Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis SoSe 2003

Vorlesung: Die Keilschrift. Entstehung, Entwicklung und Entzifferung des ältesten Schriftsystems der Menschheitsgeschichte (FÜR HÖRER ALLER FAKULTÄTEN)

Donnerstag, 9.15-10.45 h, NUni, ehem. Senatssaal

Prof. Maul

Nur sehr wenige Erfindungen haben die menschliche Kultur so nachhaltig beeinflußt wie die Erfindung der Schrift. ­ Wie würde wohl ein großes Unternehmen existieren können, ohne Briefverkehr und ohne die vielfältige schriftliche Buchführung? Allein die Schrift gestattet es, das komplexe Netz der Geschäftsbeziehungen, der Vereinbarungen und Forderungen, der Wirtschaftspläne und Verpflichtungen zu durchschauen, zu verwalten und weiterzuspinnen. Ohne die Schrift, ohne Bücher und Datenbanken, könnte das unermeßliche Wissen, auf das Forschung und Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur ständig aufbauen, nicht bewahrt, weitervermittelt und erweitert werden. Unsere Gesellschaft würde, müßte sie von einem Tag auf den anderen auf die Schrift verzichten, rasch in Chaos verfallen, um dann nur noch in Not und engster Provinzialität weiterzuexistieren.
Die Idee der Schrift, auf der unsere gesamte Kultur fußt, entstand ­ offenbar in einer sehr kurzen Zeitspanne ­ im letzten Drittel des 4. vorchristlichen Jahrtausends im südlichen Zweistromland. In der dort zu hoher Blüte gelangten städtischen Kultur hatte sich ein komplexes, zentral gelenktes Wirtschaftssystem herausgebildet, das ohne ein systematisches Erfassen der wichtigsten Verwaltungsvorgänge nicht mehr zu überblicken und damit an die Grenzen seines Wachstums gestoßen war. Die Einführung eines Notationssystems, eben der frühesten Form der Schrift, ermöglichte Lohnbuchhaltung und exakte Buchführung über Einnahmen und Ausgaben und ließ erstmals wirtschaftliches Planen auch im großen Stile zu. Aus Bildzeichen entstand ein kompliziertes Schriftsystem von Wort- und Silbenzeichen, die ­ aus keilförmigen Elementen zusammengesetzt ­ mit einem Griffel in noch plastischen, zu Tafeln geformten Ton gedrückt wurden.
Im Rahmen der Vorlesung sollen die Bedingungen, die in Mesopotamien zur Erfindung der Schrift geführt haben, sowie die möglichen Vorformen der Schrift vorgestellt und diskutiert werden. Darüber hinaus wird dargestellt, wie sich im Laufe der Zeit aus einer Bilderschrift mit einem potentiell unbegrenzten Zeichenbestand ein Schriftsystem entwickelte, das mit einem Minimalbestand von etwa 80 Zeichen alle nur denkbaren Sachverhalte und die Lautung jeder beliebigen Sprache abbilden konnte. Es wird dem spannenden Phänomen nachgegangen, daß es in der mesopotamischen Keilschrift keine Orthographie gab, sondern nebeneinander simple, komplexe, kryptische und sogar chiffrierende Schreibkonventionen existierten. Gegenstand der Vorlesung ist ferner die Frage, welche Rolle die Schrift und ihre Verbreitung bei Kulturtransfer und Globalisierung im Alten Orient spielte, sowie die Geschichte der Entzifferung der Keilschrift, die zu den Glanzleistungen des menschlichen Geistes zählt.
Die Vorlesung wird nicht allein von der mesopotamischen Keilschrift handeln, sondern auch von weiteren Schriftsystemen, die im Alten Orient angeregt durch die mesopotamische Schrift entstanden. In diesem Zusammenhang soll auch die Schriftentwicklung von den frühesten altorientalischen Alphabeten bis hin zu unserer Schrift verfolgt werden.

