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Frauen in der Wissenschaft vermissen Stellensicherheit

13. Februar 2007

Bislang bekommen Professoren Familie und Beruf besser unter einen Hut, so die Uni-Gleichstellungsbeauftragte Prof. Jadranka Gvozdanovic


 
"Ich sehe ein neues Denken, eine neue Generation und einen neuen Pragmatismus", so die Slawistik-Professorin Jadranka Gvozdanovic.
Foto : Kresin

405 Professoren hat die Universität Heidelberg, 55 (13 Prozent) davon sind Frauen. In ihrem neuen Bericht kommt die Gleichstellungsbeauftragte Prof. Jadranka Gvozdanovic zu dem Ergebnis, dass sich in den vergangenen sechs Jahren zwar einiges in Sachen Frauenförderung an der ältesten Hochschule Deutschlands getan hat – aber dass Frauen besondere Unterstützung vor allem nach Erlangung der Doktorwürde benötigen.


Frau Prof. Gvozdanovic, werden Frauen im Wissenschaftsbetrieb ausreichend gefördert?


Wir haben festgestellt, dass die Universität Heidelbergmit der Zahl der promovierenden Frauen eigentlich im Landes- und Bundesdurchschnitt liegt. Aber wenn es dann um den Schritt danach, die Habilitation, geht, kommt es zu einem starken Einbruch.


Warum beenden so viele Wissenschaftlerinnen nach der Doktorarbeit ihre Karriere?


Wir haben alle Doktorandinnen der Hochschule befragt und das Ergebnis ist erstaunlich: Eigentlich wollten alle in der Wissenschaft bleiben. Doch das größte Problem ist die Unsicherheit, ob – und wenn ja wo – man eine Arbeitsstelle bekommt. Die Arbeitsbedingungen an der Uni und finanzielle Unsicherheit sind weitere wichtige Faktoren. Nurwenige sagen, dass sie Karriere und Familie für nicht vereinbar halten. Es ist also nicht die tickende "biologische Uhr", die Frauen von einer wissenschaftlichen Karriere abhält. Und es zeigt auch, dass wir in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon sehr viel in Heidelberg richtig machen.


Aber Männer scheinen dieses Problem mit der Stellenunsicherheit nicht zu haben.


Ja, es beschäftigt uns auch, warum es für Männer eine geringere Rolle spielt, dass sie nicht wissen, wie es stellenmäßig weitergeht.


Wer bekommt Familie und Wissenschaftskarriere eigentlich besser unter einen Hut? Ein Professor? Oder eine Professorin?


Die Prozentanteile zeigen, dass es bis jetzt die Männer waren. Aber das alte Familienmodell befindet sich im Wandel, das merkt man vor allem beim studentischen Nachwuchs. Die Geschlechterrollen werden neu ausgehandelt, die althergebrachte Aufgabenverteilung muss nicht mehr unbedingt gelten. Ich sehe ein neues Denken, eine neue Generation und einen neuen Pragmatismus. Immer mehr junge Männer sind bereit, in Elternzeit zu gehen. Wenn diese sich abzeichnende Entwicklung sich durchsetzt, dann können Frauen ihre Karrieren so weiter entwickeln, wie es früher nur Männern möglich war.


Was leistet die Hochschule, dass Familie und Karriere im nicht alltäglichen BerufWissenschaftler vereinbar werden?


Die Hochschule hat ein umfassendes Konzept mit Kinderkrippe und Kindertagesstätte. Es ist auch eine Nachmittagsbetreuung für die fünf- bis 15-jährigen Kinder von Gastwissenschaftlern geplant. Was wir auf den Weg gebracht haben, ist auch eine Flexibilisierung der Betreuungszeiten, vor allem längere Öffnungszeiten.Wir planen auch eine Kinderbetreuung, wenn in Heidelberg ein Wissenschaftskongress ist oder man zu solch einem fahren muss.


Wie wollen Sie erreichen, dass mehr Frauen mit Doktorhut in der Uni und in derWissenschaft bleiben?


Wir müssen mehr Stellensicherheit schaffen. Mit dem bisherigen und dem neuen Antrag für die Exzellenzinitiative haben wir zum Beispiel vor, dass Wissenschaftler, die in Elternzeit gehen wollen, mit ihremInstitut gemeinsam planen, wie die Arbeitseinteilung in einer Übergangsphase aussehen soll. Dazu sollten befristete Teilzeitstellen kommen, die das Institut und denWissenschaftler entlasten. Es ist wichtig, dass beide Seiten Sicherheit bekommen und beider Interessen berücksichtigt werden. Vor allem in den Naturwissenschaften sollen Stellen als Forschungsgruppenleiter geschaffen und von Frauen besetzt werden. Was wir auch anstreben, ist ein Partnerprogramm, dass bei der Berufung eines Professors oder einer Professorin der Partner – sofern erwünscht – eine geeignete Forschungsstelle für drei Jahre geboten bekommt. Auch die Stipendien für Frauen, die sich habilitieren wollen, sollen ausgebaut werden. Bislang haben wir 15 Frauen mit Habilitationsstipendien gefördert, von denen zehn in höhere Positionen berufen wurden.


Was passiert mit der Frauenförderung, wenn die Exzellenzinitiative Heidelbergs scheitert?


Dann werden all diese Maßnahmen auch kommen, nur wahrscheinlich in geringerem Umfang. Wir haben mit der jetzigen Hochschulspitze schon viel erreicht. So kommen immer mehr Professorinnen bei Berufungslisten auf die ersten Plätze. Und es werden durchschnittlich mehr Frauen auf Professuren berufen als sich bewerben. Bis zum Jahr 2001 sah das noch ganz anders aus.


Derzeit läuft gerade das Auswahlverfahren für einen neuen Rektor.Wäre es nach 39 Jahren an der Zeit, dass es wieder einmal eine Rektorin gibt?


Das Geschlecht an sich ist nicht entscheidend. Es geht um die Fähigkeit, eine so vielfältige, exzellente Universität zu führen.

Götz Münstermann
© Rhein-Neckar-Zeitung



Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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Irene Thewalt
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