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Der Reuchlin-Briefwechsel – Spiegel des Kampfes zwischen Inquisition und Humanismus

6. Februar 2007

Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Stadt Pforzheim präsentieren Band 3 des Briefwechsels – "Diese Schriften zählen zu den wichtigsten Zeugnisse des europäischen Humanismus"


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Das Buch "De arte cabbalistica" erschien im Jahre 1517 und wurde im elsässischen Hagenau gedruckt. Es zeigt das Familienwappen der Reuchlins.
Quelle: Verlag Frommann-Holzboog

Am 15. Februar präsentiert die Heidelberger Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit der Stadt Pforzheim den 3. Band des Briefwechsels von Johannes Reuchlin. Er wird im Beisein von Bürgermeister Gert Hager, Kulturamtsleiterin Dr. Isabel Greschat, des Leiters der Reuchlin-Forschungsstelle Prof. Dr. Wilhelm Kühlmann, des Verlegers Eckhart Holzboog und den beiden Mitarbeitern der Forschungsstelle, Dr. Gerald Dörner und Matthias Dall'Asta im Seminarraum (1. OG) des Reuchlinhauses Pforzheim, Jahnstraße 42, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der Band enthält rund 90 Briefe aus den Jahren 1514 bis 1517. "Diese Schreiben zählen zweifelsohne zu den wichtigsten Zeugnisse des europäischen Humanismus", so Dr. Gerald Dörner von der Pforzheimer Forschungsstelle. "Sie liefern uns sehr gute Einblicke in das Denken jener Epoche wie auch in die Machtkämpfe zwischen einem noch der mittelalterlichen Scholastik verpflichteten Lager und dem Lager der deutschen Humanisten."

Als Humanist stand Reuchlin auf der Höhe seines Ruhmes, als 1511 mit der Publikation seines "Augenspiegel" der sogenannte Judenbücherstreit ausbrach. Dieses Buch enthält die Verteidigung eines im Oktober 1510 für Kaiser Maximilian I. erstellten Gutachtens, in dem sich Reuchlin dezidiert gegen die Konfiskation und drohende Vernichtung der jüdischen Literatur ausspricht. Durch sein Gutachten zog sich Reuchlin den erbitterten Haß des Konvertiten Johannes Pfefferkorn und die Feindschaft der Theologen der Kölner Universität zu. Der Kölner Dominikanerprior und Inquisitor Jakob Hoogstraeten, der den "Augenspiegel" 1513 nicht rechtskräftig als häretisch hatte brandmarken können, sorgte 1514 für die Verlagerung des diesbezüglichen Prozesses an die römische Kurie, wo dann erst 1520 ein abschließendes Urteil erging. Da Reuchlin sich – anders als sein Widersacher Hoogstraeten – aus Altersgründen nicht selbst nach Rom begeben wollte, musste er sich dort durch Anwälte, Mittelsmänner und einflussreiche Fürsprecher vertreten lassen.

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Ein Glasfenster im alten Reuchlinmuseum zeigte das Konterfei des Humanisten. Das Kunstwerk des berühmten Glasmalers Fritz Geiges wurde im Februar 1945 zusammen mit dem Museum beim großen Bombenangriff auf Pforzheim zerstört.
Quelle: Verlag Frommann-Holzboog

Dieser historische Hintergrund macht deutlich, warum ein Großteil von Reuchlins Briefen der Jahre 1514 bis 1517 an in Rom lebende Juristen und Theologen gerichtet ist, unter denen sich so illustre Gestalten wie Egidio da Viterbo oder Papst Leo X. befanden. Die 16 erhaltenen Briefe, die Reuchlin in dieser Zeit aus Rom empfing, zeichnen ein lebhaftes Bild von den Zuständen an der römischen Kurie am Vorabend der Reformation. Der neue Briefband enthält aber auch zahlreiche Schreiben nordeuropäischer Humanisten wie Erasmus von Rotterdam, Jacques Lefèvre d'Etaples oder Richard Croke. Das breite Themenspektrum reicht dabei von den Höhen der jüdischen Kabbala und griechischen Philosophie über juristische Winkelzüge bis in die Niederungen des Kölner Stadtklatsches.

Die Stadt Pforzheim engagiert sich seit vielen Jahren für die Vermittlung und wissenschaftliche Bearbeitung des Denkens und Wirkens ihres berühmtesten Sohnes. Neben dem in zweijährigem Turnus vergebenen Reuchlinpreis für hervorragende geisteswissenschaftliche Leistungen und dem regelmäßig stattfindenden Reuchlinkongress ist die Edition des Briefwechsels ein zentrales Anliegen der Stadt. Die vorliegende Ausgabe ist auf einen transdisziplinären wissenschaftlichen Benutzerkreis ausgerichtet und für Klassische Philologen, Hebraisten, Germanisten, Kultur-, Landes- und Rechtshistoriker, Theologen und Philosophen gleichermaßen von Interesse.


Datum: 15. Februar 2007
Uhrzeit: 11 Uhr
Ort: Forschungsstelle Seminarraum (1.OG) des Reuchlinhauses, Jahnstraße 42, 75173 Pforzheim.
Die Veranstaltung ist öffentlich.

(Johannes Reuchlin: Briefwechsel. Bd. 3: 1514-1517, hrsg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit der Stadt Pforzheim, bearb. von Matthias Dall'Asta und Gerald Dörner, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 2007, Preis 128 Euro, ISBN 978-3-7728-1985-8.)



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sowie
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Fax: 07231/39 33 64
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