Teilnahmevoraussetzungen: Keine; für Hörer aller Fakultäten.

Einführende Literatur (zur Vorbereitung): B. André-Leicknam, Naissance de l'écriture. Cunéiformes et hiéroglyphes, Ausstellungskatalog der Galeries nationales du Grand Palais. 7 mai-9 août 1982, Paris 1982. ­ J. Bauer, R. K. Englund, M. Krebernik, Mesopotamien. Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit. Annäherungen 1, herausgegeben von Pascal Attinger und Markus Wäfler, OBO 160/1, Freiburg, Schweiz, 1998. ­ Peter D. Daniels, The Decipherment of Ancient Near Eastern Scripts, in: Sasson, J. (Hrsg.), CANE I (1995) , 81-92. ­ ders. und W. Bright (Hrsg.), The World's Writing Systems, New York, Oxford (OUP) 1996. ­ G. R. Driver, Semitic Writing, 3. Aufl., ed. S. A. Hopkins, London (Oxford Univ. Press) 1976. - D. O. Edzard, Reallexikon der Assyriologie Band 5 (1976-1980), Stichwort: Keilschrift. ­ ders., Le développement de l'écriture cunéiforme: le fonctionnement de l'écriture sumérienne, in: En Syrie. Aux Origines de l'Écriture. Avant-propos de Charles Bertin, 1997, 33-39. ­ H. J. Nissen, P. Damerow, R. K. Englund, Frühe Schrift und Techniken der Wirtschaftsverwaltung im alten Vorderen Orient. Informationsspeicherung und -verarbeitung vor 5000 Jahren, Berlin 1990. ­ D. Schmandt-Besserat, Record Keeping Before Writing, in: J. Sasson (Hrsg.), CANE IV (1995), 2097-2106. ­ E. Schrader, Die Basis der Entzifferung der assyrisch-babylonischen Keilinschriften, ZDMG 23 (1869), 337-374. ­ C. B. F. Walker, Reading the Past: Cuneiform, London 1987.

Beginn: 8. Mai 2003


Seminar: "Altorientalische Wörterbücher"

Donnerstag, 11.15-12.45 h, Sandgasse 7, Raum 010

Prof. Maul

Bereits in den Zeiten der Erfindung der Schrift bestand die Notwendigkeit, den Bestand an Keilschriftzeichen und Begriffen zu erfassen, festzulegen und in einer festen Form weiterzuüberliefern. Im Rahmen des Seminars soll die Entwicklung von solchen frühen Zeichen- und Begriffslisten hin zu zwei- und mehrsprachigen lexikalischen Sammlungen, Wörterbüchern, Synonymenlisten und Nachschlagewerken untersucht werden. Ziel des Seminars ist es, einen Überblick über die Gattungen der sog. lexikalischen Keilschrifttexte zu gewinnen, um in einem weiteren Schritt die Kompetenz zu erwerben, unveröffentlichte (und natürlich nicht immer unbeschädigte) lexikalische Texte zu entziffern, zu bestimmen und zur Edition vorzubereiten.

Teilnahmevoraussetzungen: Zwischenprüfung (Ausnahmen sind in Einzelfällen möglich); Kenntnis des Akkadischen und des Sumerischen; Kenntnis der unten genannten Literatur.

Leistungsnachweise: Referate und kursbegleitende Übungen.

Einführende Literatur (zur Vorbereitung): A. Cavigneaux, Lexikalische Listen, Reallexikon der Assyriologie, Sechster Band, 1980-1983, 609-641. ­ ders., Die sumerisch-akkadischen Zeichenlisten. Überlieferungsprobleme, Inaugural-Dissertation, München 1976. ­ P. Gesche, Schulunterricht in Babylonien im ersten Jahrtausend v. Chr., AOAT 275, Münster 2000. ­ B. Landsberger u.a., Materialien zum sumerischen Lexikon, 1937-.

