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Eine der rätselhaftesten Gestalten der Geistesgeschichte

2. Januar 2007

Ein fiktiver Ägypter mit großer Tradition: Florian Ebeling vom Seminar für Ägyptologie der Universität Heidelberg zum Thema "Das Geheimnis des Hermes Trismegistos. Geschichte des Hermetismus"


Hermes Trismegistos ist eine der rätselhaftesten Gestalten der Geistesgeschichte. Denn der legendäre weise Ägypter gilt seit der Antike als Autor einer Reihe von mystischen und magischen Schriften. Doch hat er niemals existiert. Denn Hermes Trismegistos ist eine fiktive Gestalt, die aus der Verschmelzung zweier sehr unterschiedlicher Götter entstand – des ägyptischen Gottes Thot und des griechischen Hermes. Dessen ungeachtet dauert die in der Antike begonnene Geschichte des so genannten Hermetismus bis heute an. Philosophen der Renaissance feierten Hermes Trismegistos – den ‚drei Mal größten Hermes', so die Übertragung des Namens – als Begründer der Philosophie. Die Freimaurer machten ihn zu ihrem Ahnherrn, während Aufklärer in seinem Namen für religiöse Toleranz kämpften.

Darüber hinaus ist er bis in unsere Gegenwart spürbar – als eine der Zentralfiguren der Esoterik wie auch im alltäglichen Sprachgebrauch, wie Florian Ebeling in seinem Buch "Das Geheimnis des Hermes Trismegistos" erklärt: "Alltagssprachlich versteht man unter ‚hermetisch' etwas, das fest verschlossen ist, aus dem nichts herauskommen und in das auch von außen nichts eindringen kann. Sprache oder Texte sind dann ‚hermetisch', wenn sie zunächst unverständlich sind. Obwohl die alltagssprachliche Verwendung des Begriffs sicherlich aus dem Geheimhaltungsethos, das in zahlreichen hermetischen Schriften zum Gegenstand wird, abgeleitet ist, gebraucht der Zeitgenosse diesen Terminus meist ohne Rekurs auf Hermes Trismegistos und die ihm zugeschriebenen Schriften."

Und derer gibt es nicht wenige, wie Ebelings interessantes Buch beweist, in dem der Autor einen allgemeinverständlichen – wenn auch anspruchsvollen – Überblick über das "Corpus Hermeticum" bietet. Damit ebnet der am Seminar für Ägyptologie der Universität Heidelberg tätige Wissenschafter dem Leser einen ebenso vernünftigen wie gangbaren Weg zu einem verwirrend erscheinenden Thema, wird doch der Begriff des "Hermetismus" bei genauerer Betrachtung immer unverständlicher. Denn wo manche Autoren unter dem Hermetismus lediglich die Geschichte der Alchemie verstehen, finden zahlreiche Esoteriker oder Okkultisten ein reiches Feld fragwürdiger Theorien, welche die hermetische Lehre als eine Lehre der übergeordneten Naturgesetze ansehen, was die Hermetik – die man nicht mit der Hermeneutik, der Wissenschaft vom Verstehen, verwechseln darf – außerhalb der Naturwissenschaften positioniert. Zugleich bietet die Hermetik nach Meinung mancher Anhänger gar die Möglichkeit, Vorhersagen zur Zukunft zu liefern sowie mit Magie die Wirklichkeit verändern zu können.

Hier eine klare Linie zu finden, um sich dem Hermetismus auf seriöse Weise zu nähern, war sicherlich kein leichtes Unterfangen. Und doch gelang dem Autor – der zunächst eine Grenze festlegte und lediglich Schriften, die explizit der Figur des Hermes Trismegistos zugeschrieben werden, in Betracht zog – eine fundierte Geschichte des Hermetismus. Somit bietet Ebeling einen guten Überblick über das "Corpus Hermeticum", bei dem er die verschiedenen Schriften vorstellt und der Rezeptionsgeschichte des hermetischen Schrifttums von der Antike über die Renaissance und die Aufklärung bis zur Gegenwart nachgeht. Erstmals steht somit eine wissenschaftliche und von jeglichen Mystifizierungen freie Einführung in die Geschichte des Hermetismus zur Verfügung, was einen interessanten Blick auf eine der rätselhaftesten Gestalten der Geistesgeschichte erlaubt.

wac.
Rhein-Neckar-Zeitung

 

Info: Florian Ebeling: "Das Geheimnis des Hermes Trismegistos. Geschichte des Hermetismus". C. H. Beck Verlag München. 214 S., 8 Abb., 12,90 Euro.



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