Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die "Steigerung der Effizienz durch leistungsbezogene Mittelzuweisung" ist eine wohlbekannte Formel der hochschulpolitischen Diskussion. Vieles wurde vorgeschlagen, vieles probiert und vieles wieder zurückgenommen. Warum also noch einmal darüber reden? Nun – es betrifft auch uns: Seit einem Jahr wird ein Teil der Zuwendungen des Landes auf der Basis so genannter Leistungskennzahlen vergeben; auch für die inneruniversitäre Mittelverteilung schreibt das neue Hochschulgesetz eine Orientierung an Leistungskriterien vor.

Die Universität Heidelberg hat sich schon vor Jahren mit ihrem Reformprojekt "Impulse" dazu verpflichtet, Leistungsindikatoren für Forschung und Lehre zu entwickeln und diese bei der Budgetierung der Institute zu berücksichtigen. Gegenwärtig werden jährlich nahezu acht Millionen Mark für Hilfskraftmittel derart formelgesteuert verteilt. Die aktuelle Diskussion betrifft allerdings die gesamten Budgets inklusive der Personalkosten. Allen an der Diskussion Beteiligten ist bewusst, dass angesichts der Höhe des Personalanteils ein besonders behutsames Vorgehen notwendig ist. Die wichtigen Fragen sind: Was sind die Leistungen der Universität? Wie kann man die Leistung durch Kennzahlen erfassen? Welche Ziele verfolgt man damit?

Betrachten wir diese Fragen am Beispiel "Forschung". Besteht die Leistung darin, ein Labor aufzubauen oder ein Experiment zu entwickeln? Oder ist die Leistung eine Publikation, ein Patent, ein wissenschaftlicher Preis oder die Drittmittelbewilligung? Jeder von uns hat eine eigene Vorstellung davon, was "Leistung" in der Wissenschaft bedeutet. Diese Vorstellungen müssen sich naturgemäß voneinander unterscheiden – messbar zu machen sind sie kaum.

Versuchen wir es stattdessen mit "Symptomen". In allen derzeit praktizierten Verteilungsmodellen ist die Höhe der Drittmittel die wichtigste Kennzahl, um Leistung zu erfassen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Zahl ist relativ einfach und zuverlässig zu ermitteln; die Gewährung von Drittmitteln ist im Allgemeinen das Ergebnis von Begutachtungen. Als Maß für Leistung und Qualität mag diese Kennzahl in einigen Disziplinen aussagekräftig sein – als universelles und fächerübergreifendes Vergleichsmaß ist sie für die Forschung jedoch ungeeignet.

Die Überlegung, wie Kennzahlen auszuwählen und zu bewerten sind, kann nicht unabhängig von der dahinterstehenden Absicht erfolgen. Und das ist der entscheidende Punkt: Was wollen wir erreichen? Bessere Effizienz, mehr Wettbewerb, eine weitere Steigerung der Leistungsmotivation – und damit wieder mehr Drittmittel? Das alleine kann es nicht sein, ist doch die Universität noch immer ein Ort, welcher der Pflege der Wissenschaften verpflichtet ist.

Kreativität und wissenschaftliche Neugier sind nicht durch finanzielle Anreize zu steigern. Die Motivation, neue Forschungsfragen anzugehen und zu lösen, ist vorhanden – man muss uns nicht zum Jagen tragen. Es kann also nur darum gehen, die Ressourcen adäquat zu verteilen, wobei zu bedenken ist, dass die Akquisition und Bearbeitung von Forschungsprojekten Kosten verursacht, die durch Drittmittel nicht gedeckt sind.

Beim Jonglieren mit Zahlen und Formeln darf nicht vergessen werden, dass diese Kennzahl nur einen Teilaspekt berücksichtigt. Die Forschungsleistung in Fächern, bei denen Drittmittel auf Grund von Arbeitsweise und Tradition nur eine untergeordnete Rolle spielen, dürfen nicht abgewertet werden. Auch hier entstehen Kosten. Und auch hier lassen sich Indikatoren für Qualität finden – wenngleich sie nicht ohne Willkür zahlenmäßig zu erfassen sind. Was also entwickelt werden muss, sind ergänzende, nicht kennzahlgesteuerte Mechanismen zur inneruniversitären Mittelverteilung.

Die Arbeitskreise der Universität diskutieren derzeit ein dreistufiges Budgetierungsmodell, das aus einer Basisausstattung, einem kennzahlgesteuerten Anteil und einer verhandlungsgesteuerten Komponente besteht. Wir hoffen, damit eine sachgerechte und ausgewogene Mittelzuweisung gewährleisten zu können, die der Vielfalt unserer Universität Rechnung trägt und der Kreativität ihrer Mitglieder Freiräume schafft.

Ihr
Heinz Horner,
Prorektor

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