Beginn: 8. Mai 2003


Seminar: Sumerische Klagelieder im Emesal-Dialekt

Freitag, 10.15-11.45 h, Sandgasse 7. Raum 010

Prof. Maul

Klagelieder in sumerischer Sprache, die im Götterkult in den Tempeln und auch im Rahmen verschiedener Rituale zum Vortrag gebracht wurden, wurden in Mesopotamien über nahezu 2000 Jahre immer wieder abgeschrieben und in Tempelbibliotheken aufbewahrt. Sie sind in einer eme-sal genannten Sprachform des Sumerischen verfaßt. Im Rahmen des Seminars soll anhand von ausgewählten Textbeispielen ein Überblick über die verschiedenen Gattungen der sog. sumerischen Kultlyrik vermittelt werden.

Teilnahmevoraussetzungen:Zwischenprüfung; Kenntnis des Sumerischen und des Akkadischen.

Leistungsnachweise: Kursbegleitende Übungen.

Einführende Literatur: J. A. Black, A-sche-er Gi6-ta, a Balag of Inana, ASJ 7 (1985), 11-87; ­ ders., Eme-sal Cult Songs and Prayers, AuOr 9 (Fs. M. Civil 1991), 23-36. ­ M. E. Cohen, The Canonical Lamentations of Ancient Mesopotamia, Potomac 1988 (2 Bände) [hierzu sind grundsätzlich die Nachträge und Korrekturen von J. A. Black (BiOr 44 [1987], Sp. 32-79) und R. Borger (BiOr 47 [1990], Sp. 5-39) zu vergleichen]. ­ ders., Sumerian Hymnology: The Ersemma, Hebrew Union College Annual Supplements Number 2, Cincinnati 1981. ­ ders., A Bilingual Suilla to Ningestinanna, in: H. Behrens, D. Loding, M. T. Roth (Hrsg.), DUMU-E2-DUB-BA-A, Fs. Sjöberg, Philadelphia 1989, 79-85. ­ S. M. Maul, 'Herzberuhigungsklagen', Die sumerisch-akkadischen Ersahunga-Gebete, Wiesbaden 1988. - ders., Marduk, Nabû und der assyrische Enlil. Die Geschichte eines sumerischen Su'ilas, in: Stefan M. Maul (Hrsg.), Festschrift für Rykle Borger zu seinem 65. Geburtstag am 24. Mai 1994. tikip santakki mala basmu ..., Cuneiform Monographs 10, Groningen 1998, 159-197. ­ ders., Gottesdienst im Sonnenheiligtum zu Sippar, in: B. Böck, E. Cancik-Kirschbaum, Th. Richter (Hrsg.), Munuscula Mesopotamica. Festschrift für Johannes Renger, AOAT 267, Münster 1999, 285-316. ­ G. Reisner, Sumerisch-babylonische Hymnen nach Thontafeln griechischer Zeit, Mittheilungen aus den orientalischen Sammlungen 10, Berlin 1896. ­ M. K. Schretter, Emesal-Studien. Sprach- und literaturgeschichtliche Untersuchungen zur sogenannten Frauensprache des Sumerischen, Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft, Sonderheft 69, Innsbruck 1990. ­ K. Volk, Die Balag-Komposition úru àm-ma-ir-ra-bi. Rekonstruktion und Bearbeitung der Tafeln 18 (19'ff.), 19, 20 und 21 der späten kanonischen Version, FAOS 18, Stuttgart 1989.

