Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

Meine Leserinnen, meine Leser,

ein kluger Mann, der englische Erzähler und Dramatiker John Galsworthy, Literaturnobelpreisträger 1932, hat einmal gesagt: „Wer nicht über die Zukunft nachdenkt, wird nie eine haben“.

Wissenschaft als permanentes Nachdenken über das, was Wissenschaft morgen und übermorgen sein soll, das kann sich ein am Geschehen in der Universität Interessierter vorstellen. Um das Nachdenken über die Zukunft geht es nach meinem Verständnis auch in dem Wahlspruch unserer Universität „Semper Apertus“, der ihre Mitglieder darauf verpflichtet, für das Neue, das Morgen, die Zukunft offen zu sein.

Die Leitung unserer Universität, das Rektorat, ist der Meinung, daß es nicht nur seine Aufgabe ist, über die Zukunft der Wissenschaft an unserer Universität nachzudenken, sondern daß es notwendig ist, das Augenmerk einmal auf einen anderen Bereich zu richten, nämlich die innere Organisation und das Zusammenwirken von Wissenschaft und Verwaltung. Als Ende 1994 die Volkswagen-Stiftung die Universitäten aufforderte, neue Konzepte vorzulegen, die auf eine Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit durch Vermehrung der Eigenverantwortung zielen, deren Realisierung sie finanziell unterstützen wollte, haben wir eine Ideenskizze vorgelegt, die offensichtlich Anklang fand, denn wir wurden aufgefordert, an dem weiteren Verfahren teilzunehmen. Unser Antrag mit dem Arbeitstitel „Dezentrale Ressourcenverteilung“ hat zu unserer Überraschung die Zustimmung der Gutachter und der Volkswagen-Stiftung gefunden. Unter den insgesamt sieben Projekten, die gefördert werden sollen, erhalten wir ebenso wie die Universität Hamburg die höchste Förderung, nämlich fünf Mio. DM. Was haben wir uns vorgenommen? Nicht mehr und nicht weniger als ein Stück „innere Reform“. In Zeiten schwindender Ressourcen ist es notwendig, im gesamten Bereich der Universität den Einsatz der vorhandenen Mittel zu verbessern und ein neues Kosten- und Leistungsbewußtsein zu schaffen. Deshalb werden die Institute ein Globalbudget erhalten, über dessen Verwendung sie weitgehend alleine entscheiden. Damit wird die Entscheidungskompetenz von der Universitätsleitung auf die Institutsebene verlagert (Subsidiaritätsprinzip). Die Einführung eines betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens soll die Transparenz schaffen, die wir intern, aber auch gegenüber unserem Finanzier, dem Land, für unverzichtbar halten, um unserer Verpflichtung nachzukommen, Rechenschaft abzulegen. Wir müssen im Detail wissen, wie die Mittel eingesetzt werden, wie teuer wir sind, was die Leistungen kosten, die wir erbringen. Die vorgesehenen Veränderungen schaffen für die Einrichtungen der Universität neue Handlungsspielräume, machen es ihnen aber auch zur Pflicht, über ihr Tun und Lassen Rechenschaft zu geben. Die Universitätsleitung, von Einzelfallentscheidungen entlastet, soll sich verstärkt der langfristigen Erfolgskontrolle und Strukturentscheidungen widmen. Ein noch zu entwickelndes Informations- und Berichtssystem soll dazu die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen. Diese stehen auch den Instituten für zukünftige Budgetentscheidungen zur Verfügung. Das Projekt ist gegliedert in eine Pilotphase (drei Jahre), eine Implementierungsphase (zwei Jahre) und eine Konsolidierungsphase (drei Jahre). In der Pilotphase werden die Institutsbudgets der Pilotinstitute schrittweise globalisiert und der interne Ressourcen- und Dienstleistungsmarkt vorbereitet. Aufgabe der Projektmitarbeiter wird es sein, zusammen mit den Institutsmitarbeitern die Verwaltungsabläufe, die Werkstatt-, Labor- und Bibliotheksorganisation sowie die EDV-Ausstattung zu analysieren und dabei betriebswirtschaftliches Know-how zu vermitteln. Sie werden ferner EDV-Versuchsläufe mit einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung durchführen und Kosten- und Leistungskennziffern entwickeln. Die Pilotphase schließt mit der Entscheidung, ob und wie das Projekt auf die gesamte Universität erweitert wird. Dies ist das Ergebnis unseres Nachdenkens über die Zukunft. Was sich das Rektorat wünscht, ist die Einsicht in die Notwendigkeit der skizzierten Veränderung, Vernunft, Augenmaß und guten Willen auf allen Seiten.

Ihr
Kraft
Kanzler

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