Tag in die Maison und hoffen auf eine warme Mahlzeit, eine Dusche, Hilfe vom Arzt oder einfach nur ein warmes Wort.

"Manchmal kann ich vor lauter Menschen die Tür von meinem Büro nicht sehen", erzählt Sabine, die sich seit Januar um die Sorgen und Nöte der hier Hilfesuchenden kümmert. Das Haus gibt es seit 6 Jahren, getragen wird es vom Centre d´Action Sociale Protestant, kurz CASP. Das wiederum wird vom Sozialministerium finanziell unterstützt, dessen staatliche Zuschüsse allerdings gerade mal das Allernötigste abdecken. Deshalb sind die Mitarbeiter von CASP und der Maison zusätzlich auf das Engagement von Freiwilligen und Spenden angewiesen.

"Und die brauchen wir vor allem im Sommer", berichtet Sabine, "weil alle staatlichen Obdachlosenunterkünfte zwischen April und Juli geschlossen werden." In der Zeit ist es laut Beschluss der Behörden warm genug, um auf der Straße zu schlafen. Wer sich waschen oder etwas warmes Essen will, ist auf die großenteils von kirchlicher Seite initiierten Einrichtungen angewiesen.

Zwei Sozialarbeiterinnen am 'Maison dans la Rue'

Das Büro der drei
Sozialarbeiterinnen
im 'Maison de la Rue':

Zwei der drei Sozialarbeiterinnen
sind Sabine Geffroy-Lemoine
und Mireille Urbini.

 

 



Das Leben auf der Straße ist gefährlich, daher sind die Besucher der Maison oft bewaffnet und sehr misstrauisch. Kriminalität und Drogen, die das Elend und die ständige Angst vor der Abschiebung für ein paar Stunden vergessen lassen, gehören zur Tagesordnung. Viele der Obdachlosen sind Asylbewerber, aber nur die Glücklichen unter ihnen bekommen politisches Asyl für ein Jahr. Die Mehrheit - meist aus Algerien oder der Kabylei - sucht um territoriales Asyl an, aber ohne einen festen Wohnsitz stehen die Chancen schlecht. Im vergangenen Jahr haben von 40.000 Bewerbern nur 14 das ersehnte Asyl bekommen, der Rest muss täglich mit der Abschiebung rechnen.

Dass es neben Angst und Not auch schöne Erlebnisse im Leben dieser Menschen gibt, dafür sorgen die engagierten Mitarbeiter der Maison. "Das glückliche Leuchten in den Augen der Leute macht alle Mühe und Arbeit tausendmal wett", versichert uns Mireille Urbini mit einem verschmitzten Lächeln. Seit fünf Jahren organisiert sie kulturelle Unternehmungen wie Theater-, Kino- und Konzertbesuche oder einfach nur Spiele im eigenen Haus für Interessierte. Mit einer mütterlichen Geste schiebt sie uns kalte Getränke über den Tresen. Dass man sich bei ihr einfach wohlfühlen muss, verstehen wir voll und ganz!

Von Karin Steimann

   

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