Beginn: 9. Mai 2003


Seminar: Altbabylonische Briefe

Dienstag, 11.15-12.45 h, Sandgasse 7, Raum 803

Prof. Waetzoldt

Aus der altbabylonischen Zeit sind Tausende von privaten und geschäftlichen Briefen überliefert. In diesem Seminar soll eine besondere Gruppe dieser Briefe gelesen werden. Diese Schreiben stammten vom jeweiligen König oder waren an ihn gerichtet. Von Interesse sind besonders die Briefe Rimsîns von Larsa und die Briefe von oder an die Könige von Hammu-rapi, Samsu-iluna, Abi-schuh, Ammi-saduqa und Samsu-ditana. Diese datieren in die Zeit von etwa 1820 bis 1595 v.Chr.
Fast alle Themen werden in diesen Briefen behandelt: z.B. Abgaben/Steuern; Landwirtschaft (z.B. Zuteilung von Versorgungsfeldern) und Viehzucht; Arbeiten an Kanälen; Transporte zu Lande und zu Wasser; Sicherung gegen Raub und Gefahren; Militär/Krieg; Spionage; Rechtsprechung: der König als oberster Richter; Religion: Tempel, Opferschau, Götterreisen, Schamasch-Stiftsdamen usw. Überraschend ist immer wieder, um welche Kleinigkeiten sich der König kümmerte.
Die Ziele dieses Seminars: 1. Vertiefung der Kenntnisse des Akkadischen in dessen altbabylonischer Ausprägung, Einarbeitung in die Sprache der Briefe und der Höflichkeitsformeln und 2. Einblick zu gewinnen in die vielfältigen Aufgaben des Königs und in die Funktionsweise der Administration des Reiches.

Teilnahmevoraussetzungen: Zwischenprüfung in Akkadisch.

Leistungsnachweise: Kursbegleitende Übungen.

Literatur:F.R. Kraus et. al., Altbabylonische Briefe Band 1-13. Leiden 1964-1994; A. Ungnad, Babylonische Briefe aus der Zeit der Hammurapi-Dynastie (= Vorderasiatische Bibliothek, Bd. 6). Derselbe, Altbabylonische Briefe aus dem Museum zu Philadelphia. (Sonderdruck aus) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 36, 214-353. Stuttgart 1920. W. Sallaberger, "Wenn Du mein Bruder bist,..." Interaktion und Textgestaltung in altbabylonischen Alltagsbriefen. Groningen 1999.

Beginn: 6. Mai 2003


Seminar: Inannas Gang in die Unterwelt

Mittwoch, 11.15-12.45, Hauptstr. 126, R. 103

Prof. Waetzoldt

In diesem sumerischen Literaturwerk wird von dem vergeblichen Versuch der Göttin Inanna berichtet, ihren Machtbereich auch auf die Unterwelt, das Herrschaftsgebiet der Ereschkigal auszudehnen. Inanna erging es bei diesem Versuch übel. Bei ihrem Eintritt in die Unterwelt nahm man ihr alle Insignien und Kleidungsstücke ab; sie stand nackt vor Ereschkigal, konnte diese zwar noch vom Thron stoßen, doch dann schauten sie die 7 Anunna-Götter, die Richter der Unterwelt, mit dem "Blick des Todes" an.
Nur durch den Einsatz ihrer Botin Ninschubur und mit Hilfe einer List des Weisheitsgottes Enki von Eridu konnte sie wieder zum Leben erweckt werden. Sie durfte die Unterwelt jedoch einzig unter der Bedingung der Stellung einer Ersatzperson verlassen. Diese findet sie schließlich in ihrem Gatten Dumuzi, der nicht um sie trauerte, sondern im Festgewand auf dem Thron saß.
Viele Einzelheiten am Schluß dieser 412 Zeilen langen Komposition sind noch nicht klar, doch geht aus den erhaltenen Teilen immerhin soviel hervor, daß Dumuzis Schwester Geschtinanna sich für ihn opferte und die Hälfte des Jahres statt seiner in die Unterwelt ging. Beide werden dadurch in jahreszeitlichem Wechsel sterbende und wiederauferstehende Gottheiten.
Dieses Werk ist wohl die am häufigsten übersetzte und kommentierte sumerische Dichtung. Trotzdem können wir einige Passagen noch nicht richtig verstehen. Manches läßt sich durch den Vergleich mit der Dichtung Dumuzi und Geschtinanna klären. Ischtars Höllenfahrt, die stark verkürzte akkadische Fassung von Inannas Gang in die Unterwelt, hilft kaum weiter. Der Sitz im Leben der gesamten Komposition von Inannas Gang in die Unterwelt ist derzeit nicht sicher zu bestimmen. Die Schlußpassagen dürften Erklärungsversuche für das Werden und Vergehen der Vegetation darstellen.

