Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

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Geht es den Studierenden besser als vor 20 Jahren?

Abnahme: Studie der Universität Heidelberg stellt Rückgang psychischer Probleme fest

Haben Studierende heute (Foto: Werschak) entgegen populärer Einschätzungen weniger mit psychischen Problemen zu kämpfen als vor 20 Jahren? Dieser Frage ist eine Doktorandin der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Psychosozialen Beratungsstelle des Studierendenwerks unter Leitung von Prof. Dr. Rainer M. Holm-Hadulla nachgegangen. In ihrer Untersuchung von Heidelberger Medizin- und Psychologiestudierenden kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass zumindest bei dieser Gruppe im Vergleich der Jahre 1994 und 2012 die psychischen Beschwerden abgenommen haben. Die Studie wurde im Fachjournal „Mental Health & Prevention“ veröffentlicht.

„In populären Medien und seitens der Krankenkassen wird zwar von einer deutlichen Zunahme psychischer Störungen in den letzten 20 Jahren gesprochen. Auch die psychischen Probleme von Studierenden sollen – teilweise ausgelöst durch den Bologna-Prozess – zugenommen haben“, erklärt Rainer Holm-Hadulla: „Da Fachleute jedoch Zweifel an diesen Einschätzungen äußern, haben wir nun mit gleicher Methodik die psychischen Beschwerden von Studierenden im Jahre 1994 mit denjenigen im Jahre 2012 verglichen.“

News1 Probleme I

Das Ergebnis der Untersuchung, die mit zwei standardisierten Fragebögen vorgenommen wurde, zeigt nach Angaben der Wissenschaftler eine signifikante Verringerung der Beschwerden. Schätzten sich 1994 von 344 Studierenden, die anhand einer psychosozialen Beschwerdeliste befragt wurden, noch 22 Prozent als klinisch beeinträchtigt ein, so waren es 2012 bei 293 Befragten nur noch 16 Prozent. Der gleiche Trend ergibt sich auf Basis der international eingeführten Symptom-Checklist (SCL-90 R): Hier reduzierte sich der Anteil klinisch beeinträchtigter Hochschüler von 17 auf zwölf Prozent. Den Wissenschaftlern zufolge gilt zumindest für die untersuchte Gruppe von Medizin- und Psychologiestudierenden, dass die Beschwerden zurückgegangen sind, wobei in der Psychologie während des Untersuchungszeitraums das Studium auf Bachelor und Master umgestellt wurde.

Die Ergebnisse widersprächen populären Vormeinungen und müssten wissenschaftlich weiter abgesichert werden, betont Professor Holm-Hadulla: „Als Erklärung für unser Ergebnis wird diskutiert, dass in manchen gesellschaftlichen Gruppen psychische Störungen generell abnehmen. Als kühne Hypothese wird vermutet, dass bei den um 1970 geborenen Studierenden die transgenerationalen Einflüsse der Kriegs- und Nachkriegszeit noch stärker ausgeprägt waren als bei den um 1990 Geborenen. Vielleicht haben sich auch die Studienbedingungen und die Hilfsangebote bei psychischen Krisen verbessert. Sicher ist auch die Hemmschwelle geringer geworden, sich rechtzeitig psychotherapeutische Unterstützung zu suchen.“

Flyer der Psychosozialen Beratung für Studierende (pdf)

Der erste Krieg in Europa seit sechs Jahren

Zunahme: Das aktuelle „Conflict Barometer“ misst mehr gewaltsame Konflikte auf der Welt

Mit den hochgewaltsamen Auseinandersetzungen in der Ukraine wurde erstmals seit 2008 wieder ein Krieg in Europa ausgetragen. Das zeigt das „Conflict Barometer 2014“, mit dem das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) seine Daten und Analysen zum vergangenen Jahr veröffentlicht hat. Von den insgesamt 424 beobachteten Auseinandersetzungen sind 21 als Kriege eingestuft worden. Verglichen mit den 20 Kriegen und 414 Konflikten, die im Vorjahr registriert wurden, überziehen diese 2014 auch eine erheblich größere Anzahl von Staaten. Das HIIK ist ein gemeinnütziger Verein, der am Institut für Politische Wissenschaft der Ruperto Carola angesiedelt ist.

