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Schwimmfix: Alle Grundschulkinder sollen schwimmen können

3. Juli 2007

Schulschwimm-Konzept des Instituts für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg startet zum Schuljahr 2007/2008


Manfred Lautenschläger initiiert und unterstützt das innovative Schwimmfix-Konzept vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg (ISSW). Ziel ist es, dass in Heidelberg alle Kinder nach der vierten Klasse "in einer Schwimmart sicher schwimmen können" – wie vom Bildungsplan gefordert. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport erprobt das Schwimmfix-Projekt, das landesweit Schule machen soll, im Schuljahr 2007/2008 an acht Pilotschulen in Baden-Württemberg.

Kein Spaß im Nass: 35 Prozent unserer Kinder sind Nichtschwimmer

Untersuchungen der DLRG LV Nordrhein e. V. zufolge können 35 Prozent der Kinder nach der vierten Klasse nicht schwimmen, obwohl der Bildungsplan des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport (2004) für das Ende der Grundschule eindeutig eine hinreichend ausgebildete Schwimmkompetenz fordert. Die Kinder sollen nicht nur "in einer Schwimmart sicher schwimmen", sondern noch eine "weitere Schwimmart kennen", so der Bildungsplan. Laut Statistik der DLRG sind im vergangenen Jahr in Deutschland 606 Menschen ertrunken, 27 Prozent mehr als 2005 (477). "Für eine moderne, hoch entwickelte Gesellschaft ist diese Bilanz nicht akzeptabel. Wenn wir die Opferzahlen nachhaltig senken wollen, müssen alle Beteiligten ... noch viele Hausaufgaben erledigen. Wir brauchen ... eine verbesserte Schwimmfähigkeit der nachwachsenden Generation", fordert beispielsweise auch DLRG-Präsident Dr. Klaus Wilkens.
 
Die Forderung eines flächendeckenden und erfolgreichen Schwimmunterrichts hat mehrere gute Gründe: 

  • Sicherheitsaspekt:
    Die hohe Zahl der Nichtschwimmer birgt ein großes Gefahrenpotenzial.
  • Gesundheitsaspekt :
    Schwimmen zählt zu den anerkannt gesunden Bewegungsaktivitäten, die – wenn sie frühzeitig erlernt werden – problemlos bis ins hohe Alter ausgeübt werden können. Für übergewichtige Schüler ist Bewegung im Wasser ideal, denn der statische Auftrieb entlastet die Gelenke, und der Strömungswiderstand "frisst" die Kalorien, das heißt, Schwimmen ist für diese Schüler die beste Einsteigersportart.
  • Sozialer Aspekt:
    Schüler, die nicht schwimmen können, werden im Sommer ausgegrenzt, wenn die Freunde im Schwimmbad spielen oder schwimmen.
  • Emotionaler Aspekt:
    Ins Wasser springen, im Wasser spielen, im Wasser schwimmen steigert das Selbstwertgefühl und vermittelt Wohlbefinden.
  • Motorischer Aspekt:
    Schwimmfertigkeiten zählen zu unverzichtbaren Bestandteilen einer umfassenden motorischen Entwicklung.

Kooperation von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft

Manfred Lautenschläger – als langjähriger engagierter Förderer des Kinder- und Jugendsports in der Metropolregion – hat auf die aktuell sehr unbefriedigende Situation reagiert. Er hat sich verpflichtet, das Schwimmfix-Konzept des ISSW in Heidelberg, bei dem gezielt Schülerinnen und Schüler der zweiten Klasse angesprochen werden, für zunächst drei Jahre zu finanzieren. Dieses Heidelberger Pilotprojekt, das auch vom Land Baden-Württemberg unterstützt wird, soll dazu beitragen, dass die Quote derjenigen Kinder, die nicht schwimmen können, schon mittelfristig deutlich gesenkt wird. "Kinder, die nicht schwimmen können, sind logischerweise gefährdet. Wir stehen in der gesellschaftlichen Verantwortung, uns für das Schulschwimmen zu engagieren. Schwimmen lernen ist ein Grundrecht für alle Kinder", so Manfred Lautenschläger.

Dr. Klaus Reischle vom Institut für Sport und Sportwissenschaft hat bereits im Jahr 2000 einen zweistufigen Aktionsplan entwickelt. Dieser soll nun in Verbindung mit den Erfahrungen des international bekannten Experten im Bereich Kindersport, Professor Dr. Klaus Roth, für die notwendige Verbesserung der Situation sorgen. Klare und vorrangige Zielstellung ist es, die Vorgaben des baden-württembergischen Bildungsplanes zu erfüllen.