Teilnahmevoraussetzungen: Zwischenprüfung in Sumerisch.

Leistungsnachweise: Kursbegleitende Übungen.

Einführende Literatur:W.R. Sladek, Inanna's Descent to the Netherworld. University Microfilms. Ann Arbor, 1974. S.N. Kramer, Sumerian Literature and the British Museum: The Promise of the Future. Proceedings of the American Philosophical Society 124-5 (1980), 299-310 (Umschrift, Übersetzung, Kommentar, Photographie neuer Texte). B. Alster, The Mythologie of Mourning, Acta Sumerologica (Japan) 5, 1983, 1-16 (Übersetzung von Zeilen 230-235, 257 -262 mit Kommentar). Th. Jacobsen, The Harps that Once... Sumerian Poetry in Translation. Yale University Press: New Haven/London, 1987, 205-232 (Einführung in den Inhalt, Übersetzung). J. Bottéro/S. N. Kramer, Lorsque les dieux faisaient l'homme, Editions Gallimard: 1989, reprinted 1993. 276-290 (Übersetzng). W.H.P. Römer in: O. Kaiser (ed.), Mythen und Epen 1 (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments III, 3), Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn: Gütersloh 1993, 458-495 (kurze Inhaltsübersicht, Übersetzung, Kommentar). B. Alster, "Inanna Repenting. The Conclusion of Inanna's Descent", Acta Sumerologica (Japan) 18, 1996 (Umschrift, Übersetzung und Kommentar zum Ende der Dichtung, Z. 351 bis 412. ­ The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature, Oxford: http://www-etcsl.orient.ox.ac.uk/ (section 1/b 141: Inanna's Descent to the Netherworld).

Beginn: 7. Mai 2003


Seminar: Die Zeitvorstellungen im Alten Orient

Dienstag, 15.15-16.45, Sandgasse 7, Raum 010

Dr. Heeßel

Während der Mensch der (Post-)Moderne in einer aus unserer Kultur nicht mehr wegzudenkenden kontinuierlichen Zeitrechnung lebt, mußte in den Kulturen der Antike um die Zeitrechnung immer wieder gerungen werden. In Mesopotamien wurden verschiedene Systeme angewendet, um die Jahre zu ordnen: In Babylonien seit dem 24. Jh. v. Chr. durch Jahresnamen, in Assyrien seit der Herrschaft des Erischum I. (20 Jh. v.Chr.) durch Benennung des Jahres nach einem Würdenträger (assyr.: limmum). In Babylonien wurde ab der Mitte des 2. Jt. auch nach Regierungsjahren von Herrschern und ab 311 v. Chr. durch die Zählung der Seleukidenära datiert. Das verwendete Datierungssystem konnte, nach Ansicht mancher Gelehrten (Hallo 1988), sogar Gegenstand von heftigen Auseinandersetzungen werden.
In stetiger Wechselwirkung mit der Zeitrechnung standen auch die Zeitvorstellungen in Mesopotamien, die einerseits von der verwendeten Zeitrechnung geprägt wurden, andererseits aber auch die Zeitrechnung beeinflußten. So wird etwa zu untersuchen sein, inwieweit die im 2. und 1. Jt. v.Chr. in Mesopotamien deutlich faßbaren Vorstellungen, daß dem Alten, lange Andauernden eine höhere Rechtmäßigkeit innewohne, Folge und/oder Voraussetzung der verwendeten Zeitrechnungssysteme ist. Weiterhin sollen die mesopotamischen Zeugnisse zur Zeitvorstellung (Königslisten, Genealogien, Divination, "archäologisches" Interesse von Herrschern, historische Rückverweise in verschiedensten Textgruppen u.a.) auf ihre Aussagekraft hin untersucht werden. Dabei gilt es auch, die oft nicht explizit formulierten theoretischen Grundlagen der wichtigsten modernen Interpretatoren der mesopotamischen Zeitvorstellungen (Krecher/Müller 1975, Wilcke 1982, Maul 1994, Renger 1996, Selz 1999) herauszuarbeiten und zu hinterfragen.