In Amerika und Asien machte das HIIK jeweils einen Krieg aus. Wie schon in den vergangenen Jahren fanden die meisten Kriege im Nahen und Mittleren Osten und auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara statt – hier kam es zu jeweils neun derart hochgewaltsamen Auseinandersetzungen. Neben den 21 Kriegen verzeichnet das Konfliktbarometer zahlreiche zwischenstaatliche Konflikte, etwa um Territorien, Bodenschätze oder Wasser. Nicht zuletzt ist in der Auswertung eine Vielzahl innerstaatlicher Konflikte aufgeführt, in denen meist die nationale Macht oder die Veränderung des politischen Systems im Zentrum stand wie in Bangladesch, Hongkong oder Venezuela (Grafik: HIIK).

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Wie die Auswertung des HIIK zeigt, wurde das hochgewaltsame Konfliktgeschehen in den Regionen außerhalb Europas häufig von überstaatlich agierenden Akteuren bestimmt, die damit zu einer grenzüberschreitenden Ausweitung kriegerischer Auseinandersetzungen beitrugen. Diese Entwicklung ist besonders deutlich im Zusammenhang mit den militanten Gruppen Boko Haram in Westafrika und Islamischer Staat (IS) im Nahen Osten zu sehen: Boko Haram weitete die Angriffe vom Nordosten Nigerias auch auf Ziele in Kamerun und im Niger aus. Der IS führte Krieg sowohl gegen die syrische Regierung als auch gegen Teile der Opposition und die Kurdengebiete im Norden und er eroberte im Irak gegen den Widerstand der Regierung und der kurdischen Regionalregierung große Gebiete im Westen und Nordwesten des Landes.

Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung widmet sich seit 1991 der Förderung und Verbreitung des Wissens um Entstehung, Verlauf und Beilegung inner- und zwischenstaatlicher politischer Konflikte weltweit. Die jährlich erscheinende Dokumentation und Auswertung im „Conflict Barometer“ gibt einen Überblick über die aktuelle Entwicklung gewaltsamer und nichtgewaltsamer Auseinandersetzungen.

„Conflict Barometer 2014“ als PDF

Zuwanderern kommt schnellere Einbürgerung zugute

Aufnahme: Ein liberaleres Staatsangehörigkeitsrecht führt zu mehr Lohn und stabileren Jobs

Eine Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts wirkt sich positiv auf die Arbeitsmarktchancen von Zuwanderern aus. Im internationalen Vergleich führt eine schnellere Einbürgerung zu größeren Lohnsteigerungen und stabileren Beschäftigungsverhältnissen, wie eine Untersuchung der Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Ph.D. Christina Gathmann von der Universität Heidelberg zeigt. Gleichzeitig verbessern sich dadurch die Aufstiegschancen von Zuwanderern in besser bezahlte Berufe und Branchen.

„Die Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt fällt vielen europäischen Ländern schwer: Meist sind die Neuankömmlinge mit höherer Wahrscheinlichkeit arbeitslos und verdienen weniger als die einheimische Bevölkerung“, erklärt Christina Gathmann, die am Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften der Ruperto Carola forscht und lehrt. In Staaten, die wie Deutschland zuletzt ihre Bestimmungen liberalisiert hätten (Repro: Wikipedia), habe eine frühe Einbürgerung die Aussichten der Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert. „Besonders stark wächst der Lohn bei Einwanderern aus ärmeren Ländern: Ihre wirtschaftliche Situation unterscheidet sich im Laufe der Zeit nicht mehr von Zuwanderern aus entwickelten Ländern“, so Professorin Gathmann. In Deutschland profitieren demnach besonders Frauen, die ohne Einbürgerung auf dem Arbeitsmarkt oft benachteiligt sind, und Zuwanderer, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten hierher gekommen sind.

