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Der Austausch soll nicht einseitig sein

2 Juli 2007

Prof. Michael Grunze vom Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg pflegt Kontakte zu Wissenschaftlern in aller Welt


 
Foto: privat
Die Erforschung chemisch-physikalischer Eigenschaften von Oberflächen gehört zu den Schwerpunkten seiner Arbeit und mündet nicht selten in nützlichen Anwendungen – so beispielsweise bei der Entwicklung neuer, für den menschlichen Körper noch besser verträglicher „Stents“, also kleiner Röhrchen, die helfen, Blutbahnen bei verengten Herzkranzgefäßen wieder zu erweitern. Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus aller Welt hat Professor Michael Grunze dabei schon immer gepflegt – sei es in Nordamerika, in Europa oder Asien. 2003 erhielt er den Max-Planck-Forschungspreis für Internationale Kooperation. Hier ein Interview mit dem Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Physikalische Chemie der Universität Heidelberg.

Herr Grunze, welche internationalen Projekte stehen bei Ihnen aktuell auf der Tagesordnung?

Grunze: Da gibt es mehrere. Ein großes EU-Projekt, bei dem wir dabei sind, ist AMBIO. Das entsprechende Pendant in den USA, mit dem wir ebenfalls zusammenarbeiten, wird vom Office of Naval Research gefördert. Ziel ist es, nicht-verschmutzende Oberflächen gezielt für den Einsatz in Salzwasser zu entwickeln. Der Hintergrund ist folgender: Momentan sind Anstriche, die unter Wasser verwendet werden, noch toxisch. Die Gesetzgebung sieht nun aber vor, dass im nächsten Jahrzehnt solche Anstriche sowohl in Europa wie auch in den USA nicht mehr zugelassen werden. Wir versuchen daher, neue Oberflächen oder Beschichtungen zu entwickeln, die nicht toxisch sind, zugleich jedoch den Besatz durch Algen, Muscheln oder bestimmte Bakterien verhindern. Heidelberger Studenten, die in dem Projekt arbeiten – und aus Deutschland, den USA und China kommen –, fahren regelmäßig mit ihren neuen Beschichtungen zu unseren Kooperationspartnern aus der Meeresbiologie nach England und Holland, um sie dort zu testen und nehmen an den regelmäßigen Verbundtreffen in Europa oder den USA teil.

Vor ein paar Jahren haben Sie den Aufbau eines neuen Instituts für Biophysik am Jackson Laboratory in Bar Harbor, Maine, mit angestoßen. Was hat es damit auf sich?

Grunze: Das ist ein Projekt im biomedizinischen Bereich, an dem beispielsweise auch Professor Spatz und Professor Christoph Cremer vom hiesigen Kirchhoff-Institut für Physik mit beteiligt sind. Das Jackson Laboratory ist bekanntlich die Adresse in der Welt für die Züchtung von Mäusen im Bereich biomedizinische Forschung. Durch die Kooperation haben wir Zugang zu einer Vielzahl von Phenotypen – Tiere, die bestimmte Krankheiten bekommen oder dagegen resistent sind –, mit denen die Heidelberger Arbeitsgruppen dann in Kooperation mit unseren Kollegen aus der Biologie biophysikalische Untersuchungen machen. Ein großer Gewinn sind die gegenseitigen Forschungsaufenthalte und Besuche der Studenten und Mitarbeiter. Finanziert wird das „Institute for Molecular Biophysics“ komplett aus Drittmitteln, vorwiegend durch die Unterstützung der amerikanischen National Science Foundation und der Keck Foundation. Momentan denken wir daran, es zu einem internationalen Institut für hoch auflösende Mikroskopie auszubauen. Machbar ist das, aber auch sehr zeitaufwendig.

Verfolgen Sie eigentlich bei Ihren internationalen Kooperationen eine bestimmte Strategie?

Grunze: Bei allen Kooperationen steht im Vordergrund, das eigene Wissen und die wissenschaftlichen Methoden zu ergänzen, um Zusammenhänge besser zu verstehen, um Probleme zu lösen und Studenten und Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, frühzeitig internationale Kontakte zu knüpfen. Dass wir im biomedizinischen Bereich sehr viel mit Forschern aus aller Welt zusammenarbeiten, lag im Übrigen auch ein wenig daran, dass die Angewandte Physikalische Chemie in Heidelberg noch vor rund zehn Jahren Schwierigkeiten hatte, Kooperationspartner aus den Biowissenschaften vor Ort zu finden. Das hat sich allerdings in den letzten fünf bis sechs Jahren ganz wesentlich geändert.

Abgesehen vom wissenschaftlichen Output, worin liegt der besondere Reiz bei der Zusammenarbeit mit Forschern aus aller Welt?

Grunze: Was auf jeden Fall beeindruckend ist und wobei man viel lernen kann, ist, wie wissenschaftliche Probleme oder organisatorische Dinge in anderen Ländern angegangen werden. Jedes Land, jede andere Universität verhilft einem zu neuen Erfahrungen. Hinzu kommen Freundschaften, die man nicht missen möchte. Und im Übrigen ist es mir auch wichtig, Kollegen und Studenten zugleich nach Heidelberg für kürzere oder längere Zeit einzuladen. Denn der Austausch soll ja nicht einseitig sein.
Oliver Fink

Info: Michael Grunze, Jahrgang 1947, studierte Chemie an der FU Berlin, wo er sich 1980 habilitierte. Weitere Stationen seiner wissenschaftlichen Laufbahn waren das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin sowie die University of Maine in den USA. Seit 1987 lehrt er in Heidelberg an der Ruperto Carola.

Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz, Pressesprecher der Universität Heidelberg
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

Irene Thewalt
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Seitenbearbeiter: Email
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