Teilnahmevoraussetzungen: Akkadisch II.

Leistungsnachweise: Regelmäßige Mitarbeit.

Einführende Literatur: J. Hallo, "The Nabonassar Era and other epochs in Mesopotamian chronology and chronography", in: E. Leichty et al. (Hrsg.), A scientific humanist, Gs. A. Sachs, Philadelphia 1988, 175-190; J. Krecher und H.-P. Müller, "Vergangenheitsinteresse in Mesopotamien und Israel", Saeculum 26, 1975, 13-44; S.M. Maul, Zukunftsbewältigung. Eine Untersuchung altorientalischen Denkens anhand der babylonisch-assyrischen Löserituale (Namburbi), Baghdader Forschungen 18, Mainz 1994; J. Renger, "Vergangenes Geschehen in der Textüberlieferung des alten Mesopotamien", in: H.-J. Gehrke und A. Möller (Hrsg.), Vergangenheit und Lebenswelt - Soziale Kommunikation, Traditionsbildung und historisches Bewußtsein, Tübingen 1996, 9-60; G. Selz, "Vom 'vergangenen Geschehen' zur 'Zukunftsbewältigung' ", in: E. Cancik-Kirschbaum et al. (Hrsg.), Munuscula Mesopotamica. Fs. J. Renger, AOAT 267, 199, 465-512; C. Wilcke, "Zum Geschichtsbewußtsein im Alten Mesopotamien", in: H. Müller-Karpe (Hrsg.), Archäologie und Geschichte, München 1982, 31-52.

Beginn: 6. Mai 2003


Übung: Akkadisch II: Babylonisch-Assyrisch

Freitag, 8.15-9.45 h, Sandgasse 7. Raum 010

Prof. Maul

Aufbauend auf dem Einführungskurs Akkadisch I sollen die Teilnehmer nun an die Lektüre vollständiger akkadischer Texte herangeführt werden. Im Mittelpunkt stehen zunächst altbabylonische Briefe und der berühmte sog. Codex Hammurapi. Weiterhin werden anhand von ausgewählten Texten Kenntnisse der babylonischen Literatursprache des ersten Jahrtausends v. Chr. vermittelt.

Teilnahmevoraussetzungen: Akkadisch (Assyrisch-Babylonisch) I.

Leistungsnachweise: Kursbegleitende Übungen.

Einführende Literatur: R. Borger, Assyrisch-Babylonische Lesestücke, 2. Auflage, Rom 1979; W. von Soden, Grundriß der akkadischen Grammatik, 3. Auflage, Rom 1995.

Beginn: 9. Mai 2003


Übung: Sumerisch I (mit Tutorium)

Mittwoch, 9.15-10.45 h, Sandgasse 7, Raum 010

Prof. Waetzoldt

Das Sumerische gehört zu den agglutinierenden Sprachen wie das Hurritische und Urartäische oder heute das Türkische, Ungarische oder Baskische. Sumerisch wurde im 3. Jahrtausend vor Christus im südlichen Mesopotamien gesprochen und starb bereits um 2000 v.Chr. als gesprochene Sprache aus, blieb aber bis zum Ende der Keischriftkulturen Sprache des Kults und der Religion. Die Sumerer beeinflußten nachhaltig die anderen Kulturen im Vorderen Orient, und in fast allen akkadischen und hethitischen Texten findet man zahlreiche mit Sumerogrammen geschriebene Wörter.

Teilnahmevoraussetzung:keine.

Leistungsnachweise: kursbegleitende Übungen.

