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In jeder menschlichen Zelle tickt eine kleine innere Uhr

23. März 2007

Professor Björn Lemmer ist Experte für Chrono-Pharmakologie – Medikamente wirken je nach Tageszeit verschieden

Es waren die Ratten, die Professor Björn Lemmer, seit 1995 Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Heidelberg in Mannheim, zu einem Aha-Erlebnis verhalfen. Der Pharmakologe führte mit den Nagetieren wichtige, medizinische Versuche durch. Der ambitionierte Wissenschaftler arbeitete Tag und Nacht, praktisch rund um die Uhr. Fast wäre er verzweifelt, denn seine Messungen ergaben keinen Sinn. "Die Ergebnisse waren fürchterlich", sagte er. Bis er die Idee hatte, den Tag- und Nacht-Rhythmus der Ratten zu berücksichtigen. Sofort zeigten die Daten eine Ordnung, denn die Tiere reagierten bei Tag vollkommen anders auf ein Medikament als in der Nacht.

Licht beeinflusst ...

Das war vor über 30 Jahren. Mit diesem Experiment hatte Professor Lemmer sein Spezialgebiet gefunden. Es ist die Chrono-Pharmakologie. Das ist die Wissenschaft darüber, zu welchen Tageszeiten ein Medikament seine Wirkung am besten entfalten kann. Noch wird das oft zu wenig berücksichtigt. Aber die Gabe von Medikamenten zum richtigen Zeitpunkt des Tages könnte vielen Patienten besser helfen und zudem Geld sparen.

Der menschliche Körper ist nicht einfach eine Maschine, die Tag und Nacht das Gleiche tut. Stattdessen unterliegt der menschliche Organismus einem lebendigen Rhythmus. Geregelt wird dieses Auf und Ab von einer inneren Uhr. Genauer gesagt, von unendlich vielen Uhren, denn jede einzelne Zelle (!) verfügt über eine eigene innere Uhr. Dazu gibt es eine "Hauptuhr" im Hypothalamus. Sie ist es, die alle anderen Zell-Uhren wie ein Dirigent jeden Tag aufs Neue zum gemeinsamen "Tick-Tack" bringt. Dabei orientiert sich die biologische Hauptuhr am Licht und am Wechsel von Tag und Nacht.

Für die Behandlung von Krankheiten kann man sich die innere Uhr zunutze machen. Bei Tumorpatienten beispielsweise könnte der Einsatz von Zytostatika zum optimalen Tageszeitpunkt die Heilungschancen verbessern und die negativen Nebenwirkungen abschwächen. Unter anderem bei Bluthochdruck, Asthma, rheumatischen Erkrankungen und Depressionen gibt die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft genaue Empfehlungen für die geeignete Tageszeit für die Einnahme der Medikamente.

... die biologische Uhr

Die innere Uhr kann der gesunde Mensch spüren. In einer Studie beobachtete Professor Lemmer die deutsche Turner-Mannschaft, die an der Olympiade in Atlanta teilnahm: Noch elf Tage nach dem Flug von Frankfurt in die USA litten einige unter der Zeitverschiebung und erreichten nicht die gewohnten Höchstleistungen. Schichtarbeiter spüren die Veränderungen im Tagesrhythmus ebenfalls. Sie leiden oft an Magen-Darm- und Kreislauf-Problemen oder Schlafstörungen. Die Umstellung von der normalen Zeit auf die Sommerzeit ist nicht so dramatisch. Viele Menschen spüren gar nichts, einige fühlen sich sehr gestört. Wie kann der Mensch seine biologische Uhr stärken? Mit Licht! Jeder sollte mindestens einmal am Tag nach draußen gehen. An diesem Licht orientiert sich die innere Uhr, und das tut ihr gut.

Marion Gottlob
© Rhein-Neckar-Zeitung



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