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Generell können laut der Wirtschaftswissenschaftlerin die Einbürgerungsbestimmungen ein wichtiges politisches Instrument sein, um die ökonomische Integration von Zuwanderern systematisch zu verbessern: „Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass in diesem Zusammenhang auch sogenannte Selbstselektionseffekte eine Rolle spielen: Während es in vielen Fällen der Erwerb der Staatsangehörigkeit selbst ist, der den gesteigerten Arbeitsmarkterfolg auslöst, muss man auch berücksichtigen, dass ohnehin besser integrierte Migranten häufig nicht erst durch den neuen Pass auf den Erfolgsweg geführt werden.“ Allerdings scheint die Einbürgerung in Deutschland vor allem eine qualitative und weniger eine quantitative Wirkung auf die Erwerbsbeteiligung zu haben.

Der Untersuchung zufolge profitieren übrigens auch die Aufnahmeländer in Form von steuerlichen Mehreinnahmen und verringerten Sozialausgaben. Was insgesamt zu einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhalt führt. Zentrale Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „IZA World of Labor“ des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlicht.

Trinkgefäße und Weinamphoren für authentische Gelage

Annahme: Die Kelten könnten eine Vorliebe für die mediterrane Feierkultur gehabt haben

Hatten die keltischen Eliten in Südwestdeutschland, der Schweiz und Ostfrankreich eine Vorliebe für die mediterrane Trink- und Feierkultur? Oder lassen sich die archäologischen Funde griechischer Trinkgefäße und Weinamphoren in den frühkeltischen Territorien nördlich der Alpen des siebten bis fünften Jahrhunderts vor Christus anders erklären (Foto: Landesmuseum Württemberg in Stuttgart), wurden diese Objekte ganz anders genutzt? Damit beschäftigt sich das Forschungsprojekt „BEFIM“, an dem Wissenschaftler der Universitäten Heidelberg und Tübingen sowie des Landesmuseums Württemberg und des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart beteiligt sind.

„Ob die Gefäße erworben wurden, um damit, wie vielfach angenommen, möglichst authentisch mediterrane Gelage feiern zu können, wollen wir hinterfragen. Erste Nahrungsrückstandsanalysen haben immerhin ergeben, dass sich in ihnen Rückstände tierischen Fettes nachweisen lassen, aber nicht Wein“, erläutert Privatdozent Dr. Philipp Wolfgang Stockhammer vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Ruperto Carola, der das wissenschaftliche Verbundprojekt koordiniert.

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Um Funktion und Bedeutung der Importe zu verstehen, werden naturwissenschaftliche Untersuchungsverfahren mit einer kontextuellen Analyse verbunden. „Auf diese Weise wird sich zeigen, in welchem Umfang tatsächlich mediterrane Gelage-Sitten und der damit verbundene Konsum von Wein auch im früheisenzeitlichen Mitteleuropa verbreitet waren, oder ob die vormals fremden Objekte auf ganz neue, eigene Weise genutzt und damit in die Lebenswelt der Kelten transformiert wurden“, betont Stockhammer, der auch Mitglied des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Universität Heidelberg ist.

Das Projekt „BEFIM – Bedeutungen und Funktionen mediterraner Importe im früheisenzeitlichen Mitteleuropa“ wird mit rund 1,3 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Zuge des Förderschwerpunkts „Die Sprache der Objekte“ unterstützt; die Laufzeit beträgt drei Jahre. Geleitet wird die Kooperation von Philipp W. Stockhammer zusammen mit Juniorprofessorin Dr. Cynthianne Debono Spiteri (Universität Tübingen), Prof. Dr. Dirk Krausse (Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart) und Thomas Hoppe (Landesmuseum Württemberg). Die Forschungsergebnisse sollen auch in die Dauerausstellungen des württembergischen Landesmuseums in Stuttgart, des Museums „Keltenwelt am Glauberg“ im hessischen Glauburg und des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich einfließen.

www.befim.de