Langfristig angelegter Plan
 
Ausgangspunkt für die Überlegungen des Schwimmfix-Konzepts ist, das unzureichende Lehrer-Schüler-Verhältnis und die ungenügende Lerndichte durch organisatorische Maßnahmen zu verbessern. In der Regel unterrichten zwei Lehrer 30 Schüler – mit bis zu 50 Prozent Nichtschwimmern - einmal pro Woche. Dieser Schwimmunterricht ist ineffizient. Eine Quote von 35 Prozent Nichtschwimmern spricht eine deutliche Sprache. Sie zeigt, dass mit dem traditionellen Klassenunterricht die Vorgaben des Bildungsplanes nicht zu realisieren sind. Speziell beim Schwimmunterricht der Grundschulen sind ein günstiges Lehrer-Schüler-Verhältnis und eine höhere Lerndichte entscheidend.

Vor diesem Hintergrund hat das ISSW 2004 begonnen, das Lehrer-Schüler-Verhältnis beim Schwimmunterricht zu verbessern. Den Fachlehrern der Schwimmklassen an Heidelberger Grundschulen wurden studentische Lehrassistenten zugeordnet. Schon diese Maßnahme brachte Erfolge. So konnte der Nichtschwimmeranteil an den teilnehmenden Schulen deutlich reduziert werden. Trotz der positiven Effekte waren mit dieser Maßnahme allein die Vorgaben des Bildungsplans, dass alle Kinder nach der vierten Klasse "in einer Schwimmart sicher schwimmen können", nicht zu erfüllen.

Schwimmfix als neuartiger systematischer Ansatz

Aufbauend auf den ersten Erfahrungen wollen Manfred Lautenschläger und die Projektleiter mit dem Schwimmfix-Konzept nun neue Maßstäbe setzen. Durch eine systematische und langfristig angelegte Unterstützung soll den Schulen nachhaltig geholfen werden. "Das Grundrecht des Schwimmen lernens für alle Kinder werden wir nur dann erreichen können, wenn neben der Verbesserung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses das Zeitproblem gelöst wird, also die Kinder häufiger als nur einmal pro Woche Schwimmunterricht erhalten", so Dr. Klaus Reischle.

Die Eckpunkte des Schwimmfix-Konzepts sind:

  • Es wird den Schulen empfohlen, in der Klassenstufe 2 nur die Nichtschwimmer im Schwimmunterricht zu unterrichten.
  • Der Schwimmunterricht (nur Nichtschwimmer!) wird als Ergänzungsunterricht unmittelbar nach dem regulären Schulunterricht am Vormittag organisiert (=äußere Differenzierung des Unterrichts).
  • Die Schüler werden von der Schule abgeholt und nach dem Unterricht wieder zur Schule befördert.
  • Das Lehrer-Schüler-Verhältnis beträgt 1:4, maximal 1:5, wobei dem jeweiligen Fachlehrer studentische Lehrassistenten zur Seite gestellt werden.
  • Der Schwimmunterricht findet dreimal pro Woche statt.
  • Im "Schwimmfix"-Ergänzungsunterricht werden Schwimmer und Nichtschwimmer nicht mehr simultan im Klassenverband unterrichtet sondern die Nichtschwimmer werden sukzessive im Schuljahr in Unterrichtsblöcken – mit 20 Unterrichtseinheiten je Block – unterrichtet
  • Zielstellung ist es, dass alle Teilnehmer des jeweiligen "Schwimmfix"-Ergänzungsunterrichts nach 20 Unterrichtseinheiten schwimmen können.

Viel Spaß im Nass

Durch die Unterstützung von Manfred Lautenschläger können die studentischen Lehrassistenten und die Schülerbeförderung über einen Zeitraum von zunächst drei Jahren finanziert werden. Aus "kein Spaß im Nass!" wird somit für viele Kinder zukünftig – gemäß dem Motto "Schwimmkids durch Schwimmfix" - "viel Spaß im Nass!" werden.

Das Schwimmfix-Projekt wird vom Institut für Sport und Sportwissenschaft in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule, dem Ministerium für Jugend, Kultus und Sport, dem Amt für Schulaufsicht und Schulentwicklung, dem Sportamt der Stadt Heidelberg, den Stadtwerken und dem Schulverwaltungsamt durchgeführt.

Ansprechpartner:
Dr. Klaus Reischle, Prof. Dr. Klaus Roth       
Institut für Sport und Sportwissenschaft       
Im Neuenheimer Feld 720               
69120 Heidelberg
Tel. 06221 544689 oder 544642       
klaus.reischle@issw.uni-heidelberg.de
klaus.roth@issw.uni-heidelberg.de

Rückfragen von Journalisten bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
06221/542310, fax: 54317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

Irene Thewalt
06221/542310, fax: 542317
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