Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

"Das Heidelberger Verteilungsmodell der Studiengebühren lebt von einer dezentralen Ressourcenverantwortung und der umfangreichen Partizipation der Studierenden."

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Studiengebühren – ein Thema für das Forschungsmagazin der Universität?

Seit dem Sommersemester 2007 müssen Studierende mit 500 Euro pro Semester einen Beitrag zur Finanzierung ihres Studiums leisten. Der Gesetzgeber hat, abgesehen von zahlreichen Befreiungstatbeständen und der klaren Vorgabe, dass dieses Geld für nichts anderes als zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden darf, wenig geregelt – weder die Frage, welches denn die Maßnahmen seien, die der Verbesserung der Lehre dienen, noch den Verteilungsmodus. Dies öffnet Freiräume der Interpretation, und die Lösungen, die die Universitäten gefunden haben, sind so unterschiedlich wie die Standorte selbst.

Das Heidelberger Verteilungsmodell, von einer Senatskommission erarbeitet, lebt von zwei Grundsätzen – zum einen der dezentralen Ressourcenverantwortung und zum anderen der umfangreichen Partizipation der Studierenden an den Entscheidungen, die weit über die übliche Präsenz in den universitären Gremien hinausgeht. Nur etwa fünf Prozent der Mittel werden zentral und im Wettbewerb vergeben; alles andere fließt, nach Abzug einer geringen Summe für die Administration, an die Fächer, das heißt an die Einheiten, die einen Studiengang verantworten. Das kann, wie im Falle der Juristen, eine ganze Fakultät sein, aber auch ein kleines Fach in einer großen, heterogenen Fakultät wie etwa die Ägyptologie in der Philosophischen Fakultät. Die Empfehlungen, wofür die Mittel ausgegeben werden sollen, werden von Kommissionen der Fächer ausgearbeitet, die mehrheitlich mit Studierenden, dazu Professoren und Vertreter des Mittelbaus, besetzt sind und ihre Beschlüsse mit Zweidrittelmehrheit fassen müssen; diese Empfehlungen treten dann den gesetzlich vorgeschriebenen Weg durch die Entscheidungsgremien an.

Es zeigt sich schon jetzt, nach der ersten Vergaberunde, wie groß das kreative Potenzial dieses dezentralen Verteilungsmodells ist. So unterschiedlich die Studiengänge, so verschieden die Bedürfnisse hinsichtlich der Verbesserung der Lehre vor Ort: Von Mikroskopen (Biologie) über Lehraufträge, Tutorien und erweiterte Bibliotheksöffnungszeiten (überall) bis hin zu Exkursionen (Ethnologie) reicht die Palette der vorgeschlagenen (und genehmigten) Maßnahmen. Darüber hinaus erweisen sich die Studienbeiträge als ein nicht unerhebliches Programm zur Förderung der regionalen Wirtschaft und als eine bemerkenswerte inneruniversitäre Jobmaschine – zahlreiche Studierende holen sich ihre Studienbeiträge mit "work on campus", mit HiWi- oder Tutorenverträgen gleichsam zurück.

Fragen wie etwa solche, wo die Grenze zwischen Lehrbuch (erlaubt) und Forschungsliteratur (verboten?) zu ziehen sei, ob ein "Beamer" zur Grundausstattung gehört (verboten) oder der Verbesserung der Lehre dient (erlaubt?), müssen in naher Zukunft und mit den wachsenden Erfahrungen diskutiert werden. Auch hierbei wird das dezentrale Verteilungsmodell seine Stärken zeigen können, denn was dem Naturwissenschaftler frommt, mag dem Geisteswissenschaftler wenig einleuchtend erscheinen – und umgekehrt. Fingerspitzengefühl und Verantwortung, aber auch Kontrolle und Evaluation sind dabei in hohem Maße gefordert, und das nicht nur, weil eine allzu dogmatische Trennung von Forschung und Lehre der Idee der Universität widerspricht – und deshalb sind auch die Studienbeiträge ein Thema für ein Forschungsmagazin.

Ihre
Silke Leopold, Prorektorin
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