Unsere Forderung

Wir fordern, dass das Verfahren zum Gesetzesbeschluss ausgesetzt wird, damit eine gebührende Diskussion zwischen Beteiligten und Betroffenen stattfinden kann.

 

Aus diesem Grunde fordern wir die Studierenden, Doktoranden und Lehrenden Baden-Württembergs dazu auf, durch eine Unterschrift ihre Unterstützung unserer Stellungnahme und Forderung kund zu tun.

 

Wir laden für Mittwoch, den 19. März 2014 um 17:00 Uhr, in Hörsaal 01 der Neuen Universität in Heidelberg zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ein.

 
Informationsmaterialien
 

Informationen zur Novelle des Landeshochschulgesetzes BW

 

Am 28. März 2014 wird im baden-württembergischen Landtag über das dritte Hochschulrechtsänderungsgesetz abgestimmt. Es soll zum Wintersemester 2014/15 in Kraft treten. Das Gesetz bewirkt eine weitreichende Einschränkung der Freiheit der Wissenschaft.

Besorgniserregend sind vor allem drei Aspekte:

Abhängigkeit von Akkreditierungsunternehmen

§ 30 (Absatz 4) bestätigt die Abhängigkeit der Studiengänge von Akkreditierungsunternehmen. Das konterkariert das politische Lippenkenntnis der Landesregierung, den universitären Betrieb von wissenschaftsfremden Maßstäben zu befreien. Schon das bereits existierende Landeshochschulgesetz macht die Gründung und den Fortbestand von Studiengängen von dem Urteil privatwirtschaftlicher Akkreditierungsagenturen abhängig. Die grün-rote Landesregierung hat sich die Abkehr vom Konzept der „unternehmerischen Hochschule“ auf die Fahne geschrieben (vgl. „Zielsetzung“ 3. HRÄG, S. 1 & Wahlprogramm der Grünen BW). Sie fährt aber de facto damit fort: anstatt Abhängigkeit abzuschaffen und die akademische Autonomie zu fördern, übernimmt der neue Gesetzesentwurf die Bestimmungen des bestehenden Landeshochschulgesetzes wortgetreu.

Bürokratisierung des Promotionsverfahrens

§ 38 stellt das Promotionsverfahren unter ein verwaltungsaufwendiges und unnötiges Reglement. Er untergräbt das Vertrauensverhältnis zwischen Doktorand und Doktorvater/-mütter. Das zeugt von Misstrauen gegenüber deren Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungsfähigkeit.

Drei Punkte machen das augenfällig.

  1. Die Entscheidungsbefugnis über Annahme von Promotionsvorhaben und Bewertung von Doktorarbeiten wird von den einzelnen Betreuern zunehmend auf die Mitglieder des Promotionsausschusses der jeweiligen Fakultät verlagert. Diese fächerübergreifenden Gremien können angesichts der inhaltlichen Vielfalt und Spezialisierung der Promotionsvorhaben diesen unmöglich gerecht werden. Stattdessen wird den Mitgliedern der Gremien, also den Betreuern, bürokratischer Aufwand zugemutet, der sie von ihrer eigentlichen Aufgabe (der Betreuung) abhält. Sollte eine bestimmte Fachkultur diese Strukturen benötigen, so sollte ihre Umsetzung auch auf Selbstverwaltung gründen und nicht allen unterschiedslos aufoktroyiert werden.
  2. Die nun geforderte vertragliche Regelung des Betreuungsverhältnisses, die die bereits zu unterschreibende Vereinbarung um einiges erweitert, ist eine reine Äußerlichkeit. Sie kann weder den Willen der Beteiligten zum Ausdruck bringen, noch die Qualität der Dissertation garantieren. Sie ersetzt bloß Eigenverantwortung durch rechtliche Ansprüche. Wir halten dagegen die Fähigkeit zur Selbstkritik und zur realistischen Einschätzung dessen, was für eine Promotion nötig ist, für so elementar wie das Verfassen der Doktorarbeit selber. Verträge sind dabei überflüssig.

  3. „Die Promovierenden [sollen] zentral [ ] erfass[t]“ werden (vgl. §38, Absatz 5). Es handelt sich dabei um eine Maßnahme im Rahmen der sogenannten Qualitätssicherung. Sie entspringt dem Bedürfnis der Landesregierung nach Quantifizierung der angefangenen und abgeschlossenen Promotionen in Baden-Württemberg. Ob solche Statistiken über Ursachen von Erfolg oder Scheitern aufklären können, ist fraglich. Sicher ist dagegen, dass jedwedes Ergebnis eine mögliche Rechtfertigung zum politischen Aktionismus in der bereits eingeschlagenen Richtung darstellt.

Solche und andere Maßnahmen unter dem bedenklichen Label „Qualitätsmanagement“ sind vor allem Ablenkungsmanöver; sie kaschieren die Weigerung der Landesregierung für die finanzielle Grundausstattung der Universitäten in Baden-Württemberg einzutreten: „Zusätzliche Kosten entstehen für die öffentlichen Haushalte nicht.“ (3. HRÄG, Abschnitt D, Seite 6) – die gewünschte Qualtiätssteigerung aber auch nicht. Im Gegenteil ist zu erwarten, dass bei gleichbleibend unzureichenden Finanzmitteln und zusätzlichem Verwaltungsaufwand, die Qualität der Betreuung an der entscheidenenden Stelle sinkt.

Zur ausführlichen Kritik vgl. FAZ vom 26.2.2014, N5. ► Ungekürzte Version des Artikels.

Zwang zu Open Access

§ 44 (Absatz 6) ermöglicht den Hochschulen, ihre Angestellten zur Open-Access-Publikation zu verpflichten. Das stellt einen gravierenden Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte der Wissenschaftler und die Freiheit der Forschung dar:

„Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.“ (Artikel 27,2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)

Die bereits ausführlich von Wissenschaftlern und u.a. dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels geäußerte Kritik hat die Landesregierung nicht zur Kenntnis genommen.

Wir als Nachwuchswissenschaftler schließen uns dieser Kritik an und lehnen es ab, zukünftig einem solchen Zwang ausgesetzt zu sein und auf unser geistiges Eigentum verzichten zu müssen.

 

 
Wir fordern, dass das Verfahren zum Gesetzesbeschluss ausgesetzt wird, damit eine gebührende Diskussion zwischen den Beteiligten und Betroffenen stattfinden kann. Die Behauptung der Landesregierung, eine solche geführt zu haben, ist fadenscheinig. Die bestehende Kritik wurde kaum wahrgenommen.
 
Aus diesem Grunde fordern wir die Studenten, Doktoranden und Lehrenden Baden-Württembergs dazu auf, durch eine Unterschrift ihre Unterstützung unserer Stellungnahme und Forderung kund zu tun.
 
Um das Informations- und Diskussions-Versäumnis nachzuholen, laden wir für Mittwoch, den 19. März 2014 um 17:00 Uhr, in Hörsaal 01 der Neuen Universität in Heidelberg zu einer Informationsveranstaltung mit Podiumsdiskussion ein.
 

 

 

Letzte Änderung: 10.03.2014
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