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Aus dem Dornröschenschlaf geweckt

29. November 2007

Clemens Brentano und Joseph Görres: "Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher..."

 

Vor 200 Jahren erschien in Heidelberg eine anonym veröffentlichte Satire mit langem Titel – die als erste Satire der Heidelberger Romantik gewaltige Wellen schlug. Immerhin fühlte sich mancher Zeitgenosse auf den Schlips getreten, so dass die Geschichte von "BOGS dem Uhrmacher" einen starken Nachhall fand. Einen Nachhall, den die beiden Autoren Clemens Brentano und Joseph Görres durchaus beabsichtigt hatten, war ihr Ziel doch, der phantasielosen Gesellschaft den Spiegel romantischen Denkens vorzuhalten.

Der Name "BOGS" setzt aus den Namen der Autoren Brentano und Görres zusammen, deren Philistersatire das einzige gemeinsame Werk darstellt, dem sie denn auch den barocken Namen "Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerliche Schützengesellschaft aufgenommen zu werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene ,Konzert-Anzeige’. Nebst des Herrn BOGS wohlgetroffenem Bildnisse und einem medizinischen Gutachten über dessen Gehirnzustand" gaben. Armin Schlechter hat die in der Heidelberger UB vorhandene Ausgabe mit einem erklärenden Nachwort versehen, so dass der Nachdruck auch einem größeren Leserkreis zugänglich ist. Und die Lektüre lohnt, gewährt doch das amüsante Büchlein ungeachtet der heute eher ungewohnten Frakturschrift Einblicke in die Verhältnisse des frühen 19. Jahrhunderts.

Die Handlung: Der Uhrmacher BOGS muss sich zwecks Aufnahme in die philiströse Gesellschaft – hier als Schützengesellschaft verbrämt – der Aufführung eines Haydn-Konzerts unterziehen, wobei er einem "halluzinatorisch-poetischen Wahn" verfällt, der im Kontrast zur bürgerlichen Ordnung steht. Aufgeteilt in vier größere Texte nimmt die Handlung ihren Lauf: BOGS wird natürlich zunächst nicht aufgenommen, was schließlich in ein medizinisches Gutachten zu seinem Gehirnzustand mündet. Auch beheben die Ärzte schließlich das "Leiden", indem sie den Uhrmacher von seinen romantischen Anwandlungen befreien, worauf ein nun "stiller, gesetzter, sedater Mensch" unbesorgt in die Schützengesellschaft aufgenommen werden kann.

Insofern stellt das köstliche Büchlein auch aus heutiger Sicht eine unterhaltsame Lektüre dar, hält es doch den Philistern des frühen 19. Jahrhunderts ebenso den Spiegel vor wie es auch heute mahnende Worte an all jene richtet, die der Ästhetik oder der Schöngeisterei die rote Karte zeigen wollen. Insofern mag BOGS 200 Jahre alt sein – wirklich veraltet ist er keineswegs. Um so schöner, dass Armin Schlechter den "Uhrmacher" aus seinem Dornröschenschlaf geweckt hat.
Heiko P. Wacker 
© Rhein-Neckar-Zeitung

Info: Clemens Brentano, Joseph Görres: "Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher (…)". Heidelberg 1807, Reprint der Ausgabe der Heidelberger Universitätsbibliothek. Herausgegeben und kommentiert von Armin Schlechter, Universitätsverlag Winter Heidelberg. 98 S., 12 Euro.

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