Literatur:M.-L. Thomsen, The Sumerian Language (Mesopotamia. Copenhagen Studies in Assyriology Vol. 10) 1984 und eigene Unterrichtsmaterialien.

Beginn:7. Mai 2003


Übung: Leichtere Sumerische Texte

Dienstag, 9.00(s.t.)-11.00 h, Sandgasse 7, Raum 010

Prof. Waetzoldt

In dieser Übung sollen ausgewählte Passagen aus den Inschriften Gudeas gelesen werden. Dabei geht es einerseits um das Textverständnis und andererseits um die Vertiefung der Sumerisch-Kenntnisse: insbesondere des Verbalsystems; Konstruktionsweise von Nebensätzen; Partizipialkonstruktionen; Syntax. (Mit Abschlußklausur).

Teilnahmevoraussetzung: Sumerisch I und II mit Klausur.

Leistungsnachweise: kursbegleitende Übungen und Abschlußklausur.

Literatur: M.-L. Thomsen, The Sumerian Language (Mesopotamia. Copenhagen Studies in Assyriology Vol.10) 1984. A. Falkenstein, Grammatik der Sprache Gudeas von Lagas. Band 1-2 (=Analecta Orientalia 28-29). Roma 1949-50. D.O. Edzard, Gudea and His Dynasty (= The Royal Inscriptions of Mesopotamia, Early Periods Vol. 3/1), Toronto 1997.

Beginn:6. Mai 2003


Übung: Ischtars Höllenfahrt and andere akkadische Unterweltstexte

Mittwoch, 16.15-17.45 h, Sandgasse 7, Raum 010

Dr. Heeßel

Die Ansichten der Babylonier und Assyrer über die Unterwelt und die Zeit nach dem Tod des Menschen spiegeln sich in akkadischen Mythen wie "Ischtars Höllenfahrt", "Nergal und Ereschkigal" oder in der 12. Tafel des Gilgamesch-Epos. Diese Texte, die teilweise auf ältere sumerische Vorbilder zurückgehen, schildern sowohl die Unterwelt, als auch ihre Bewohner detailliert und facettenreich und ermöglichen Einblicke in die Grundlagen der babylonisch-assyrischen Vorstellungswelt. Neben der Beherrschung der Grammatik soll in dieser Übung die Analyse und Auswertung von Texten eingeübt werden.

Teilnahmevoraussetzung: Akkadisch II.

Leistungsnachweise: Regelmäßige Mitarbeit.

Literatur: R. Borger, Babylonisch-assyrische Lesestücke, Bd. 1, 2. Aufl., 1979, 95-104; B. Groneberg, "Zu den mesopotamischen Unterweltsvorstellungen: Das Jenseits als Fortsetzung des Diesseits", AoF 17, 1990, 244-261; G. Jonker, The Topographie of Remembrance. The Dead, Tradition and Collective Memory in Mesopotamia, Studies in the History of Religions 68, Leiden 1995; G.G.W. Müller, "Akkadische Unterweltsmythen", in: O. Kaiser (Hrsg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments III/4, Gütersloh 1993, 760-780.

Beginn:7. Mai 2003


Übung: Hethitische und mesopotamische Reinigungsrituale ­ Ein Strukturvergleich

Termin nach Vereinbarung

R. Strauß, M.A., Dr. Ambos

Während die politischen und diplomatischen Kontakte zwischen Mesopotamien und den Hethitern in der Forschung bereits auf ein gewisses Interesse stießen, fanden die Beziehungen im kulturellen Bereich weniger Beachtung. Beredtes Zeugnis für die engen Verbindungen zwischen Mesopotamien und den Hethitern in dieser Hinsicht sind die Reinigungsrituale.
In den hethitischen und akkadischen Texten treten uns eine Anzahl magischer Techniken entgegen, die auf einen gemeinsamen Ursprung in Mesopotamien zurückgehen dürften. Das reichhaltige Textmaterial aus Hattusa läßt zugleich aber keinen Zweifel daran, daß eine eigenständige hethitisch-hurritische Ritualtradition existierte, die auch im nordsyrischen Raum faßbar ist und deren Impulse möglicherweise sogar Assyrien erreichten.
In der Übung sollen ausgewählte akkadische und hethitische Textpassagen gelesen werden, anhand derer spezielle Ritualmotive, Formen und Wege ihrer Überlieferung, zu diskutieren sind.

