Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Johannes Eurich
„Diakonische Organisationen in der Sozialwirtschaft“
Am 13.11.2009 fand die Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Johannes Eurich, der seit Frühjahr Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts ist, statt. Über 200 Gäste aus Wissenschaft, Diakonie und Kirche waren in die Alten Aula der Universität Heidelberg gekommen, um den Vortrag zum Thema „Diakonische Organisationen in der Sozialwirtschaft“ zu hören.
Zuvor wiesen namhafte Vertreter der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, der Theologischen Fakultät, des Diakonischen Werkes der EKD sowie der europäischen Partnerhochschulen auf die bisherige und zukünftige Tragfähigkeit zentraler Säulen der Arbeit des Diakoniewissenschaftlichen Instituts hin.
Prorektor Prof. Dr. Karlheinz Sonntag überbrachte die Grüße der Universität und zeigte sich auch als Mitglied der Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften, mit der das DWI unter anderem in einem gemeinsamen Promotionsstudiengang kooperiert, über die Berufung von Prof. Eurich erfreut.
Der Dekan der Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Jan Christian Gertz, begrüßte das neue Fakultätsmitglied und brachte die Freude über den zügigen und erfolgreichen Abschluss des Berufungsverfahrens im Fach Praktische Theologie/Diakoniewissenschaft zum Ausdruck.
Die vermutlich weiteste Anreise hatte Prof. Dr. Trygve Wyler auf sich genommen, um als Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Oslo stellvertretend Grüße der skandinavischen Partnerinstitute zu überbringen. Er würdigte die federführende Rolle des Heidelberger Institutes bei der Etablierung eines europäischen diakoniewissenschaftlichen Forschungsnetzwerkes, aus dem auch der neue gemeinsame Studiengang „Diakonie – Führungsverantwortung in christlich-sozialer Praxis“ entstanden sei. Eine zukunftsweisende Zusammenarbeit findet auch im Rahmen der gemeinsamen Herausgeberschaft der neuen internationalen wissenschaftlichen Zeitschrift Diaconia statt.
Von diesem Hintergrund ausgehend untersuchte Prof. Eurich die Vermittlung ökonomischer Steuerungslogik mit theologischen Grundlagen. Wie können theologische Begründungsfiguren über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus so in moderne Organisationsprozesse eingespeist werden, dass sie auch unter dem vorherrschenden Paradigma der ökonomischen Leistungskriterien von Effizienz, Output und Outcome steuerungsrelevante Impulse setzen können? In der Auseinandersetzung mit den gängigen Diakonie-Management-Modellen, welche die Werteorientierung größtenteils als normatives Management fassen und die Integration christlicher Werte in die normative Grundlage der Organisation anstreben, wies Prof. Eurich darauf hin, dass dabei der Wertbegriff selbst theologisch nicht hinreichend reflektiert werde. Fraglich sei weiterhin, ob Werte für die dafür notwendigen konsensuellen Verfahren geeignet sind und so einfach geändert oder angepasst werden können.
Daher legt es sich nach Eurich nahe, grundsätzlicher bei zentralen Denkfiguren ökonomischer Rationalität anzusetzen und theologische Anschlusspunkte zu markieren. Zu beachten seien dabei die sozialwirtschaftlichen Besonderheiten, durch die die Interaktion zwischen Professionellen und Kunden gekennzeichnet sind. Um diese besser zu erfassen, werde in der Neuen Institutionenökonomik u.a. auf die Agency Theory zurückgegriffen. Dieser – im Deutschen als Agenturtheorie – bekannte Ansatz stelle für die Analyse personenbezogener sozialer Dienstleistungen, die ja den Hauptteil der Dienstleistungen diakonischer Träger ausmachen, ein unverzichtbares Analyse-Instrument dar. Eurich zeigte auf, wie an diesen Ansatz theologisch angeknüpft werden kann und was die Stärken und das entscheidende Dilemma dieses Ansatzes sind. Den Abschluss bildeten praktische Überlegungen zur Integration theologischer Grundlagen in eine diakonische Einrichtung. Die Antrittsvorlesung wird in 2010 als wissenschaftlicher Aufsatz veröffentlicht werden.
Im Anschluss an die Veranstaltung in der Alten Aula fand ein Empfang in der Bel Etage statt, bei der die zahlreichen Gäste die Gelegenheit nutzen, mit Prof. Eurich ins Gespräch zu kommen. Für viele ehemalige Studierende und Mitarbeitende des DWI war dies zudem eine willkommene Gelegenheit des Wiedersehens.
- Bildergalerie mit Fotos der Antrittsvorlesung in der Alten Aula
- Bildergalerie mit Fotos vom anschließenden Empfang in der Bel Etage