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Der Romantiker unter den Philologen

9. Februar 2008

Der bedeutende Heidelberger Philologe Georg Friedrich Creuzer starb vor 150 Jahren

Georg Friedrich Creuzer, der in Fortsetzung der philologischen sowie archäologischen Tradition Heidelbergs als Forscher, Lehrer und Autor europäische Bekanntheit erlangte, stand der Romantik nahe und war als Gelehrtengröße eher spekulativ als kritisch orientiert. Das wird in seinen Hauptwerken "Die historische Kunst der Griechen" und vor allem in "Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen" deutlich. Seine "Symbolik", die ihm den Beinamen "Symboliker" eintrug und seinen Ruf als Romantiker unter den Philologen festigte, begründete einerseits die Mythologie als Wissenschaft und trug ihm über seinen Tod vor 150 Jahren hinaus internationalen Ruhm ein.

Selbst Johann Wolfgang von Goethe und Wilhelm von Humboldt sparten nicht mit Lob. Andererseits löste er mit diesem epochalen Werk für die vergleichende Religionsforschung einen langwierigen Gelehrtenstreit aus, bei dem kein Geringerer als Johann Heinrich Voß zum Hauptgegner avancierte. Dazu spielte er beim spektakulären Freitod der Dichterin Karoline von Günderode eine umstrittene Rolle, die seinen Ruf ankratzte.

Georg Friedrich Creuzer galt als grundhässlich und war häufig krank

Creuzer wurde 1771 in Marburg an der Lahn geboren. Sein Vater fungierte als Steuereinnehmer und Buchbinder. Seine Mutter war die Tochter des Rektors der Lateinschule in Allendorf. Nach dem frühen Tod des Vaters bestimmte seine Mutter für ihn eine theologische Lauf- bahn. Das entsprechende Studium begann er 1789 in Marburg, ehe er ein Jahr später nach Jena wechselte. Creuzer wohnte hier im Hause des Aufklärungstheologen Johann Jakob Griesbach, der ihm die Bekanntschaft der Jenaer Geistesgrößen ermöglichte. Das Griesbach-Haus ist als ein geistiges Zentrum der Goethezeit und zweites Zuhause Schillers überliefert.

Da wundert es nicht, dass Creuzer das Schwergewicht seiner Vorlesungsbesuche bald auf die Philologie und Literaturgeschichte verlagerte. Dabei gab es auch den ersten Kontakt zur Romantik und namentlich zu Friedrich Ludwig von Hardenberg, der unter dem Namen Novalis berühmt wurde und ab 1790 ebenfalls in Jena studierte. Nach seiner Rückkehr nach Marburg nahm sich kein Geringerer als Friedrich Karl von Savigny seiner an.

Der herausragende Jurist bestärkte ihn in der neuen geistigen Orientierung und vermittelte ihm nach der Promotion sowie Habilitation zunächst eine Professur für die griechische Sprache. Zuvor hatte Creuzer, der als grundhässlich und häufig kränkelnd überliefert ist, die um 13 Jahre ältere Professorenwitwe des Marburger Kameralisten Nathanael Gottfried Leske geheiratet.

1804 wurde er nach seinem ersten Hauptwerk "Über die historische Kunst der Griechen" als Professor der Philologie und Alten Geschichte nach Heidelberg berufen. Creuzer fand schnell Anschluss an den streitbaren Romantikerkreis um Achim von Arnim, Clemens Brentano sowie Joseph Görres und übernahm für sich manche Impulse aus diesem Kreis, besonders von Görres. Er lernte dabei auch die aufstrebende Dichterin Karoline von Günderode kennen, die sich selbst "Begierden wie ein Mann zuschrieb", mit ihren Gedichten Goethe verblüffte und Brentano mit Neid erfüllte.

Seine Geliebte Karoline von Günderode nahm sich nach der Trennung das Leben

Der Professor war von ihr als "Weib fasziniert" und stand ihr in der Folge als sprachkundiger Berater zur Seite. Bald schwebte ihm ein Zusammenleben zu dritt vor, denn auf die konventionelle Versorgung durch seine Frau wollte er nicht verzichten. Angesichts von Briefstellen mit "Lina, Lina, wie lieb ich dich..." war die entflammte und zuvor bereits enttäuschte Dichterin zu allem bereit. Doch nach einer neuerlichen schweren Erkrankung und der Pflege durch seine Frau schwor Creuzer, das Verhältnis zur Günderode zu lösen. Das Leben sollte die Liebe bestimmen und nicht umgekehrt. Sein Lossagungsbrief traf die Poetin unvorbereitet in Winkel am Rhein, wo sie sich am 26. Juni 1806 per Dolchstich ins Herz tötete. Die Umwelt war geschockt. Creuzer verhinderte mit Macht den Druck ihres letzten Buches "Melete", das die Liebe des Paares offenbart hätte.

Der Professor wechselte für einige Monate nach Leiden, bis Gras über die Geschichte gewachsen war, kehrte in sein Heidelberger Lehramt zurück, war in der Folge unermüdlich als Autor tätig, glänzte in den "Heidelberger Jahrbüchern der Literatur" und schuf schließlich seine "Symbolik". Seine Vorlesungen waren lange "die besuchtesten der Universität". Seine Studenten kamen aus vielen Ländern. Er war in England, Frankreich und den Niederlanden ebenso wie in Deutschland bekannt. Allein der ausufernde Gelehrtenstreit um sein Werk "Symbolik" verdüsterte seinen Erfolgsalltag. Creuzer, der nach dem Tod seiner ersten Frau in zweiter Ehe mit der Witwe des Privatdozenten Karl Josef Weber verheiratet war, starb am 16. Februar 1858 in Heidelberg, wo er über Jahrzehnte zu den Hauptrepräsentanten des Geisteslebens gehörte.
Martin Stolzenau
© Rhein-Neckar-Zeitung

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