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Wie ist eigentlich das Weihnachtsfest entstanden?

Herr Professor Löhr, wir haben da mal eine Frage...

Winrich Löhr ist seit 2007 Professor für Kirchengeschichte an der Ruperto ­Carola.  
Foto: Gattner
Obwohl schon im 2. Jahrhundert christ­liche Gelehrte versuchten, das Datum der Geburt Christi zu berechnen (und sich natürlich nicht einigen konnten), wurde  Christi Geburt erst relativ spät, seit dem 4. Jahrhundert, mit einem ­eigenen Fest begangen. Außerdem gab es nicht einen, sondern zwei Festtermine: einen am 25. Dezember, den anderen am 6. Januar.

Das Fest am 25.12. wurde – so lautet ein gewisser Konsens der Forschung – in den 30er Jahren des 4. Jahrhunderts unter Kaiser Konstantin vermutlich zunächst in Rom eingeführt. Ein anonymes römisches Kalenderwerk aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, der sogenannte „Chronograph von 354“ enthält  eine Liste der römischen Märtyrer, deren Todestage begangen wurde. Dort findet sich zum 25.12. die lapidare lateinische ­Notiz: „Natus Christus in Betleem Iudeae.“ Es lässt sich zeigen, dass diese römische Märtyrerliste vor 336 n. Chr. in Rom entstanden sein muss. Offenbar kannte man also bereits zu diesem Zeitpunkt den 25.12. als Geburtstermin und beging ihn festlich. Wie kam man aber gerade auf dieses Datum, das von christlichen Autoren vor dem 4. Jahrhundert gar nicht erwähnt wird? Auch hierzu enthält der römische Kalender einen Hinweis: Dort findet sich nämlich auch eine Liste heidnischer Fest­tage. Und darin ist der 25.12. ebenfalls ein Festtag, nämlich – als Tag der Wintersonnenwende – der Geburtstag des „Sol Invictus“, d. h. der auch durch die Finsternis der Winterzeit unbesiegbaren Sonne. Die Heiden feierten am 25.12. also den Sieg des Lichtes und des Lebens über die Finsternis und den Tod.

Man entfachte zu diesem Zweck Sonnenwendfeuer und im Zirkus fanden besondere Festspiele statt – es wurden statt der an anderen Feiertagen üblichen 24 Rennen nunmehr 30 Rennen aufgeboten. Die Sol-Invictus-Feier war anscheinend nicht uralter Brauch. Vielmehr scheint der „Chronograph von 354“ der erste Beleg zu sein. Gerade Kaiser Konstantin hatte den Kult des Sol Invictus zunächst besonders gefördert, um sich politisch von der religiösen Ideologie seiner kaiser­lichen Rivalen, die Juppiter und Herkules favorisierten, absetzen zu können. Auf den konstantinischen Münzen spielte der Sonnengott noch bis ca. 323 eine Rolle.

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In der Forschung ist erwogen worden, ob es vielleicht Konstantin war, der beide Feste, das heidnische und das christliche, gleichzeitig einführte. Damit würde sich eine gewisse Parallele zur Einführung des Sonntags ergeben – beide Male hätte Konstantin Feste erfunden, deren exakte Bedeutung offen gehalten werden konnte, um inklusiv zu sein. Zuzutrauen wäre ein solches Kalkül dem hochintelligenten Kaiser, der eine religiös-politische Revolution ins Werk setzte, durchaus. Aber im Bezug auf das Weihnachtsfest ist eine solche Erwägung angesichts der Quellenlage bloße Spekulation. Dass heute das Weihnachtsfest nicht nur ein christliches Fest ist, sondern als eine Art inklusives Volksfest selbst von denjenigen begangen wird, die keine oder nur sehr laue Christen sind, kann man immerhin als eine Spur des verschütteten Festursprungs betrachten.

Von Rom verbreitete sich die Feier der Geburt am 25.12. in den Osten, um 385 hat sie z. B. Antiochien erreicht, in Ägypten muss es irgendwann zwischen 400 und 432 n. Chr. eingeführt worden sein. Im Osten traf sie auf ein Fest, das am 6. Januar begangen wurde und griechisch „epiphaneia“ (= Erscheinung) oder auch „ta phôta“ (=Lichter) genannt wurde. Doch wurde am 6.1. nicht nur die Geburt im Stall von Bethlehem gefeiert, sondern auch die Taufe Jesu sowie z. T. auch die Hochzeit von Kana und die Huldigung durch die Weisen aus dem Morgenland. Wie kam es zu diesem Termin? Bereits im 2. Jahrhundert wurde von einigen Anhängern des christlichen Philosophen Basilides die Taufe Christi mit einer Vigilie in der Nacht vom 5. Januar zum 6. Januar begangen. Aber es ist unklar, ob von diesem Fest eine gerade Linie zum Epiphanienfest in den östlichen Kirchen des 4. Jahrhunderts läuft. Auch im Hinblick auf das Fest des 6.1. wurde gefragt, ob dieses Datum auch für die Heiden ein Feiertag war. Doch hat sich hier kein klares Ergebnis ergeben. Das östliche Epiphanienfest hat sich dann schon im 4. Jahrhundert in den Westen ausgebreitet, nach Gallien, nach Mailand und – wohl erst im 5. Jahrhundert – auch nach Rom.

Winrich Löhr ist seit 2007 Professor für Kirchengeschichte an der Ruperto ­Carola. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen u. a.: Theologiegeschichte des antiken Christentums, Gnosis / Gnostizismus, Politik und Religion in der Antike.


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