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Reif für die Insel?

Professor Gunter Senft plaudert in der Ozeanien AG über seine Feldforschungen

Mehrmals im Semester lädt Professor Jürg Wassmann, Direktor am hiesigen Institut für Ethnologie, Ozeanien-Experten aus aller Welt zu sich nach Hause ein und bietet Studenten auf diese Weise ein Forum, um von den sehr persönlichen Aspekten einer Feldforschung zu erfahren. Diesmal zu Gast: Professor Gunter Senft, der am Max Planck Institut für Psycholinguistik in Nijmegen arbeitet.

Senft erzählte eine Geschichte, an der er sichtlich Spaß hatte. Sie war gespickt mit persönlichen Anekdoten über allerlei Missverständnisse, Fettnäpfchen und Grenzerfahrungen. Schauplatz waren die Trobriand-Inseln in Papua-Neuguinea – Senft blickte zurück auf 23 Jahre Forschung über Sprache und Kultur der Trobriander, die er unter dem Titel „Eine Inselgeschichte“ resümierte.

Untersuchungsgegenstand für Ethnologen: die Trobriand-Inseln in Papua-Neuguinea
Untersuchungsgegenstand für Ethnologen: die Trobriand-Inseln in Papua-Neuguinea.
Foto: Senft

Schonungslos offen bekannte Gunter Senft sich zu anfänglich romantisierenden Klischeevorstellungen über die Exotik der Trobriand-Inseln, inspiriert vor allem von Bronislaw Malinowskis ethnographischem Klassiker „Argonauts of the Western Pacific“ aus dem Jahre 1922.

In seinem Bemühen, Kilivila, die Sprache der Trobriander, vor allem im Bereich der rituellen Kommunikation zu erforschen, habe Senft sich während seines ersten Feldaufenthalts in den Jahren 1982 und 1983 oft benommen wie ein Elefant im Porzellanladen. Jedoch habe er aus seinen Fehlern viel über den Gebrauch der Sprache im kulturellen Kontext gelernt. Senfts „Inselgeschichte“ erzählte auch vom kulturellen und sprachlichen Wandel, der auf den Trobriand-Inseln stattfindet. Traditionelle Kleidung und Schmuck beispielsweise würden nur noch selten getragen. Außerdem sprächen bei öffentlichen Anlässen heute viele Trobiander Englisch, während 1982 nur einige Lehnworte in Umlauf gewesen seien.

Die zunehmende Verbreitung des christlichen Glaubens durch ansässige Missionen betrachtet Senft kritisch. Sie führe dazu, dass das Wissen über Magie immer mehr verloren ginge und damit die Kenntnis der rituellen Sprache. Der Wissenschaftler warnte an dieser Stelle jedoch zugleich vor falschem Romantizismus in Form des Mythos vom „edlen Wilden“, dessen Kulturverlust es zu betrauern gilt. Kultur und Sprache seien dynamische Phänomene. Der Verlust alter, traditioneller Elemente gehe nämlich mit der Entstehung neuer Formen einher. Und dies sei – wie überall sonst – auch auf den Trobriand-Inseln der Fall.

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