Bericht über den Institutsabend am 9.11.2010

Dr. Zephania Kameeta, Bischof der Evangelical Lutheran Church in the Republic of Namibia, hielt an der Theologischen Fakultät einen Vortrag über den Basic Income Grant (BIG).

„Gibt es ein Leben vor dem Tod?“ Das war die provokative Frage, mit der Bischof Kameeta seinen Vortrag zum „Basic Income Grant“ eröffnete. Die klassische Frage nach dem Leben nach dem Tod stelle sich nicht, wenn Menschen, die von Hunger, Armut und Krankheit bedroht sind, sich ernsthaft fragen, ob ihr Leben auch tatsächlich Leben genannt werden könne. In befreiungstheologischer Tradition ist daher die Umgestaltung der Strukturen der Welt angesichts der Untätigkeit des Staates für Bischof Kameeta eine kirchliche Aufgabe.

Wie das praktisch aussehen könnte, versucht Bischof Kameeta im Rahmen der „BIG Coalition“  in einem großangelegten Pilotprojekt zu zeigen, das weltweit für Aufsehen sorgt. In dem namibischen Dorf Otjivero, etwa eine Stunde von der Hauptstadt Windhuk entfernt, praktiziert und untersucht die „BIG Coalition“ die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens als sozialer Grundsicherung. Über einen Zeitraum von 2 Jahren (2008-2009) erhielt jeder Einwohner unter 60 Jahren rund 100 Namibia-Dollar, umgerechnet etwa zehn Euro pro Monat. Von dem Programm profitierten etwa 950 Menschen. Im Dezember 2009 ging das zweijährige Experiment Grundeinkommen offiziell in Otjivero zu Ende. Seither erhalten die Menschen dort eine Brückenförderung von 80 Namibia-Dollar pro Monat. Die bislang rund 250.000 Euro Kosten wurden ausnahmslos von privaten und kirchlichen Geldgebern bereitgestellt.

Das Grundeinkommen bleibe nicht folgenlos, wie Bischof Kameeta berichtete. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie zeigten, dass die privaten Aufwendungen für medizinische Betreuung um den Faktor 5 gestiegen seine, die Zahlung der Schulgelder habe sich mitunter deutlich erhöht: Es gehen 50% mehr Kinder zur Schule. Durch eine Belebung des Klein- und Kleinstgewerbes sank nicht zuletzt die Arbeitslosigkeit deutlich, gleichzeitig stieg das durchschnittliche Einkommen, und der regionale Wirtschaftskreislauf erhielt eine beispiellose Ankurbelung. Die wissenschaftliche Auswertung des Pilotprojektes habe gezeigt, dass das zur Verfügung gestellte Grundeinkommen also nicht passiv mache, sondern die Bewohner zu Eigenverantwortung und Eigeninitiative anrege.

Angesichts der positiven Resultate des Pilotprojektes strebe die BIG Coalition als nächsten Schritt die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in ganz Namibia an, auch wenn dies gegenwärtig auf deutlichen Widerstand seitens des Premierministers stoße.

Als Grundlage für sein Handeln als Theologe in der BIG Coalition stellte Bischof Kameeta fest, dass das gesamte Leben hier stattfinde und nicht vom Tod unterbrochen werde. Das Leben auf der Welt und in Gott sei ein Leben für die Schwachen in der Gesellschaft. Eindringlich ermunterte Bischof Kameeta seine Zuhörer zum Handeln: „You can´t change the world single-handed; it´s enough to be part of the wave.“