Teilnahmevoraussetzung: Hethitisch II und / oder Akkadisch II.

Leistungsnachweise: kursbegleitende Übungen

Einführende Literatur: G. Beckman, Mesopotamians and Mesopotamian Learning at Hattusa, JCS 35 (1983), 97-114; W. Farber, Rituale und Beschwörungen in akkadischer Sprache, TUAT II, 212-281; V. Haas, Magie und Zauberei. B. Bei den Hethitern, RlA 7, 234b-255a; ders., Geschichte der hethitischen Religion (HdO 15, 1994), bes. 876-911; E. Laroche, Catalogue des Textes Hittites (1971), Nr. 390-500; S.M. Maul, Zukunftsbewältigung. Eine Untersuchung altorientalischen Denkens anhand der babylonisch-assyrischen Löserituale (BaF 18, 1994) bes. 39-113; E. Reiner, Surpu. A Collection of Sumerian and Akkadian Incantations (AfO Bh. 11, 1958).

Beginn:...


Seminar: Hieroglyphenluwisch und Keilschriftluwisch

Termin: wird bei der Vorbesprechung am 30.04. festgelegt, Sandgasse 7, Raum 010

R. Plöchl, M.A.

Hieroglyphen- und Keilschriftluwisch sind Mitglieder der altanatolisch-indogermanischen Sprachfamilie, deren bekanntestes Mitglied das Hethitische darstellt. Während das Keilschriftluwische nur aus der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. aus Hattuscha überliefert ist, ist das Hieroglyphenluwische aus der hethitischen Großreichszeit bis etwa 700 v. Chr. belegt. Die Verwandschaft zwischen beiden ist so eng, daß man eindeutig erkennen kann, daß nur Dialekte ein- und derselben Sprache vorliegen.
Nach einer Einführung in die Grammatik sollen zuerst einige kurze Inschriften behandelt werden, danach auszugsweise die hieroglyphenluwisch-phönizische Bilingue von Karatepe sowie einer der Assur-Briefe. Anschließend folgen ausgewählte keilschriftluwische Textpartien. Am Ende ist ein kurzer Einblick in das Lykische, die dem Luwischen am nächsten verwandte Sprache, vorgesehen.

Teilnahmevoraussetzung: Kenntnisse des Hethitischen wünschenswert.

Leistungsnachweise: Nach Absprache.

Einführende Literatur: Ein Handout wird zur Verfügung gestellt.


Begleitendes Tutorium zu Akkadisch II, 2st.

2stündig, Ort und Zeit werden noch festgelegt

Dr. J. Llop

Das Tutorium beinhaltet Übungen zur Grammatik, zum Vokabular und zum Zeicheninventar des Akkadischen und führt in die Lektüre leichter Texte ein. Der Besuch des Tutoriums ist für Teilnehmer an der Übung "Akkadisch II" verpflichtend.

Beginn: noch zu vereinbaren


Begleitendes Tutorium zu Sumerisch I, 2st.

2stündig, Ort und Zeit werden noch festgelegt

Wiebke Meinhold M.A.

Das Tutorium beinhaltet Übungen zur Grammatik, zum Vokabular und zum Zeicheninventar des Sumerischen und führt in die Lektüre leichter Texte ein. Der Besuch des Tutoriums ist für Teilnehmer an der Übung "Sumerisch I" verpflichtend.

Beginn: noch zu vereinbaren

Verantwortlich: E-Mail
Letzte Ă„nderung: 02.03.2008
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